Der Schritt zur Grundrente ist richtig. Dennoch sei "das Problem, dass das Umlageverfahren die steigende Rentnerzahl nicht mehr finanzieren kann, nicht mal im Ansatz gelöst", moniert Hermann Schrögenauer. Die nun beschlossene Grundrente könne laut Vorstand der LV 1871 "daher nur als Start in den Vorwahlkampf angesehen werden“
In der vergangenen Woche hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Grundrente von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verabschiedet. Ab dem 1. Januar 2021 sollen bis zu 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner von der neuen Regelung profitieren.
Die volle Grundrente erhalten alleinstehende Ruheständler, wenn ihr monatliches Einkommen 1.250 Euro nicht überschreitet. Bei Paaren gilt ein monatlicher Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.950 Euro. Einkommen über dieser Grenze sollen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet werden. Freibeträge soll es darüber hinaus für die Bezieher von ergänzenden Grundsicherungs-Leistungen sowie Wohngeld geben. Denn Empfängerinnen und Empfänger dieser Sozialleistungen hätten im schlimmsten Fall mit der Grundrente keinen Cent mehr in der Tasche, wenn sie auf die Grundsicherung angerechnet wird. Es wird ein Freibetrag von 100 bis maximal 216 Euro geplant.
„Die Grundrente hilft all jenen, die lange gearbeitet haben und jetzt immer noch zu wenig zum Leben haben – daher ist der Schritt richtig.", lobt Hermann Schrögenauer, Vorstand der LV 1871. Doch die Grundrente löse das grundlegende Problem der Altersarmut nicht nachhaltig. Das zeigt auch eine vereinfachte Berechnung: Im Startjahr 2021 solle die Grundrente Kosten in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro verursachen. Bricht man diesen Betrag auf einen einzelnen Empfänger herunter, bekäme jeder Rentner mit Anspruch auf Grundrente rund 83 Euro im Monat zusätzlich. Für die künftigen Empfänger der zusätzlichen Rentenleistung ist die Grundrente ein kleines Zubrot - mehr aber wohl nicht. „Für die Betroffenen bedeutet die Grundrente daher nur eine leichte Anpassung. Mit rund 1,3 Mrd. Euro ist sie am Ende ein Tropfen auf den heißen Stein.", kritisiert Schrögenauer.
„Das Thema Altersvorsorge und die Lösung des Problems, dass das Umlageverfahren die steigende Rentnerzahl nicht mehr finanzieren kann, sei damit nicht mal im Ansatz gelöst" Deshalb liegt ein nicht unberechtigter Verdacht nahe. Zur Bundestagswahl 2017 waren knapp 61,69 Millionen Menschen wahlberechtigt. Das geht aus Zahlen der Bundeszentrale für politische Bildung hervor. Damit sind rund 29,6 Prozent der Wähler in Deutschland bereits Altersrentner - Tendenz steigend. Zählt man Rentner wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hinzu, bekommt gut ein Drittel der Wähler bereits Leistungen aus der Rentenversicherung.
Für den LV1871-Vorstand könne die Grundrente "daher nur als Start in den Vorwahlkampf angesehen werden“. Zwar soll die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag erst spätestens am 24. Oktober 2021 stattfinden. Über ein Aus der großen Koalition war zuletzt aber immer wieder spekuliert worden. Eine vorgezogene Bundestagswahl ist daher nicht ausgeschlossen. Denkbar unpassend kommt da eine Nachricht aus der Vorwoche: Denn die Rentenkommission "Verlässlicher Generationenvertrag" der Bundesregierung droht laut Zeitungsberichten zu scheitern. Eigentlich sollte sie verschiedenste Akteure an einen Tisch bringen, um Vorschläge für eine Reform auszuarbeiten, wie das Rentensystem in Deutschland auch langfristig zukunftsfest gemacht werden kann. Unabhängig davon stellt Schrögenauer klar: „Rentenpolitik ist kein Wahlkampfgeplänkel, sondern muss nachhaltig durchdacht sein. Wer wirklich etwas verbessern will, muss das Renteneintrittsalter flexibel definieren, private Vorsorge fördern und Kinder in der steuerlichen Betrachtungsweise einbeziehen.“