Droht Rentenkommission der Bundesregierung zu scheitern?

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Die Rentenkommission "Verlässlicher Generationenvertrag" der Bundesregierung droht laut Zeitungsberichten zu scheitern. Eigentlich sollte sie verschiedenste Akteure an einen Tisch bringen, um Vorschläge für eine Reform auszuarbeiten, wie das Rentensystem in Deutschland auch langfristig zukunftsfest gemacht werden kann. Doch genau diese Vielfalt an Perspektiven könnte der Gruppe nun die Arbeit erschwert haben. Die Rentenkommission dementiert per Pressetext.

Es war eines der wichtigsten Projekte der Großen Koalition: Eine Rentenkommission der Bundesregierung sollte Vorschläge für eine Reform des Rentensystems ab 2025 vorlegen. Ziel des Arbeitskreises ist es laut Bundesarbeitsministerium, "ein Fundament zu schaffen für einen neuen, verlässlichen Generationenvertrag". Es ist folglich nicht übertrieben zu behaupten, dass die Regierungsparteien einen großen Wurf erwarten: Konzepte für ein funktionsfähiges Rentenmodell in Zeiten der alternden Gesellschaft.

Doch genau diese Rentenkommission könnte nun scheitern. Das berichten übereinstimmend die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Der Spiegel“ am Freitag. Demnach hätten sich die Kommissionsmitglieder nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können. Mit anderen Worten: Die Vorstellungen, wie das Rentensystem künftig reformiert werden soll, klaffen zu weit auseinander. Die Mitglieder der Kommission stellen Politiker, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Sozialverbände sowie Wissenschaftler.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

“Erwarten Sie besser gar nichts!“

Konkret beruft sich die FAZ auf Aussagen des Wirtschaftswissenschaftlers Axel Börsch-Supan, unter anderem Direktor des Munich Center for the Economics of Aging (MEA) und für eher wirtschaftsliberale Positionen bekannt. Dieser soll seiner Enttäuschung bei einer Renten-Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing Ausdruck verliehen haben. „Erwarten Sie nicht zu viel. Erwarten Sie besser gar nichts!“, habe der Ökonom gesagt, als er auf die Ergebnisse der Kommission angesprochen wurde.

Die Kommission habe "sich selbst zu viele Fallgruben gegraben", sagte Börsch-Supan dem Bericht zufolge. "Die rentenpolitischen Denkverbote engen den Diskussionsspielraum so ein, dass man sich nicht mehr bewegen kann." Konkret beklage er, dass die Kommission stark von den beteiligten Politikern und ihren Interessen geprägt sei. Immer wieder habe sich die Politik in die Arbeit eingemischt - mit sehr konkreten Forderungen. Immerhin die Hälfte der Kommission ist mit Politikern der Koalitionsparteien besetzt.

So sei die Regelaltersgrenze "ein so heißes Eisen, dass sich Politiker aller Parteien davor drücken“, wird Börsch-Supran zitiert. Bis zum Jahr 2031 soll die sogenannte Regelaltersrente auf 67 Jahre steigen: Wer dann eher in Rente geht, muss Abschläge akzeptieren. Doch dabei soll es wohl bleiben, eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters sei nicht geplant: das habe Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Arbeit des Gremiums vorgegeben. Wider der Vernunft? Der Münchener Ökonom plädiert dafür, das Rentenalter zu dynamisieren und an die steigende Lebenserwartung der Deutschen zu koppeln.

Zudem sollen Projekte wie die Rente mit 63, der Mütterrente und die geplante Grundrente nicht zur Debatte gestellt werden, schreibt die FAZ weiter. Aus Reihen der SPD sei die Forderung laut geworden, dass die „doppelten Haltelinien“ für das Rentenniveau (mindestens 48 Prozent) und den Beitragssatz (höchstens 22 Prozent) auch über das Jahr 2025 hinaus gelten sollen. Laut "FAZ" entstehe auf Unionsseite der Eindruck, dass sich SPD-Vertreter und Gewerkschaften eng miteinander abstimmen.

"Die Kommission hatte und hat keine Denkverbote!"

In einer Stellungnahme, die noch am selben Tag wie die Zeitungsberichte erschien, weist die Kommission die Vorwürfe von Börsch-Supan zurück. "Die Kommission hatte und hat keine Denkverbote! Im heutigen FAZ-Artikel wurde behauptet, Minister Heil hätte der Kommission eine Vorgabe zur Regelaltersgrenze gegeben. Dies stimmt definitiv nicht!", heißt es in dem Statement der beiden Vorsitzenden, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU).

"Wir haben ein Ziel in der Sache. Dass ein Mitglied der Kommission jetzt ausgerechnet auf der Zielgeraden dabei ausschert, ist diesem gemeinsamen Ziel nicht gerade dienlich. Es geht nicht nur um wissenschaftliche Analysen und Bewertungen, sondern auch um sozialpolitische Lösungen und ihre Umsetzbarkeit", positionieren sich die Vorsitzenden weiter in dem Pressetext - mit deutlicher Kritik an Börsch-Supan: "Unsere Sacharbeit findet nicht auf Podiumsdiskussionen statt, sondern in der Kommission. Unser Anliegen ist es, Sacharbeit zu leisten, nicht zu wehklagen!", heißt es wortwörtlich in dem Statement.

Gleichwohl muss die Rentenkommission einräumen, dass ihr Bericht noch nicht fertig ist: aber gescheitert sei der Arbeitskreis keineswegs. Klarheit sollen weitere Sitzungen in den kommenden Wochen bringen. Bei so vielen verschiedenen Akteuren "liegt es in der Natur der Sache, dass es neben der reinen Datenanalyse auch unterschiedliche Bewertungen und Ansichten gibt", schreiben Lösekrug-Möller und Schiewerling. Genau das wolle der Rentenbericht aufzeigen und dazu Empfehlungen geben, wie eine zukunftssichere Alterssicherung gestaltet werden könne.