Was aber tut die Regierung gegen drohende „Altersarmut“? Unter dieser Fragestellung thematisiert das Monitor-Magazin auch die von der Bundesregierung geplante Grundrente. Durch eine Aufwertung von Entgeltpunkten sowie durch Freibeträge bei der Grundsicherung und bei Wohngeld sollen Rentnerinnen und Rentner belohnt werden, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) eingezahlt haben. Insgesamt 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner sollen so mehr Rente erhalten – vier von fünf Anspruchsberechtigte auf die neue Leistung sind Frauen. Die Bundesregierung sieht in diesem Schritt eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen Altersarmut.
Jedoch: Ob die Grundrente wirklich eine wirkungsvolle Maßnahme ist oder nicht eher eine Verschwendung von Steuergeldern, ist umstritten. Schon in der Debatte um die Ausgestaltung der Rente nämlich wurde deutlich: Keineswegs steht die Armutsbekämpfung bei der Grundrente im Vordergrund. Stattdessen geht es zunächst einmal um Anerkennung für Lebensleistung gemäß dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz.
Und die Voraussetzungen sind problematisch. Denn eine Kappungsgrenze für die Grundrente legt nach jetzigem Stand fest: Wer zwar durchschnittlich unterhalb von einem Entgeltpunkt in der Rentenkasse lag und damit jährlich weniger verdiente als den Durchschnittslohn, aber dennoch oberhalb einer Grenze von 0,8 Entgeltpunkten, der hat auch bei 35 Beitragsjahren nichts von der neuen Leistung. Wer die Wartezeit von 35 Jahren nicht erfüllte und stattdessen zum Beispiel kürzer einzahlte, rutscht sowieso durchs Netz – er erhält keine Grundrente und kann auch die Freibeträge für die Grundsicherung und für Wohngeld nicht nutzen. Viele Menschen erfüllen Bedingungen für die Grundrente folglich nicht. Deswegen ist die geplante Maßnahme zu weitmaschig gestrickt als Sicherungsnetz gegen die Altersarmut.
"Ordentliches Einkommen" hilft
So pointiert auch der Kölner Soziologe und Armutsforscher Christoph Butterwegge: Altersarmut lasse sich „so nicht bekämpfen“. Und für Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sind höhere Einkommen ein weit wirksameres Mittel gegen Altersarmut, wie er im Beitrag des ARD-Monitor ausführt. Äußert der Experte doch: „Die einzige Art und Weise“, wie Menschen in ihrem Alter abgesichert sind, ist: Wenn sie im Arbeitsleben „genug arbeiten könnten“ und „ein ordentliches Einkommen erzielen“. Denn nur so erwerben die Menschen über die gesetzliche Rente Ansprüche und können zudem zusätzlich privat vorsorgen. Demnach werden niedrige Löhne als wesentliche Ursache der Altersarmut gesehen.
Denn 12,63 Euro pro Stunde müsste aktuell ein Arbeitnehmer verdienen, um nach 45 Beitragsjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente oberhalb des Niveaus der Grundsicherung zu erhalten. Das ergab eine Berechnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Derzeit aber beträgt der gesetzliche Mindestlohn – seit dem 1. Januar 2020 – 9,35 Euro.
Rund 4,17 Millionen Menschen bzw. 19,8 Prozent der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Deutschland gelten laut Bundesregierung als Niedriglöhner und verdienen weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns – das unter Bedingungen des Arbeitsmarkts, die eine Wartezeit von 45 Jahren bei heutigen Erwerbsbiographien fast als Ausnahme erscheinen lassen. Politiker des linken Spektrums nutzen diese Tatsache momentan und machen mobil gegen den Niedriglohn in Deutschland, wie der Versicherungsbote berichtete. Als dritte Partei nach Der Linken und nach der SPD fordert demnach aktuell die Partei Bündnis 90/ die Grünen einen Mindestlohn in Höhe von mindestens zwölf Euro.