Die V.E.R.S. Leipzig GmbH hat im Rahmen ihres Start-Up-Radars Interviews mit InsurTechs geführt. Die Gespräche werden im Rahmen einer Interviewreihe präsentiert. Heute antwortet Bastian Knutzen, Gründer und Geschäftsführer der Emil Group. Das Unternehmen trat bisher als Assekuradeur für einen Pay-as-you-drive-Tarif, deren Risikoträger die Gothaer war, auf. Die Interview-Beteiligten duzten einander.
Was machst du morgens als Erstes, wenn du ins Büro kommst?
Ich trinke einen großen Kaffee, begrüße unser Team und nutze die produktive und ruhige Zeit am Morgen, um z.B. E-Mails abzuarbeiten.
Der Presse konnte man entnehmen, dass ihr eurer Geschäftsmodell geändert habt; weg vom Kfz-Telematik-Geschäft hin zum Software-Anbieter. Was waren die Bewegründe für eure Entscheidung und wie sieht euer Angebot künftig konkret aus?
Wir haben unser Unternehmen schon 2016 mit dem Fokus auf die Entwicklung von Technologie im Versicherungsbereich gegründet. Als wir als erstes Versicherungsprodukt unsere Pay-Per-Mile Autoversicherung starten wollten, sind wir auf das Problem gestoßen, dass die vorhandene Versicherungssoftware für die Bestandsverwaltung vergleichsweise unflexibel gewesen ist, die Implementierung lange gedauert und es einen hohen Anpassungsbedarf für operative Kernprozesse (wie beispielsweise die Kommunikation mit den Zulassungsstellen im Kfz-Bereich) gegeben hätte. Daher haben wir uns dazu entschieden, die gesamte Technologie intern zu entwickeln.
Wir haben unsere Software dabei von Anfang an so aufgebaut, dass über verschiedene Module die Wertschöpfung der Versicherung abgedeckt werden kann. Bereits frühzeitig haben wir Anfragen von Versicherungen erhalten, die unsere Software einbinden wollten, um Bestände günstiger zu verwalten oder Produkte schneller an den Markt zu bringen.
Über eine Tochtergesellschaft als Assekuradeur mit eigenen Produkten im Endkundenbereich aktiv zu sein, während Versicherer auf der anderen Seite unsere Software lizenzieren, um Ihre (Endkunden-)Produkte zu betreiben, könnte unter Umständen Interessenkonflikte verursachen. Weil wir zusätzlich den Hebel als wirksamer einschätzen, Versicherungen mit unserer Software zu unterstützen, haben wir uns nun für die volle Fokussierung auf das Angebot von Software entschieden.
Ihr habt euch mit diesem Schritt also auf euer ursprüngliches Geschäftsmodell, das Anbieten von Technologie, rückbesonnen… wie lange habt ihr dieses Vorhaben vorbereitet und welche Herausforderungen musstet ihr dabei bewältigen?
Wir haben unsere proprietäre Software bereits vor dem Start der Pay-Per-Mile Versicherung entwickelt und in den letzten Jahren immer wieder starkes Interesse von Versicherern festgestellt. Unsere Entscheidung hatte also einen gewissen Vorlauf. Besonders wichtig war uns bei dem Entscheidungsprozess, transparent mit unseren Partnern und Kunden umzugehen.
Zusammenarbeit mit der Gothaer
Der Markt an Softwareanbietern für die Versicherungsbranche ist groß. Was unterscheidet euch von den anderen Anbietern und warum glaubt ihr, für das neue Geschäftsmodell bestens geeignet zu sein?
Mit unserer Software rund um die proprietäre Bestandsverwaltung decken wir die komplette Wertschöpfungskette der Versicherung ab und unterstützen Versicherer dabei, Bestände günstiger zu verwalten oder Produkte schneller auf den Markt zu bringen.
Unsere Software unterscheidet sich zu bisherigen Angeboten dadurch, dass die Konfiguration vollständig durch den Fachbereich unserer Kunden erfolgen kann bzw. keinerlei IT-Ressourcen für die Implementierung oder Anpassung notwendig sind. Zudem funktioniert unsere Plattform auch Stand-Alone oder ermöglicht eine einfache Migration bestehender Portfolios.
Anders als andere Lösungen von der Stange bieten wir unseren Kunden die einfache Integration von Dritten: Beispielsweise können Nutzer unserer Software innerhalb von fünf Minuten den Anbieter für die Bonitätsprüfung inklusive Konfiguration wechseln. Abgerundet wird unser Angebot über das Premium Benchmarking Modul ab, mit dem Versicherer die eigenen Tarife im Vergleich zum Markt analysieren können, um schneller auf Trends zu reagieren.
Selbst das beste Start-up funktioniert nicht ohne das richtige Team! Wie setzt sich euer Team zusammen und was bietet ihr Mitarbeitern, das andere Unternehmen nicht haben? Gab es zudem im Zuge der Neustrukturierung personelle Veränderungen?
Unser Team setzt sich aus Internet-Unternehmern, Data-Scientists, Software- und Versicherungs-Experten zusammen. Um unser Team von Arbeitgebern wie Google, Facebook oder den großen Versicherungen zu rekrutieren, müssen wir mehr bieten als nur eine „coole Start-Up Atmosphäre und Tischkicker“. EMIL zeichnet sich aus durch flache Hierarchien, ein hohes Maß an Verantwortung für jeden einzelnen und ein dynamisches Umfeld, das jedem die Möglichkeit gibt, täglich an seinen Aufgaben zu wachsen.
Im Rahmen der Fokussierung haben wir unser Management Team um Dmytro Nechyporenko verstärkt, der als Vice President of Technology auf knapp 20 Jahre Führungserfahrung im Software-Bereich zurückblickt und zuletzt für Amazon im Geschäftsfeld Cloud (Amazon Web Services) tätig war.
Nun aber doch nochmal zurück zur Telematik: Euren Pay-Per-Mile Tarif habt ihr gemeinsam mit der Gothaer angeboten. Welche Erfahrungen konnten mit dieser Kooperation gesammelt werden? Bisher haben sich zudem Telematik-Tarife in Deutschland nicht richtig durchsetzen können. Worin siehst du persönlich die Gründe dafür und hat Telematik im Kfz-Bereich überhaupt noch eine Zukunft?
Die Gothaer hat als Produktgeberin und Risikoträgerin der Pay-Per-Mile Versicherung wertvolle Erfahrungen im Bereich der online-affinen Kundengruppen und in der Zusammenarbeit mit Start-ups gewonnen und möchte mit EMIL in verändertem Set-up weiter zusammenarbeiten, unter anderem durch eine Einbindung des eben beschriebenen Premium Benchmarking Moduls.
Die Digitalisierung ihrer Kfz-Versicherung und Angebote rund um Telematik-Tarife wird die Gothaer künftig innerhalb des eigenen Geschäftsmodells mit den Gothaer-Vertrieben und der etablierten Marke „Gothaer“ weiterentwickeln.
Wann sich Telematik Konzepte in der Breite im deutschen Markt durchsetzen – das vermag ich nicht vorherzusehen.
Und zum Schluss: Wo steht EMIL in 5 Jahren?
Mit etwas größerem Team und um zufriedene Kunden reicher. (lacht)