Einkaufsgemeinschaft, Back-Office-Support und Technikplattform: Für viele Makler ist die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Maklerpools wichtiger Teil ihr Geschäftsstrategie und ihres operativen Alltags. Aber ist ein Poolmakler wirklich noch ein unabhängiger Makler? In der heutigen Kolumne „Aus dem Alltag eines digitalen Versicherungsmaklers“ von Dr. Philipp Kanschik (Policen Direkt) lesen Sie heute den 2. Teil der Serie zur Unabhängigkeit der Versicherungsmakler.
Beginnen wir die heutige Kolumne mit einer Quizfrage: Worauf beziehen sich die Zahlen der folgenden Tabelle?
- 2009: 378 Mio. EUR
- 2011: 402 Mio. EUR
- 2013: 416 Mio. EUR
- 2015: 504 Mio. EUR
- 2017: 584 Mio. EUR
- 2019: 733 Mio. EUR
Philipp Kanschik
Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.
Die Antwort: es handelt sich um die Summe der jährlichen Provisionserlöse der zehn größten Maklerpools (Quelle: Cash Online). In den letzten 10 Jahren konnten die größten Pools ihre Erlöse damit nahezu verdoppeln und jährlich im Schnitt 7% wachsen—was in etwa der typischen Wachstumsrate der chinesischen Volkswirtschaft entspricht. Insgesamt liegen die jährlichen Provisionserlöse aller Maklerpools mittlerweile bei knapp einer Milliarde EUR. Schätzungsweise werden damit zirka 20 Prozent der Maklerprovisionen deutscher Makler mittlerweile über Pools abgewickelt. Eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
Treiber der Entwicklung
Angefangen hat alles mit einer einfachen Idee, die in anderen Branchen schon lange praktiziert wird—beispielsweise im Lebensmittelhandel. Dort schlossen sich schon vor Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Kaufleute zu einer Einkaufgemeinschaft zusammen. Die Motivation war, dass größere Marktverbünde dank ihrer hohen Volumina bessere Konditionen gegenüber Lieferanten durchsetzen können. Dies hat mittlerweile zu einer so großen Marktkonzentration geführt, dass weitere Marktkonzentration vom Bundeskartellamt kaum mehr genehmigt wird.
In der Versicherungsbranche nehmen die Makler letztlich eine vergleichbare Rolle als Händler ein. Sie verkaufen die Ware ihrer Lieferanten, der Versicherer. Und auch hier gilt: je höher die Volumina, je besser die Konditionen für die Händler.
Maklerpools sind vor diesem Hintergrund als die Edekas und Rewes der Versicherungsbranche zu sehen. Mithilfe der Maklerpools schließen sich Tausende kleine Händler (die Makler) zusammen und erzielen gegenüber den Lieferanten (den Versicherern) bessere Konditionen.
Und nicht nur das: der einzelne Händler wird auch entlastet, weil er sich nicht mehr um die Lieferantenbeziehung kümmern muss. Im Schnitt haben Vermittler so 2,6 Poolanbindungen. Darüber hinaus gibt es noch mehr Themen, bei denen der Verbund den Einzelnen unterstützen kann. In der Versicherungsbranche bedeutet dies in den letzten Jahren eine immer stärkere Unterstützung bei der Technologie. Pools stellen ihren Kunden Software für die Kunden- und Vertragsdatenverwaltung zur Verfügung, Vergleichsrechner und zunehmend auch Kundenportale und Apps.
Sechs Gründe, warum Pool-Makler keine unabhängigen Makler sind
Man kann allerdings davon ausgehen, dass sich der einzelne Makler nicht als „Pool-Filialist“ begreifen möchte, so wie sich ein Marktleiter als „Edeka-Filialist“ fühlt. Das wäre mit einem Berufsethos als unabhängiger Makler nicht vereinbar. Natürlich würden die meisten Pools das nie zugeben und betonen in ihrem Außenauftritt, dass sie die Unabhängigkeit des Maklers stärken. Lassen Sie sich davon nicht täuschen. Im Folgenden zeige ich sechs Gründe auf, warum „Pool-Makler“ ihre Unabhängigkeit längst ad acta gelegt haben könnten.
