Die Kritik der DRV an Heils Entwurf zielt bereits darauf, dass die Grundrente als Instrument ungeeignet sei, Altersarmut in Breite zu bekämpfen. Und das liegt am sich wandelnden Arbeitsmarkt. Viele Menschen wechseln nicht nur häufig ihren Job, müssen sich infolge des digitalen Wandels neu aus- und weiterbilden lassen, sogar nach Zeiten der Arbeitslosigkeit einen neuen Beruf erlernen. Sie wechseln auch zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit hin und her.
Heißt es im Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums, die Grundrente sei Antwort auf einen „postindustriellen Arbeitsmarkt“ mit heterogenen Erwerbsbiographien, so stellt die DRV gerade das infrage. Weil sie lange Pflichtversicherungs-Zeiten vorsieht, können sie gerade jene Menschen nicht in Anspruch nehmen, die häufig zwischen freiem Unternehmertum und versicherungspflichtiger Beschäftigung wechseln.
Sehr wahrscheinlich leer gehen auch viele Menschen aus, die mehr als fünf Jahre arbeitslos waren. Ausgerechnet jene sind es jedoch, die am stärksten von der Altersarmut bedroht sind. Die DRV schreibt: "Langjährige Beschäftigung als Geringverdiener, immer wieder unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, ist eine durchaus typische Versicherungsbiografie, insbesondere in den 1990er Jahren in den neuen Bundesländern."
Vorschlag: Wochenarbeitszeit stärker berücksichtigen
“Es ist erkennbar, dass die sozialpolitische Begründung der vorgesehenen Regelungen zum Teil widersprüchlich und in der Zielstellung nicht eindeutig ist“, heißt es folglich in einer Einleitung zur Stellungnahme. Zudem solle beim Grundrentenanspruch stärker unterschieden werden, ob die geringe Rente auf Teilzeitarbeit oder auf niedrigen Lohn beruhe. Die Wochenarbeitszeit solle künftig mit erfasst werden, so ein Vorschlag: Soll heißen, wer länger Vollzeit arbeitet, soll eher einen Anspruch haben.
Verlierer des Rentenkasse-Vorschlages, Vollzeitarbeit eher zu belohnen, wären vermutlich viele Frauen. Zwar werden auch Zeiten der Kindererziehung und der Pflege bei der Grundrente berücksichtigt: pro Kind bis zu drei Jahre Kindererziehungszeit und bis zu sechs Jahre Kinderberücksichtigungszeiten. Aber gerade Frauen sind es, die am ehesten in Teilzeitarbeit arbeiten, um eben Kinder zu erziehen oder Angehörige zu pflegen: verbunden mit einem entsprechend niedrigen Lohn. Hier sei darauf hingewiesen, dass eine Person im Schnitt mindestens 30 Prozent des jährlichen Durchschnittseinkommens in seiner Erwerbsbiographie nachweisen muss, um das Rentenplus zu erhalten.
Sogar verfassungsrechtliche Bedenken
Darüber hinaus äußert die DRV sogar verfassungsrechtliche Bedenken. So solle etwa bei der Einkommensprüfung geprüft werden, ob das Einkommen bei verheirateten Paaren und Lebenspartnern nicht höher als 1950 Euro ist: beide werden steuerlich gemeinsam belangt, bei Unverheirateten ist das nicht der Fall. Hierzu schreibt der Bund der Arbeitgeber (BDA): "Nach dem Referentenentwurf werden Verheiratete gegenüber Unverheirateten benachteiligt". Auch bei der Anrechnung von Auslandseinkommen gebe es Bedenken.