"Versicherungen suchen - mit KI und Empathie": So wirbt die Suchmaschine Snoopr für ihre Dienste und will Endkunden, Versicherer und Versicherungsmakler zusammenbringen. Warum es trotz schier allmächtiger Konkurrenz von Google eine spezialisierte Suchmaschine braucht und wie das Geschäftsmodell genau aussieht, erklärt uns Markus Heussen, Geschäftsführer des Mutterkonzerns b-tix, in einem zweiteiligen Interview.
Versicherungsbote: Können Sie Snoopr kurz vorstellen? Seit wann gibt es Sie — was ist Ihr Geschäftsmodell?
Markus Heussen: Snoopr ist die erste Suchmaschine für Versicherungen. Wir haben sie Anfang 2019 live geschaltet und bis dato mehr als 850 Produkte von über 40 Anbietern gelistet, darunter die namhaftesten Unternehmen der Branche. Auf zehn Kilometer Flughöhe könnte man sagen, Snoopr ist eine Art Kombination aus Google Suche und Amazon Shopping: Ähnlich wie bei Google können Makler über ein Suchfeld nach Spezial-Policen und Standardprodukten mit dem gewissen Etwas suchen und sie dann - ähnlich wie bei Amazon - bestellen.
Snoopr ist selbst kein Versicherungsvermittler. Wir verdienen also weder direkt noch indirekt an den Versicherungsabschlüssen unserer Makler. Unser Geschäftsmodell entspricht vielmehr den Cost per Click-Ansätzen aus dem Affiliate-Marketing. Versicherer, Assekuradeure und Fachmakler melden ihre Produkte kostenlos bei uns an und zahlen eine geringe Gebühr für die Weiterleitung eines Nutzers auf die Folgeprozesse.
Makler müssen für die Nutzung nichts bezahlen. Sie können aber zusätzlich an einem Partnerprogramm für Leads teilnehmen. Snoopr stellt dann produktbezogene Kundenkontakte her. Hierfür erheben wir eine geringe Vermittlungsgebühr.
Snoopr soll als „deine Suchmaschine für Versicherungen“ funktionieren, so sprechen Sie potentielle Kundinnen und Kunden auf Ihrer Webseite an. Nun könnte man etwas polemisch fragen: Wozu braucht es hierfür eine eigene Suchmaschine? Man könnte ja auch Google nutzen, das ebenfalls Werbung und Suchanfragen anhand hochpersonalisierter Daten anzeigt.
Auf den ersten Blick gibt es tatsächlich viele Gemeinsamkeiten mit Google. Wie bei allen Suchmaschinen gibt es auch bei Snoopr nur ein einziges Suchfeld und die Suchtreffer werden mit künstlicher Intelligenz nach Relevanz sortiert. Hierbei setzen wir teilweise die gleichen Methoden und Algorithmen ein wie die Mutter aller Suchmaschinen. Dennoch grenzen wir uns klar von Google ab, denn über Google kann man ja so ziemlich alles finden.
Snoopr ist - anders als Google - eine spezialisierte Produktsuchmaschine und findet ausschließlich Versicherungen. Das ist ein wesentlicher Unterschied und - auch anders als bei Google - werden die Suchtreffer immer auf dieselbe Art und Weise in einer festen Struktur übersichtlich angezeigt. Ein Nutzer braucht also nicht auf irgendeine Webseite abzuspringen, die sich ja alle voneinander unterscheiden. Bei Snoopr gibt es zudem alle wichtigen Produktinformationen direkt am Suchtreffer: Produktbroschüren, Videos, Siegel und Formulare, Highlights und Bedingungen.
Bei den Folgeprozessen unterscheiden wir zwischen Verbraucher und Makler. Hat ein Verbraucher ein passendes Produkt gefunden, kann er keinen direkten Abschluss tätigen. Snoopr öffnet stattdessen einen Web-Chat mit einem Makler aus unserem Partnerprogramm. Wir sprechen also eher Verbraucher an, die gerne online recherchieren, dann aber eine persönliche Beratung bevorzugen. Das passt auch zu unserer Positionierung als Suchmaschine für Spezialversicherungen, denn je spezifischer das Risiko ist, desto größer ist der Wunsch nach persönlicher Beratung. Makler können - anders als Verbraucher - direkt am Produkt kostenfrei Preise berechnen, Angebote und Anträge erzeugen und Abschlüsse - auch über Pools - tätigen. Das alles bietet Google nicht an und macht Snoopr deshalb besonders.