- Einschränkung bei Auswahl der Gesellschaften: Bei der Auswahl der Gesellschaft nutzt der Makler die Tools des Pools. Was dort nicht vorkommt, gibt es nicht mehr in der Welt des Maklers. Fairerweise muss man sagen, dass die meisten Pools eine große Auswahl an Versicherern anbieten. Aber das muss ja nicht immer bei allen Pools so bleiben.
- Wirtschaftliche Abhängigkeit von Pools: Sinkt das große Poolschiff, sind die Bestände weg—das zumindest befürchten viele Makler. Angesicht des Wachstums der Pools sollte sich die Angst in Grenzen halten. Ein großes Risiko ist vor allem fehlende Prozessdigitalisierung. Wächst der Pool und die Plattform skaliert nicht, droht eine Schieflage. Ansonsten haben Pools, mit Ausnahme von IT, keine größeren Investitionen zu tätigen, die sie in die Knie zwingen können. Aber die wirtschaftliche Abhängigkeit der Makler bleibt ein Fakt.
- Pool-Anbieter verschwinden oder fusionieren: Die Verdopplung der Poolumsätze in den letzten 10 Jahren ist nicht nur starkem Wachstum geschuldet, sondern auch der Marktkonzentration zu verdanken. Wird ein Pool verkauft, leiden die Pool-Makler, da die Altsysteme nicht mehr weiterentwickelt werden und irgendwann auf eine neues zwangsmigriert wird. All dies geschieht ohne jeglichen Einfluss des Poolmaklers.
- Der Maklername steht nicht auf der Police: Um seine Einkaufsvorteile zu realisieren, übernimmt der Pool typischerweise den Maklerbestand. Damit verschwindet der Name des Maklers aus den Policen. Für viele Kunden ist die Post vom Versicherer der einzige Kontakt mit der Versicherungsbranche. Da kann der Makler schnell in Vergessenheit geraten. Immerhin gibt es einige Pools, bei denen Makler die Direktanbindungen behalten können (und damit auch der Name weiterhin auf der Police steht). In der Regel ist das jedoch mit Beschränkungen im Service verbunden.
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Provisionscontrolling nicht möglich: Ob die Pool-Abrechnung stimmt oder nicht, ist für den Pool-Makler kaum nachprüfbar. Im Falle von Fehlern wird die Reklamation sehr mühsam. In der Praxis vertrauen die meisten Makler ihren Pool-Abrechnungen blind – keine wirkliche Auszeichnung für einen unabhängigen Kaufmann.
- Rückkehr in die Unabhängigkeit kaum möglich: Auf dem Papier behalten Pool-Makler die vollständigen Rechte an ihren Beständen. In der Praxis sind sie operativ so abhängig von ihrem Pool, dass ein Weg in die Unabhängigkeit praktisch nicht umsetzbar ist. Schon bei der Bestandsübertragung und dem Aufbau eigener Anbindungen zu den Versicherern wird ein Pool-Makler in der Regel scheitern. Wer seinen Pool verlassen will, wird also zu einem anderen Pool gehen.
Fazit: Einmal Pool, immer Pool
Haben Sie als unabhängiger einmal den Großteil Ihrer Bestände an einen oder mehrere Pools übergeben, gibt es keinen Weg zurück. Als Pool-Makler werden Sie damit zu Außendienstlern der Pools, zum „Filialisten“. Das muss nicht schlecht sein, widerspricht aber dem Berufsbild des unabhängigen Maklers.
Eines muss aber klar sein: allein weiter machen ist allerdings für kleinere Makler heutzutage auch keine gute Option, allein schon, weil die Technik und regulatorischen Anforderungen immer größer werden und kaum mehr zu bewältigen sind. Unabhängig und dafür ineffizient und letztlich defizitär zu arbeiten ist also auch keine wirkliche Option.
Die Alternative MVP statt Pool hat zudem leider auch ihre Tücken (lesen Sie hier). Mein Rat an kleinere Makler lautet daher: denken Sie darüber nach, sich einem größeren Maklerverbund anzuschließen. Sie verlieren dann nur einen Teil Ihrer Unabhängigkeit, bleiben jedoch weiterhin Makler. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.
Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.