Was tun, wenn ein Betrieb infolge des neuen Coronavirus COVID-19 schließen oder Mitarbeiter in Quarantäne stecken muss? Wer bezahlt dann den Betriebsausfall? Haben auch Selbstständige Anspruch auf Entschädigung? Ein Überblick über die Rechte von Beschäftigten und Unternehmern.
Arbeitnehmer: Anspruch auf Lohnfortzahlung
Hat ein Beschäftigter Anspruch auf Lohnersatz, wenn er infolge des neuen Coronavirus zu Hause bleiben muss? „Muss ein Arbeitnehmer in Quarantäne, dann greift, wie bei jeder anderen Krankheit auch, das sogenannte Entgeltfortzahlungsgesetz“, sagt Fachanwalt Sebastian Agster, Münchener Arbeitsrechtler von der Kanzlei Huber & Olsen, gegenüber der Nachrichtenagentur epd. Dies werde als Krankheit gewertet: Der Lohn ist entsprechend sechs Wochen weiterzuzahlen.
Wird die Quarantäne länger als sechs Wochen aufrecht erhalten, werde dann Krankengeld gezahlt, sofern Anspruch über eine gesetzliche Krankenversicherung besteht: maximal für 72 Wochen. Dieses deckt aber nur einen Teil des Lohnes ab. Für den Verdienstausfall haben die betroffenen Arbeitnehmer laut Infektionsschutzgesetz Anspruch auf Entschädigung durch die Behörden, berichtet Agster. Hier greift Paragraph 56 des Infektionsschutzgesetzes.
Wer nur in Quarantäne ist und nicht krankgeschrieben, muss aber dennoch zuhause arbeiten, soweit ihm das möglich ist und die entsprechenden Arbeitsmittel zur Verfügung stehen. So besteht eine Pflicht, den Schaden möglichst zu minimieren. Wenn die Arbeit infolge des Homeoffice stark reduziert werden muss, besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld (siehe unten).
Auch Selbstständige haben bei amtlich verhängter Quarantäne Anspruch auf Entschädigung
Positiv: Auch Selbstständige und Unternehmer gehen nicht leer aus, wenn offiziell die Quarantäne über eine Firma verhängt wird. Sie erhalten nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten Geld für ihren Verdienstausfall, berichtet der Südwestrundfunk (SWR). Um das Geld zu erhalten, müssen sie sich an die Gesundheitsämter wenden. Die Entschädigung orientiert sich an den letzten Jahreseinnahmen, die dem Finanzamt gemeldet wurden (nach § 56 IfSG).
Wichtig ist, dass die Quarantäne durch einen Arzt bestätigt wurde. Folglich die Unternehmer nicht einfach zuhause bleiben sollten, wenn sie Krankheitssymptome spüren, sondern einen ärztlichen sowie behördlichen Beleg des Gesundheitsamtes für die Notwendigkeit der Quarantäne haben.
Darüber hinaus ist der Schaden möglichst gering zu halten. Wer nicht als arbeitsunfähig eingestuft wurde, aber als Verdachtsfall isoliert werden muss, ist verpflichtet im Homeoffice weiterzuarbeiten - sofern möglich. Bei Existenzgefährdung können zusätzlich nicht gedeckte Betriebsausgaben in bestimmtem Umfang geltend gemacht werden. Selbständige sollten zusätzlich für den Fall einer längeren Krankheit eine private Krankentagegeldversicherung abschließen.
Anspruch auf Kurzarbeitergeld
Der Staat kommt ebenfalls bedrängten Unternehmen entgegen. Der Bundestag hat mit dem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ am 13. März 2020 den Zugang der Unternehmen zum Kurzarbeitergeld (KUG) erheblich erleichtert.
“Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten“, berichtet die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf ihrer Webseite. Voraussetzung hierfür sei, dass die „üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind“, schreibt die Behörde weiter.
