Versicherungsbote: In diesem Jahr stellt die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Ergebnisse vor, wie die gesetzliche Rente über das Jahr 2025 hinaus reformiert werden soll. Das kann der Versicherungsbranche und Vermittlerschaft nicht egal sein. Welche Hoffnungen/ Erwartungen haben Sie, wenn nun die Weichen für die Zukunft der Rente gestellt werden?
Oliver Pradetto: Ich gehe davon aus, dass die Vorsorgepflicht für Selbständige kommt. Ob das Gefahr oder Chance darstellt, wird sich noch zeigen.
Verfolgt man den Diskurs zur Reform der Rente, schält sich heimlich ein Favorit heraus: ein Staatsfonds nach dem Vorbild Schwedens oder Norwegens als quasi vierte Säule der Altersvorsorge, der auch am Aktienmarkt investieren darf. Er findet parteiübergreifend Fürsprecher, wenn auch mit verschiedenen Modellen. Wie positionieren Sie sich dazu — und müssten Sie sich mehr Sorgen um das Altersvorsorge-Neugeschäft machen?
Klar. Wenn der Staat unter irgendeinem Vorwand mehr Geld in seine Finger kriegen kann, wird er das gerne tun. Sorge macht mir dabei weniger die Konkurrenz zu unseren freien Anlageangeboten, als die Tatsache, dass der Staat schon bei der großen Finanzkrise bestens seine Anlagekompetenz unter Beweis gestellt hat. Es waren schließlich die Landesbanken, die dort mit öffentlichen Geldern am meisten Federn ließen und vergessen wir nicht: Da in den Aufsichtsräten saßen und sitzen genau diejenigen, die jetzt den Staatsfonds verwalten wollen.
Die Nachwuchsprobleme der Branche sind offensichtlich, der Altersschnitt liegt bei 50 Jahren. Was tun Sie, um 2020 den Nachwuchs zu fördern?
Bei uns liegt der Schnitt neu hinzukommender Vermittler eher bei 40 und das ist für mich entscheidend. Wir haben die Zukunft bereits in unseren Reihen. Insgesamt braucht es keine Verjüngung unter den Beratern. Mit unseren digitalen Angeboten können unsere Partner locker das Zehnfache an Kunden abarbeiten. Es ist also ganz gut, wenn sich die Zahl der Vermittler auch auf natürlichem Weg reduziert. Das erspart soziale Verwerfungen und macht Kunden frei.
Mehrere Brancheninitiativen wie ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG e.V. wollen den Ruf des Versicherungsvertriebs aufpäppeln: auch aufgrund mitunter einseitig negativer Presse, die zu Vertrauensverlust beiträgt. Was kann und muss aus Ihrer Sicht getan werden, um das Image der Branche zu verbessern?
Der Haupttreiber ist die Art, wie Kunden gewonnen werden. Struktur- & AO-Vertriebe trainieren gezielt, wie der vorherige Berater in Frage gestellt wird, um den Kunden zu gewinnen. Von dort wird das in die Reihen der Makler exportiert. So lange aber jeder Kunde in den Glauben versetzt wird, nur sein aktueller Berater sei akzeptabel, alle anderen zuvor aber Verbrecher, so lange hilft keine Initiative und keine Kampagne. Wenn wir ein besseres Image wollen, müssen wir bessere Services für den Kunden bieten. Die Kunden überzeugen, indem wir ihm mehr Leistung verschaffen, nicht indem wir die bislang erhaltene Leistung schlecht reden.
Die Fragen stellte Mirko Wenig