Hat Check24 mit einer Aktion zum zehnjährigen Jubiläum das Provisionsabgabeverbot verletzt und damit gegen geltendes Recht verstoßen? Im Streit mit dem Vertreterverband BVK droht dem Vergleichsportal eine Niederlage vor dem Landgericht München. Man sehe das Gebaren des Onlineanbieters „eher kritisch“, ließ die Vorsitzende Richterin wissen — Check24 sieht sich dennoch nicht auf der Verliererstraße.
Im Rechtsstreit um sogenannte Jubiläumsdeals droht dem Onlinemakler Check24 eine Niederlage vor dem Landgericht München. Demnach könnte der Onlineanbieter gegen das Rabattverbot beim Verkauf von Versicherungen nach § 48b VAG verstoßen. Das berichten übereinstimmend mehrere Medien und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) in einem Pressetext.
Das Gericht sehe die Jubiläumsdeals von Check24 „eher kritisch“, sagte demnach die Vorsitzende Richterin Isolde Hannamann bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag. Und weiter: “Nach dem Gesetzestext könnte einiges dafür sprechen, dass wir hier einen Verstoß gegen das Verbot von Sondervergütungen haben”. Versicherungsmaklern ist es per Gesetz nur in sehr begrenztem Umfang gestattet, beim Neuabschluss einer Versicherung die Provision mit Kunden zu teilen.
"Jetzt Versicherung vergleichen und bis zu 12 Monate gratis sichern!"
Konkret hatte Check24 im Oktober 2018 auf seiner Homepage mit dem „Versicherung Jubiläums Deals“ geworben. Dort hieß es: „Jetzt Versicherung vergleichen, abschließen und bis zu zwölf Monate gratis sichern!“ Demnach schüttete Check24 an seine Kunden bis zu eine Jahresprämie aus, wenn sie im Zeitraum vom 20.09. bis 10.10. 2018 einen Vertrag abschließen.
Diese Deals waren auch der Grund, weshalb der BVK, eher Interessenverband für stationäre Vertreter und Makler, gegen Check24 klagte. Auf den ersten Blick sieht die Aktion nach einem klaren Fall von Provisionsabgabe aus. Und die ist in Deutschland verboten. Damit soll verhindert werden, dass potentielle Neukunden für den Vertragsabschluss einer Versicherung belohnt werden und ein Fehlanreiz besteht, einen unpassenden Vertrag zu unterschreiben: nur, um von der Prämie zu profitieren.
Keine Provisionsauskehr - sondern Belohnung für Kundenkonto?
Doch Check24 hatte sich was ausgedacht, um das Provisionsabgabeverbot zu umschiffen. Zwei Argumente schickte das Portal ins Feld, um zu belegen, dass es gar nicht um die Auskehr von Provisionen gehe:
Nicht der jeweilige Online-Versicherungsmakler zahlte die Jubiläumsdeals an den Kunden, sondern die Mutterfirma. Zudem sei die Prämie explizit nicht für den Abschluss der Versicherung gezahlt worden, sondern dafür, dass der Interessent ein Kundenkonto bei Check24 unterhalte: auch für andere Services, etwa den Vergleich von Energieanbietern und Reisen.
Dennoch musste der Kunde eine Versicherungs-Police abschließen, um den Deal nutzen zu können. Die Jahresprämie sei aber nur ein ungefährer Orientierungswert und habe nichts mit der eigentlichen Versicherung zu tun, argumentierte der Online-Riese.
Check24 hat viele Töchter
Mit diesem Trick schien Check24 auf geniale Weise das Provisionsabgabeverbot aushebeln zu können, indem es eine Schwachstelle des Gesetzes nutzt. Vermittler könnten tatsächlich Kunden an ihrer Provision beteiligen — wenn sie einfach eine Schwesterfirma gründen, die nicht direkt Versicherungen vertreibt und die Kunden scheinbar aus einem anderen Grund als den Vertragsabschluss belohnt.
„Check24 — cleverer als das Provisionsabgabeverbot?“, titelte der Versicherungsbote, als er erstmals über die Jubiläumsdeals berichtete. Nicht umsonst trägt das Onlineportal die Zahl "24" im Namen: 24 Tochterfirmen tummeln sich in der Konzerngruppe.
Nun könnte das Landgericht München zu dem Schluss kommen, dass der juristische Kniff dennoch nicht erlaubt ist — und auch Mutter- bzw. Schwesterfirmen von Vermittlern nicht ohne Weiteres den Kunden für einen Vertragsabschluss belohnen dürfen, selbst über Umwege. “Wenn das Schule macht, bitte ich einfach meinen Nachbarn, jedem meiner Kunden 100 Euro mitzugeben”, sagte BVK-Präsident Michael Heinz laut Cash Online, weshalb er das Modell des Onlinemaklers kritisch sehe.
Check24: Sache weniger klar, als der BVK behauptet
Ganz anders schätzt das Check24 selbst ein. „Wir sind nach wie vor von der Konformität unserer Versicherungs-Jubiläums-Deals mit dem Provisionsabgabegesetz überzeugt. Dem BVK scheint es mit der Klage erneut nicht um die Verbraucher zu gehen, sondern nur um den persönlichen Kreuzzug von Herrn Heinz gegen Check24“, sagte ein Sprecher dem Versicherungsboten.
“Bei den Jubiläums Deals ging es weder um eine Reduzierung der von dem Versicherungsnehmer versicherungsvertraglich geschuldeten Versicherungsbeiträge noch um eine Weitergabe der von dem Versicherungsvermittler vereinnahmten Provisionen. Somit ist die Aktion aus unserer Sicht VAG-konform“, erklärte der Sprecher weiter. Die Mutterholding Check24 GmbH habe lediglich die Treue der Kunden für die Nutzung des Kundenkontos belohnen wollen — nicht für den eigentlichen Vertragsabschluss.
Keineswegs sei für das Gericht der Fall so eindeutig, wie es der BVK gerne öffentlichkeitswirksam darstelle, positioniert sich der Sprecher weiter. Deshalb sei die Urteilsverkündung auf Februar 2020 verschoben worden.
Schon wieder Rabattaktion
Vor dem Hintergrund des Rechtsstreites lässt aufhorchen, dass Check24 schon wieder eine Rabattaktion auf seiner Webseite gestartet hat. "Kfz-Versicherung vergleichen und 500 Euro Hotelguthaben geschenkt!", wirbt das Portal aktuell auf seiner Startseite. Jeder Kunde, der bis zum 30.11.2019 einen Versicherungsvergleich für Autos vornehme, erhalte einen Gutschein über 500 Euro von der Check24 Hotel GmbH (siehe Screenshot).
Vertriebsexperte Matthias Beenken sieht auch diese Aktion kritisch. „Ich persönlich halte das Vorgehen für einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot“, sagte der Versicherungswissenschaftler von der Fachhochschule Dortmund der "WirtschaftsWoche" (Mittwoch). Weil es dazu diene, sich gegenüber anderen Vermittlern, die sich an das Provisionsabgabeverbot halten müssten, einen Vorteil zu verschaffen.
Ein weiterer Nebeneffekt laut Beenken: Den Check24-Kunden werde suggeriert, dass Kfz-Versicherungen so viel Gewinn enthalten, dass man daraus bis zu 500 Euro Rabatt abschöpfen könne. „Das Produkt als solches wird entwertet, und die Kosten des Vertriebs steigen noch einmal an“, gibt Beenken zu bedenken.