Neben den Marken von Check24, Verivox und Co. gibt es im Internet noch viel Platz für neue Marken. Tatsächlich werden bei vielen Versicherern aber weiterhin die Basics vernachlässigt, kritisiert Björn Freter, Gründer und Geschäftsführer der sum.cumo GmbH, im zweiten Teil der neuen dreiteiligen Interview-Reihe. Im ersten Interview schickte Björn Freter die Branche mit einer recht harten Bilanz in die Feiertage und warf ihr einen zu zögerlichen und uninspirierten Umgang mit dem Thema „Internet“ vor.
Die Veränderungen, die Sie einfordern, sind ja immer auch mit Investitionen verbunden. Nicht nur in Technologie und Transformation, sondern auch in den Vertrieb. Wie können Versicherer mit der großen Strahlkraft der Online-Aggregatoren überhaupt mithalten? Wechseln die Kunden im aktuellen Preiskampf nicht eh jedes Jahr aufs Neue?
Für die Allgemeinheit sind die Angebote der Versicherer online noch viel zu unsichtbar. Allgemeinhin steht „Check24“ für das Online-Versicherungsgeschäft. Die Marken und Angebote, die auf der Plattform vermittelt werden, treten in den Hintergrund. Eventuell vorhandene, besondere Angebote und attraktive Online-Services der Versicherer lohnen sich für Check24 ja auch gar nicht – das macht nur das Vergleichen wieder schwerer. Nach dem Abschluss auf Check24 müssen die Kunden somit erst einmal in die Marken- und Angebotswelt des Versicherers überführt werden – man spricht mittlerweile von „digitalem Onboarding“. Wem dies nicht gelingt, der läuft Gefahr, den Kunden bei der nächsten Preisschlacht im Folgejahr gleich wieder zu verlieren.
Wie kann ein Versicherer denn online Kunden auch jenseits der großen Aggregatoren erreichen? Ist Online-Marketing nicht unglaublich teuer?
Tatsächlich werden Basics wie eine gute Suchmaschinenoptimierung weiterhin vernachlässigt. Gut organisierte Affliliate-Programme sind auch eher schwer zu finden und vielen Agenturen fällt es nach wie vor schwer, effektives Suchmaschinenmarketing im Versicherungsmarkt zu betreiben. Es gibt also noch viel Platz für neue Marken jenseits von Check24 und Co. im Internet. Und das müssen nicht immer die ganz Großen sein. In den sozialen Medien und auch auf Videoplattformen müssen sich die Versicherer genau fragen, was sie erreichen wollen. Eine Versicherung ist halt kein Lifestyle-Produkt. Eine Versicherung wird auch niemals cool sein. Soll sie ja auch nicht – ich will sie ja nicht haben, sondern ich muss sie haben. Sie kann dabei aber sympathisch und kompetent daherkommen und mir genau im richtigen Moment das richtige Angebot machen – auch nach dem erstmaligen Abschluss eines Vertrages.
Wie können Versicherer denn sicherstellen, dass sie einmal gewonnene Kunden auch behalten? Wie können sie die Geschäftsbeziehung zum Neukunden ohne persönlichen Kontakt, dafür online vertiefen?
Online bin ich viel persönlicher im Kontakt als manch einer glaubt. Oder welcher Makler darf spät abends im Bett noch das Gehör eines Kunden finden? Online mit der richtigen Nachricht zum richtigen Zeitpunkt ist das über ein Smartphone durchaus möglich und vielleicht sogar erwünscht. Aber es gehört natürlich mehr dazu, einen Kunden zu behalten, als ihn nur mit Nachrichten oder im schlimmsten Fall mit Werbung zuzubomben. Im besten Falle erinnern sich die Versicherer immer wieder daran, dass der Kunde ja eigentlich gar keine Versicherung haben wollte, sondern sie halt haben musste. Demnach gewinnt derjenige, der dem Kunden das Gefühl gibt, immer an der richtigen Adresse zu sein und niemals wechseln zu müssen. Dafür müssen das Angebot und die Services eines Versicherers im für den Kunden definierten Zielsegment immer konkurrenzfähig sein. Der Blick nach innen hilft dabei wenig weiter – es gilt, die Konkurrenz zu analysieren und Trends immer ein Stück voraus zu sein. Wem dies gelingt, der kann die Investitionen in neue Technologien und Vertriebsformen durchaus verkraften, denn er behält seine Kunden langfristig und damit den notwendigen langen Atem für den Einstieg in das digitale Zeitalter.