Beantragt werden müsse das Kurzarbeitergeld von den Arbeitgebern auf der Webseite der Bundesarbeitsagentur. Dort muss die Kurzarbeit auch gemeldet werden. Beschäftigte in Kurzarbeit können die Leistung maximal 12 Monate lang beziehen. Wer Kinder hat, erhält 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz, Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten 60 Prozent.
Betriebsunterbrechung und Betriebsschließung: Es ist kompliziert
Doch nicht allein der Ausfall des eigenen Einkommens ist eine Gefahr für Unternehmer: die Beschäftigten müssen ja weiter bezahlt werden, auch anfallende Kosten laufen weiter. Entsprechend ist die Frage, ob eine Betriebsunterbrechungsversicherung für das neue Coronavirus zahlt. Die Antwort lautet wie so oft: Es ist kompliziert bzw. vom jeweiligen Vertragswerk abhängig.
Eher schlecht stehen die Chancen, wenn Betriebsunterbrechungs-Verträge nach den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in den Varianten FBUB 2010 und AMBUB 2011 gestaltet sind. Diese decken den Betrieb infolge eines Sachschadens ab, während der Infektionsschutz als Versicherungsgrund häufig fehlen würde, berichten die Rechtsanwälte Thomas Heitzer und Oliver Sieg auf der Webseite der Kanzlei Noerr.
Anders sieht es aus, wenn ein erweiterter Schutz über Extended Coverage-Bausteine bestehe oder eine All-Risk-Police abgeschlossen wurde. Hier komme es auf die konkrete Ausgestaltung der Verträge an: ob Seuchen und/oder Infektionskrankheiten ausdrücklich als versichertes Risiko benannt werden oder gar Allgefahrendeckung bestehe. Auch Rückwirkungsschäden seien dann, abhängig vom Vertrag, unter Umständen vereinbart: also wenn ein Zulieferer infolge des Virus ausfällt und deshalb die Produktion ruhen muss.
Betriebsschließung: Das Problem einer neuen Krankheit
Ebenfalls nicht ganz einfach ist der Sachverhalt bei Betriebsschließungsversicherungen: wenn also lebensmittelverarbeitende Betriebe wie Fleischereien oder Kantinen infolge des Virus schließen müssen. Dies können die Behörden anordnen, wenn eine meldepflichtige Krankheit in der Firma auftritt.
Zwar versichern diese Verträge auch den Fall, dass ein Betrieb infolge einer Krankheit nach dem Infektionsschutzgesetz dichtgemacht werden muss: vor allem die Paragraphen 6 und 7 IfSG sind hier relevant. Das Problem hierbei: Bereits seit fünf Jahren ist dieses Gesetz in Kraft. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2/Covid-19 wurde aber erst am 30.01.2020 vom Bundesgesundheitsministerium in die Liste meldepflichtiger Krankheiten aufgenommen. Es ist eben: neu.
Hier sehe es schlecht aus, wenn ein Versicherer explizit einen Katalog von Krankheiten nach dem alten Infektionsschutzgesetz als versichertes Ereigniss nenne, aber das neue Corona-Virus fehle, berichtet das Kanzlei- und Beratungshaus Noerr. Dann sei der Schutz sehr wahrscheinlich ausgeschlossen, weil sich der Katalog der Krankheiten an der jeweils aktuellen Liste zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses orientiere. Andere Verträge seien aber offener und allgemeiner formuliert - und würden auch Weiterentwicklungen des Infektionsschutzgesetzes berücksichtigen. Dann dürfte der Schutz greifen.
Dennoch sollten betroffene Betriebe in jedem Fall das Gespräch mit dem Versicherer suchen. So haben einige Anbieter angekündigt im Falle von Corona kulant zu handeln, wie der Deutsche Maklerverbund (DEMV) auf seiner Webseite berichtet. Beispiel Signal Iduna: "Die Signal Iduna bestätigt derzeit, dass Versicherungsschutz für Betriebe des Lebensmittelhandwerks auch bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen aufgrund des Coronavirus (2019-nCoV) besteht. Dies schließt derzeit Bäckereien, Konditoreien, Schlachter/Metzger und Fleischer ein", schreibt der DEMV.