In sozialen Netzwerken gibt es diverse Gruppen, in denen Hilfe zu Produkten und Dienstleistungen angeboten wird. Dort fragen Makler regelmäßig, welcher Kollege bzw. welche Gesellschaft eine bestimmte Deckung anbietet. In wieweit soll Snoopr diesen Gruppen Konkurrenz machen bzw. vielleicht sogar ablösen?
Solche Gruppen gibt es, weil es einen Bedarf gibt. Und genau deshalb gibt es auch einen Bedarf für Snoopr. Durch uns wird der Austausch an sich aber nicht obsolet. Snoopr bietet ja in diesem Sinne kein Forum an, über das sich Makler frei austauschen könnten. Insofern ist das auch nicht direkt vergleichbar. Aus unserer Sicht werden die Gruppen weiterhin eine Daseinsberechtigung haben. Wir sehen uns hier vielmehr als sinnvolle Ergänzung und weitere Recherchemöglichkeit.
Über Snoopr können Makler kostenlos nach Spezial-Policen suchen, sofort wertvolle Produktinformationen und einen direkten Zugang zu den Produkten und Anbietern erhalten. Preise lassen sich berechnen, Angebote und Anträge erstellen und Verträge abschließen. Wir stellen sogar den Erstkontakt für Direktanbindungen zu den Versicherern her. Das alles kann z.B. eine Facebook-Gruppe so nicht leisten.
In sozialen Netzwerken wird häufig auch nach spezialisierten Kollegen gefragt. Auch wenn es Tipps von anderen Maklern gibt, ist es damit aber nicht getan. Eine potenzielle Zusammenarbeit wirft prozessuale, rechtliche und betriebswirtschaftliche Fragen auf, die vor dem Geschäft geklärt werden müssen. Das ist für alle Beteiligten ziemlich aufwändig. Deshalb haben wir zusammen mit der renommierten Kanzlei Michaelis ein Modell für eine juristisch abgesicherte und effiziente Zusammenarbeit unter Maklerkollegen entwickelt. Das erleichtert Maklern die bundesweite Kooperation mit Kollegen, die sich auf bestimmte Zielgruppen und Risiken spezialisiert haben.
Sie arbeiten mit Versicherungsmaklern zusammen. In welcher Form? Wie profitieren Makler von einer KI-Suchmaschine, und wie profitieren Sie von den Maklern?
Wir sind ein Technologie-Startup und sehen uns als digitale Enabler in der Versicherungsbranche. In dieser Rolle stellen wir Maklern technische Lösungen zur Verfügung, um sie mit Versicherungsunternehmen und Kunden, aber auch untereinander digital zu vernetzen.
Mit Snoopr betreiben wir einen so genannten Multi-Sided-Marktplatz, d. h., wir bringen Versicherer, Makler und Endkunden auf einer Plattform zusammen. Dabei können Makler unterschiedliche Rollen einnehmen, so ähnlich wie man das vielleicht von Airbnb kennt. Dort kann man z. B. seine Wohnung an Touristen vermieten oder als Tourist selbst eine Wohnung anmieten. Bei Snoopr können suchende Makler demenstprechend Deckungskonzepte finden oder selbst welche anbieten.
Mit Snoopr wollen wir das im Markt vorhandene Angebot an technischen Lösungen sinnvoll ergänzen. Während im standardisierten Massengeschäft die Vergleichsrechner und -plattformen dominieren, wollen wir mit Snoopr vor allem Produkte abseits des Mainstreams auffinden. Wir sind also komplementär positioniert. Davon profitieren die Versicherer, weil sie bei Snoopr auch ihre besonderen Produktmerkmale herausstellen können, die im klassischen Versicherungsvergleich häufig untergehen. Letztendlich profitieren davon aber unsere Makler und ihre Kunden, denn bisher war die Recherche nach speziellen Produkten recht aufwändig.
Bei der Suche nach dem richtigen Produkt setzen wir auf modernste Technologie. So hilft uns eine Künstliche Intelligenz dabei, möglichst zielgerichtet zu suchen und die Treffer nach Relevanz zu sortieren. Die Maschine versucht als Erstes, die Intention hinter den Suchbegriffen zu ermitteln, und gleicht dann die Suchtreffer mit ähnlichen Suchen und dem Nutzerverhalten aus der Vergangenheit ab. Dadurch profitiert ein Makler automatisch von dem Nutzerverhalten der Allgemeinheit, also der gesamten Makler-Community rund um Snoopr.
