Normalerweise gilt: Verdienen Angestellte während der Zeit der Kurzarbeit hinzu – zum Beispiel durch eine Nebenbeschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit –, reduziert sich das Kurzarbeitergeld. Bedingungen definiert Paragraph 106 SGB III: Dieser dient der Berechnung der so genannten „Nettoentgeltdifferenz“ – des Werts, auf den die Prozente gezahlt werden. Denn der Hinzuverdienst wird bei dem so genannten „Ist-Entgelt“ – dem während der Kurzarbeit erzielten Einkommen – angerechnet. Damit reduziert sich die Differenz zum Soll-Entgelt – und damit die Differenz zu jenem Verdienst, der normalerweise ohne Arbeitsausfall durch den Arbeitnehmer erzielt werden würde. Und auf just jene nun um den Hinzuverdienst reduzierte Differenz werden dann die 67 Prozent oder 60 Prozent Kurzarbeitergeld gezahlt.
Ausnahmeregelung: Greift nur bis zur Höhe des Lohns ohne Arbeitsausfall
Jedoch wurde nun durch die Bundesregierung eine Ausnahmeregelung – übergangsweise für die Zeit der Corona-Krise – geschaffen. Möglich gemacht wird die neue Regelung durch Paragraph 421c SGB III – einer „vorübergehenden Sonderregelung im Zusammenhang mit Kurzarbeit“, die im Zuge des „Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung“ aufgrund der Corona-Krise am 27. März diesen Jahres durch den Bundestag beschlossen wurde.
Demnach entfällt bis zum 31. Oktober 2020 die Anrechnung von Entgelt, sobald die Nebentätigkeit in einem Bereich erfolgt, der während der Corona-Krise „systemrelevant“ ist: etwa in der Pflege oder im Gesundheitswesen. Freilich trifft dies nur zu, wenn die Summe aus
- a) Einkommen des Hauptberufs und
- b) Kurzarbeitergeld sowie
- c) Hinzuverdienst durch die Nebentätigkeit
jenes reguläre Einkommen nicht übersteigt, das hauptberuflich ohne Kurzarbeit erzielt werden würde. In der Summe darf also durch den Hinzuverdienst nicht mehr verdient werden als in Zeiten ohne Kurzarbeit durch das Haupteinkommen. Sobald diese Bedingung erfüllt ist, kann der komplette Hinzuverdienst aus der Nebentätigkeit behalten werden: Er wirkt sich nicht mindernd auf das Kurzarbeitergeld aus.
Die Regel als Aufruf zu Nebentätigkeiten: Die Krise braucht Arbeitskräfte
Die Ausnahmeregelung begründet sich durch die Überlegung der Bundesregierung, dass zwar a) viele Menschen nun kürzere Arbeitszeiten und Lohnwegfall hinnehmen müssen, es b) aber gerade in den systemrelevanten Bereichen während der Krise einen Mangel an Arbeitskräften und an Helfenden geben dürfte. Demnach soll die neue Regelung dazu motivieren, Nebentätigkeiten in jenen Bereichen während der Krise aufzunehmen, die dringend Arbeitskräfte benötigen. Auch sollen jene, die bereits solche Tätigkeiten ausüben, nicht durch weniger Kurzarbeitergeld bestraft werden. Die Übergangsregelung ist Bestandteil des„Sozialschutz-Pakets“ der Bundesregierung als gesetzgeberische Maßnahme in der aktuellen Krisensituation.