Der Garantiezins soll voraussichtlich zum 1. Januar 2021 von aktuell 0,90 auf 0,50 Prozent abgesenkt werden. Das empfiehlt der Deutsche Aktuarverein (DAV). Das letzte Wort hat jedoch das Bundesfinanzministerium.
Voller Bangen schaute die Versicherungsbranche nach Köln, wo die Deutsche Aktuarvereinigung ihren Sitz hat. Bei mageren 0,9 Prozent liegt aktuell der Garantiezins für Neuverträge in der klassischen Lebensversicherung, also die garantierte Rendite auf den Sparanteil einer Police. Noch 1994 betrug der Garantiezins 4,0 Prozent – viele der Verträge müssen auch heute noch bedient werden. Viele Unternehmen ächzen unter den hohen Zinsversprechen aus besseren Zeiten.
Doch der Garantiezins könnte zukünftig weiter sinken, die Lebensversicherung für Sparer noch unattraktiver werden. Ob es dazu kommt, haben auch die Aktuare in der Hand. Ihre Empfehlung ist ein wichtiger Maßstab für die Bundesregierung, in welcher Höhe sie den Höchstrechnungszins gesetzlich festlegt. Grundlage hierfür sind freilich keine willkürlichen Aussagen. Während in der Vergangenheit zur Berechnungen die historischen Renditen von Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit herangezogen wurden, werden nun die künftig realistisch am Kapitalmarkt erzielbaren Renditen bewertet. Zeichnet sich ab, dass die Anbieter langfristig Probleme bekommen ihre Zusagen an die Kunden zu bedienen, muss der Garantiezins gesenkt werden.
Nun haben die deutschen Aktuare die Annahmen für Rententarife überprüft und halten die dort einkalkulierten Sicherheiten für nicht mehr ausreichend. Die Deutsche Aktuarvereinigung empfiehlt deshalb den Höchstrechnungszins für Lebens- und Rentenpolicen nach unten zu korrigieren. Dieser war erst zum Jahreswechsel 2017 von 1,25 auf 0,90 Prozent abgesunken. Die Mathematiker der Assekuranz legen dem Bundesfinanzministerium eine Absenkung auf 0,5 Prozent nahe. „Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass sich das zum Teil negative Zinsniveau der vergangenen Monate in näherer Zukunft spürbar verbessern wird. Daher ist eine Absenkung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge ab 2021 geboten“, begründet der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader die Empfehlung. So hätten sich die die zehnjährigen Euro-Swap-Sätze im Laufe des Jahres 2019 erstmals im negativen Bereich bewegt, erklärten die Aktuare. Vor zehn Jahren lag dieser Zinssatz bei etwa 3,5 Prozent, aktuell ist er von seinen historischen Tiefstständen auf etwa 0,1 Prozent gestiegen.
In jedem Fall hat das Bundesfinanzministerium das letzte Wort. Schließlich müsste die geänderte Höhe des Höchstrechnungszinses in der Deckungsrückstellungsverordnung festgeschrieben werden. Für bereits bestehende Policen würde die Absenkung keine Folgen haben. Überdies kann jeder Versicherer individuell entscheiden, ob er den Höchstsatz ausschöpfen möchte oder eben nicht. Zuletzt hatte sich der Großteil der Lebensversicherer von klassischen Leben-Policen mit Garantiezins losgesagt. Die meisten neuen Tarife haben einen Mix aus risikobehafteteren Anlagen und einer Beitragsgarantie. Wobei viele der neuen Policen nicht mal die kompletten eingezahlten Beiträge garantierten.