Dass der Vorschlag aber zumindest mit Blick auf die Beitragshöhe umsetzbar wäre, zeigte Ökonom Rothgang durch Berechnungen, auf die nun auch die VdK-Chefin in ihrem Gastbeitrag referiert. Denn die Beiträge für eine Bürgervollversicherung würden laut Bentele „niemanden überfordern – anders als die aktuellen Pflegekosten, die ein enormes Armutsrisiko bergen“. Müssten doch aktuell gesetzlich Versicherte „für eine Voll-Absicherung im stationären Bereich durchschnittlich gut fünf Euro im Monat mehr bezahlen, im Jahr rund 65 Euro“. Der zusätzliche Beitrag der Arbeitgeber wäre „mit durchschnittlich 25 Euro im Jahr“ sogar noch geringer.
Solche geringen Beitragserhöhungen bilden in der Argumentation der VdK-Chefin einen wirkungsvollen Kontrast zur enormen Höhe der Eigenanteile von mehr als 1.900 Euro im Monat. Zumal die Eigenanteile je nach Bundesland stark variieren können durch verschieden hohe Kosten für das Personal. So beträgt der durchschnittliche Eigenanteil in Nordrhein-Westfalen sogar bereits jetzt 2.337 Euro im Monat (der Versicherungsbote berichtete).
Zu bedenken ist aber, dass sich die Kosten fürs Pflegeheim, wie bereits erläutert, aus den reinen Pflegeaufwendungen + Unterbringung + Essen + Investitionen zusammensetzen. Es geht aus Benteles Kommentar nicht eindeutig hervor, ob bloß die "reinen" Pflegekosten durch die Bürgervollversicherung komplett abgedeckt sein sollen oder sämtliche Aufwendungen für den Pflegeheim-Platz.
Bürgerversicherung in der Pflege: Befürworter sehen sich im Aufwind
Wie realistisch aber sind Forderungen nach einer Vollversicherung, in der gesetzliche und private Pflegevorsorge nicht mehr nebeneinander bestehen? Festzustellen ist: Die Böckler-Studie hat den Befürwortern einer solchen Versicherung neuen Aufwind verliehen. Besonders deutlich wird dies an einem Beschluss des SPD-Parteivorstands in Berlin vom letzten Monat (der Versicherungsbote berichtete). Demnach steht Bentele mit ihrem Vorschlag keineswegs allein da – er ist mittlerweile Teil des SPD-Parteiprogramms.
Steigende Eigenanteile: Auch die DAK warnt
Dass steigende Eigenanteile für die stationäre Pflege jedoch nicht mehr nur durch Sozialdemokraten und Sozialverbände als Problem betrachtet werden, zeigt eine weitere Forderung – vorgebracht von Andreas Storm, Vorstandschef der DAK Gesundheit. Storm forderte eine Deckelung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils (EEE) in der Pflege bei maximal 450 Euro. Könne doch die Pflegeversicherung „ihr Versprechen, das Armutsrisiko bei Pflegebedürftigkeit zu begrenzen, in der Zukunft nicht mehr einlösen“, wie Storm formulierte. Anlass für diesen Appell waren Ergebnisse des aktuellen DAK-Pflegereports (der Versicherungsbote berichtete).