Da wir nur erfolgsabhängig von den Produktgebern vergütet werden, profitieren wir auch nur dann, wenn unsere Nutzer zufrieden sind und die Plattform aktiv nutzen. Das wiederum spornt uns natürlich an, immer mehr Spezialversicherungen zu listen. Am Ende ist es eine Win-Win-Win-Situation. Versicherer, Makler und Verbraucher profitieren gleichermaßen von Snoopr, was sich letztendlich auch für uns auszahlt.
...die Wahrheit der Digitalisierung ist unbequem
Versicherungsbote: Sie treten als Tippgeber auf. Wie funktioniert das konkret?
Markus Heussen: Es gibt zwei Stellen, an denen wir als Tippgeber auftreten. Wenn ein Verbraucher ein Produkt über Snoopr findet und wir den Kundenkontakt an einen Makler aus unserem Partnerprogramm vermitteln, erhalten wir für dieses Lead eine geringe Vermittlungsgebühr. In diesem Fall sind wir Tippgeber.
Der andere Fall bezieht sich auf die Zusammenarbeit unter Maklern. Findet ein Makler das Deckungskonzept eines Kollegen und möchte er mit ihm in Kontakt treten, öffnet Snoopr einen Web-Chat und führt eine kurze Auftragsklärung durch. Danach vermitteln wir den Kontakt. In diesem Fall greift eine standardisierte Tippgeberschaft, die wir mit allen Fachmaklern, die Deckungskonzepte über Snoopr anbieten, abgeschlossen haben. Diese Tippgeber-Vereinbarung ist ein Vertrag zugunsten Dritter. Begünstigt ist der suchende Makler.
Wir als Snoopr sind kein Vermittler, sondern in jedem Fall Tippgeber und haben mit den produktanbietenden Makler alles zugunsten des suchenden Maklers geregelt, der sich um nichts mehr kümmern muss. Kommt zwischen Fachmakler und Kunde ein Versicherungsvertrag zustande, erhalten nicht wir, sondern der suchende Makler die Provision aus dem Geschäft. Sollte es Probleme mit der Provisionszahlung geben, treten wir als Mediator auf und springen schlimmstenfalls in die Bresche. Dafür sorgt ein Tippgeber-Schutz. Als Vorlage diente hierfür der Käuferschutz von PayPal.
Nochmal zurück zum Thema KI. Könnte man nicht sagen: Je besser und genauer Sprach- und Videoassistenten auf Basis von KI beraten können, desto mehr werden auch Makler überflüssig. Wo sehen Sie die Zukunft persönlicher Beratung? Wird es hier Kannibalisierungseffekte geben?
Wahrheiten sind unbequem, deshalb will sie meist keiner hören. Tatsächlich treibt die Digitalisierung - genauso wie damals die Industrialisierung - einen tiefgreifenden Wandel voran, der in alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens, der Wirtschaft und Kultur ausstrahlt. Das kann für kleinere Makler eine Bedrohung werden, wenn sie sich nicht frühzeitig neu orientieren. Dann aber kann die Digitalisierung auch eine echte Chance sein.
Das größte Potenzial der Digitalisierung liegt nicht in der einfachen Technisierung bestehender Geschäftsmodelle, sondern in der Veränderung eben dieser. In unserer Branche wird heute aber in erster Linie Bestehendes automatisiert. Deshalb wirkt sich die Digitalisierung als Erstes im Standard-Massengeschäft aus. Und genau hier stehen viele Daten zur Verfügung, die der Nährboden für Künstliche Intelligenz sind. Ich glaube fest daran, dass die digitalen Big Player unserer Branche mittelfristig sehr große Kundenbestände über KI-Technologien weitgehend automatisiert, d. h. schneller, direkter und wirtschaftlicher als menschliche Vermittler betreuen und ausbauen und dabei die Umsätze pro Kunde steigern werden.
Aus diesem Grund müssen sich Makler meines Erachtens frühzeitig spezialisieren und als Experten auf bestimmte Zielgruppen und Segmente abseits des Mainstreams konzentrieren. In Bereichen außerhalb ihrer eigenen Kernkompetenz werden sie kooperativ sein müssen, um mit InsurTechs und anderen Kollegen zusammenzuarbeiten. Diesen Maklern wollen wir mit Snoopr ein Werkzeug an die Hand geben, mit dem sie sich als Experten positionieren und von anderen Experten profitieren können.
Die Fragen stellte Mirko Wenig. Teil 2 des Interviews lesen Sie in wenigen Tagen beim Versicherungsboten.