Die klassische Altersvorsorge, wie sie bis tief in die neunziger Jahre Bestand in vielen bundesdeutschen Haushalten hatte, war die Kapitallebensversicherung. Der Sparer erfreute sich zeitweise einer Garantieverzinsung von einst vier Prozent und bekam einmal im Jahr eine Standmitteilung per Post zugesendet. Die hat Ottonormalsparer zwar nicht immer genau verstanden. Aber am Ende erfreute sich die Kapitallebensversicherung bei Verbrauchern überwiegend – und der Verbraucherzentrale Hamburg zum Trotz – großen Vertrauens. Ein Gastkommentar von Gordon Diehr.
Dass dieses Vertrauen binnen einer Dekade langsam dahinschmolz, ist dem immer frostiger werdenden Zinsklima zuzuschreiben, der die Versicherer zwang, die Garantieverzinsung sukzessive auf mittlerweile 0,9 Prozent abzuschmelzen. Damit sind Besitzer von Altverträgen zwar immer noch gut gelitten. Im Neugeschäft orientieren sich Verbraucher jedoch mittlerweile an Alternativen.
Fukushima läutete das Umdenken ein
Das neue Jahrtausend brachte nicht nur niedrige Zinsen. Auch andere Ereignisse führten dazu, dass Verbraucher langsam begannen, umzudenken. Als im März 2011 das Kernkraftwerk im japanischen Fukushima infolge eines Erdbebens havarierte und schwere Umweltschäden anrichtete, brauchte der Deutsche Bundestag keine drei Monate, um den kompletten Atomausstieg Deutschlands bis 2022 zu beschließen. Zum Zeitpunkt der FukushimaKatastrophe war die schwedische Umweltaktivistin
Greta Thunberg gerade mal acht Jahre alt. 2019 organisierte sie mit 16 den ersten Schulstreik und initiierte damit eine weltweite Umweltbewegung von bislang nie gekanntem Ausmaß. Auch wenn die „Fridays for Future“-Bewegung, die Thunbergs Ziele und Protestformen aufgriff, bisweilen auf Kritik stößt, erreichte sie doch damit einen fundamentalen Bewusstseinswandel der deutschen Bevölkerung, der bis heute andauert. Im selben Jahr sprach Thunberg erstmals auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, noch mit begrenzter Beachtung. Ein Jahr später nahm sie und das Thema Klimawandel bereits einen zentralen Raum innerhalb des Wirtschaftsgipfels ein – die engagierte Jugendliche erreichte damit, dass heute gar nicht mehr anders über Wirtschaft gesprochen werden kann, als über den Zugang Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Und schließlich erreichte das Thema auch alle Investoren, nämlich spätestens als Larry Fink, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, am 14. Januar dieses Jahres einen mahnenden Brief an alle Unternehmensführer schrieb, sich künftig mehr im Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu engagieren.
Diesen Bewusstseinswandel spüren wir täglich in der Bevölkerung. Wer sich heute für ein Altersvorsorgeprodukt entscheidet, der trifft nicht nur eine Entscheidung für die Absicherung seiner Zukunft. Er tritt auch als Investor in Erscheinung. Diese Rolle wird immer aktiver ausgeübt. Denn mit Erwerb einer fondsgebundenen Rentenversicherung trifft der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer ein Übereinkommen, das Geld so anzulegen, dass am Ende eine Rendite erzielt wird, mit der die Rente finanziert werden soll. Doch ist es dem Versicherungsnehmer auch egal, ob mit seinem Geld auch Landminen finanziert, Wälder gerodet, Tierversuche oder Kinderarbeit unterstützt werden oder Staatsanleihen von Ländern erworben werden, in denen die Todesstrafe angewendet wird? Immer öfter stellen sich Versicherungsnehmer diese Frage.
Das Anlageuniversum wird breiter
Um die Beantwortung solcher und ähnlicher Fragen zu ermöglichen, hat Liechtenstein Life zu Beginn des Jahres das Anlageuniversum auf mehr als 2.000 Fonds erhöht und auch die Grundauswahl an ETFs massiv ausgeweitet. Jeder Versicherungsnehmer hat damit die Möglichkeit, durch Wahl eines oder durch Aufteilung seiner Prämie in bis zu zehn verschiedene Investmentfonds diese Themen für sich zu erschließen. Dem einen genügt da schon der iShares Dow Jones Eurozone Sustainability Screened ETF von BlackRock. Wer es lieber aktiv gemanagt haben möchte, der würde sich eher mit dem BGF Sustainability Energy für einen reinen Aktienfonds von BlackRock entscheiden. Außerdem hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit, seine Einzahlungen auf Anleihen und Aktien aufzuteilen, sich auf bestimmte Länder oder Regionen zu fokussieren oder aber diese auszuschließen. Oder er kann gezielt auf bestimmte Branchen setzen. So bietet etwa die Allianz einen Informationstechnologie Aktienfonds und BNP Paribas einen Telekommunikationsfonds an. Auch hat Fidelity einen Gesundheitsfonds im Angebot, der in Biotechnologie und Pharmazieunternehmen investiert. Letztere gehören nicht zuletzt zu den Gewinnern der durch den Coronavirus ausgelösten Krise, welche zwar fast alle Länder und alle Branchen gleichermaßen getroffen hat, jedoch manchen Anleger zum Überdenken seiner Investmentstrategie bewegt hat: Pharmazietitel, aber auch Hersteller von Hygieneartikeln und Reinigungsmitteln sowie Aktien von Krankenhausbetreibern passen zu jeder Zeit in ein Nachhaltigkeitsportfolio.
Der Unterschied zur klassischen Kapitallebens- oder Rentenversicherung besteht darin, dass sich die Verantwortung verschiebt: Weg vom Asset Management der Versicherungsgesellschaft und hin zum mündigen Verbraucher, zugleich auch weg von der Black Box hin zur transparenten Fondsauswahl inklusive monatlicher Wechselmöglichkeit. Im Falle der fondsgebundenen Police besteht die Aufgabe der Versicherung lediglich darin, für die favorisierten Fondsprodukte den geeigneten Versicherungsrahmen zu stellen, so dass der Versicherungsnehmer auch alle steuerlichen Vorteile voll ausschöpfen kann, die ihm der Gesetzgeber eingeräumt hat. Zusätzlich liefert der Versicherer auch Leistungen wie den Todesfallschutz sowie ein professionelles Ablaufund Umschichtungsmanagement. Damit beschränken sich alle Anbieter auf ihre eigentlichen Kernkompetenzen: der Versicherer auf die Finanzmathematik und der Asset Manager auf die Analyse der Kapitalmärkte und gewissenhafte Allokation der Firmengelder.
Der Nachhaltigkeitsbegriff verändert sich
Die Möglichkeit, die Fondsauswahl zu verändern und damit aktiv in den Investmentprozess einzugreifen, besteht nicht allein deshalb, weil aktuelle Nachrichten Verbraucher mitunter zum Umdenken zwingen – wir erinnern uns hier an den Dieselskandal. Sie muss auch deswegen bestehen, weil der Nachhaltigkeitsbegriff selbst einem ständigen Wandel unterworfen ist. Die Frage, ob Kernkraftwerke nachhaltig sind (die man zum Beispiel in Frankreich bejahen würde, in Deutschland jedoch nicht), ob großflächiger Sojaanbau zu befürworten ist oder die Rapsproduktion für Kraftstoffe oder die Nachhaltigkeit der Produktion von Waffen (zum Beispiel zur Ausrüstung von Polizei und Bundeswehr) oder von Elektromobilität sowie von kontrovers diskutierten Themen wie Abtreibung oder pränatale Diagnostik – all dies ist Bestandteil einer andauernden akademischen Debatte. Es ist auch Aufgabe der Anbieter – Asset Manager wie Versicherungsgesellschaften, sich an dieser Debatte aktiv zu beteiligen. Liechtenstein Life kooperiert hier z.B. mit der Universität Liechtenstein, um aktuelle Entwicklungen zeitnah mit in die Praxis einfließen zu lassen.