Die Corona-Pandemie wirkt sich massiv auf das Geschäft von Maklerunternehmen und Vertriebsgesellschaften aus. Unternehmer müssen daher gegebenenfalls schnell konkrete Schritte zur Sanierung ihrer Betriebe ergreifen, um den Fortbestand zu sichern. Diese Sanierung kann durchaus unter dem Schutz des Insolvenzrechts stattfinden. Denn entgegen der langläufigen Meinung bedeutet die Insolvenz nicht das Ende eines Unternehmens, und durch Instrumente wie das Insolvenzplanverfahren kann der Unternehmer auch nach insolvenzrechtlicher Sanierung die Führung erhalten. Entscheidend ist, keine Scheu vor harten Maßnahmen zu haben und sich als Unternehmer seiner Verantwortung zu stellen, betont Rechtsanwalt Dr. Dirk Hammes, Gründer und Partner der hammes. Insolvenzverwalter GbR aus Duisburg.
„Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) führte kürzlich eine Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf das Geschäft der Versicherungsvermittler durch. Von den 1.628 Teilnehmern klagten bereits Zweidrittel über Umsatzeinbußen. Weitere 25 Prozent können noch nicht absehen, wie sich der Umsatz entwickeln wird. Nur elf Prozent haben bislang keine Rückgänge hinnehmen müssen. Bei denjenigen, die Einbußen hatten, lag der Durchschnitt bei fast 38 Prozent Umsatzrückgang.“ Diese Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung der Branche der Versicherungsmakler in Deutschland von Ende April lässt sich beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute finden – und es zeichnet ein vergleichsweise düsteres Bild: Diese Daten zeigen, dass auch dieser Berufsstand massiv von der Corona-Krise getroffen wurde und sich den negativen Auswirkungen von Shutdown, Kontaktbeschränkungen und allgemeiner wirtschaftlicher Schieflage nicht entziehen kann.
Insolvenzplan kann zum Unternehmenserhalt führen
Und diese Sanierung kann durchaus unter dem Schutz des Insolvenzrechts stattfinden. Denn entgegen der langläufigen Meinung bedeutet die Insolvenz nicht das Ende, und der Unternehmer verliert nicht automatisch die Kontrolle über seine Firma. Das liegt daran, dass das seit 1999 geltende Insolvenzrecht (Insolvenzordnung – InsO) einen Schwerpunkt darauf legt, eine insolvente Organisation zu sanieren und dafür zahlreiche Instrumente bereitstellt.
Eines davon ist der Insolvenzplan beziehungsweise das Insolvenzplanverfahren. Im Kern stellt das Insolvenzplanverfahren einen vorwiegend vom Insolvenzverwalter erarbeiteten und administrierten Vergleich dar, durch den sowohl die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden sollen als auch das Unternehmen unter der Führung des bisherigen Eigentümers erhalten bleiben soll. Voraussetzung für die Sanierung im Insolvenzplanverfahren ist, dass das Unternehmen leistungswirtschaftlich wirklich saniert werden kann und es seitens der Gläubiger keine schwerwiegenden Zweifel an der Kompetenz und Redlichkeit der Unternehmensführung gibt. Daher bietet sich das Insolvenzplanverfahren immer dann an, wenn die Substanz und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens grundsätzlich gegeben ist, insbesondere, wenn eine extrinsische Verwerfung wie die Corona-Pandemie aufgetreten ist und für erhebliche Schäden gesorgt hat.
In der Regel wird der Verwalter bei der Aufstellung eines Sanierungsplans auch den Schuldner beziehungsweise die Organe miteinbeziehen, um eine nachhaltige Lösung der Probleme zu erreichen und die Zukunft des Betriebs zu erarbeiten. Zumal der Schuldner dem Sanierungsplan ebenfalls zustimmen muss. Hat das Gericht den Insolvenzplan bestätigt, wird nachfolgend das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über sein Vermögen zu verfügen.
Sanierung in Eigenverwaltung häufig problematisch
Die Erfahrung zeigt, dass ein Insolvenzplanverfahren zahlreiche Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringt. Die Gläubiger besitzen in dem Verfahren wesentlich mehr Mitbestimmungsrechte, da sie über die Annahme des Insolvenzplans als Sanierungsinstrument entscheiden, und können oftmals auch höhere Quoten als im Regelinsolvenzverfahren erhalten, die zudem schneller zur Auszahlung kommen. Banken, Lieferanten und andere Geschäftspartner bietet sich durch eine Sanierung des Schuldnerunternehmens die Möglichkeit, nicht nur eine bessere Befriedigung ihrer Insolvenzforderungen zu erhalten, sondern überdies einen wirtschaftlich gesundeten Kunden und Geschäftspartner langfristig zu binden.
Problematisch kann sich die sogenannte Sanierung in Eigenverwaltung auf den Erhalt des Unternehmens auswirken. Dabei arbeitet die Unternehmensführung mit einem Sanierungsberater zusammen, und deren Tätigkeit wird von einem gerichtlich bestellten Sachwalter kontrolliert. Auch dabei ist das Ziel, außerhalb der Regelinsolvenz das Unternehmen zu sanieren und die etablierte Eigentümer- und Führungsstruktur zu erhalten. Damit erhält der Unternehmer weitreichende Rechte in dem Sanierungsverfahren und wird sozusagen zum Insolvenzverwalter in eigener Sache.
Leider zeigt die Praxis, dass dies oft daneben geht. Denn nicht nur werden durch die Einbindung des externen Sanierungsgeschäftsführers häufig sehr hohe Kosten aufgeworfen – das Geld fehlt dann für eine wirkliche leistungswirtschaftliche Sanierung –, sondern das „Projekt Eigenverwaltung“ mündet vielfach mangels wirklicher unternehmerischer Neuorientierung über kurz oder lang in die nächste Insolvenz ein. Das ist laut Marktdaten bei mehr als 40 Prozent der Verfahren der Fall, sodass der Versuch, das Unternehmen mittels eigener Kompetenz durch die Krise zu bringen, eben in vier von zehn Fällen auf Sicht krachend scheitert. Und nicht selten entsteht auch bei anderen Unternehmen nach einer Zeit weiterer Sanierungsbedarf.
So früh wie möglich nach Lösungen suchen
Entscheidend ist, dass Unternehmer sich nicht allzu lange Zeit nehmen, wenn die Krisenzeichen sich verdichten, Je weiter die Krise fortschreitet, desto weniger ist in der Regel zu retten und desto schlechter sind die Möglichkeiten, die unternehmerische Substanz zu erhalten und durch eine leistungs- und finanzwirtschaftliche Sanierung neue Potenziale für die Zukunft herzustellen. Es ist ratsam, schnell professionelle Hilfe zu holen, anstatt bis zum bitteren Ende selbst nach Lösungen zu suchen, um sich dann vielleicht auch noch (gerechtfertigten) Vorwürfen der Insolvenzverschleppung und dementsprechend das private Vermögen weitreichenden Haftungsforderungen auszusetzen. Ganz davon abgesehen, dass bei solchen Versuchen in der Regel auch sehr viel Kapital verbrannt wird, das bei einer wirklich nachhaltigen Sanierung besser hätte eingesetzt werden können. Gegebenenfalls stellt sich sogar heraus, dass noch so viel Spielräume vorhanden sind, dass eine Sanierung auch ohne Anwendung der Insolvenzordnung möglich ist, etwa durch eine arbeitsrechtliche Restrukturierung, den Verkauf von bestimmten Vermögenswerten oder Unternehmensteilen zum Abbau von Verbindlichkeiten, die Schließung von Standorten oder anderen leistungswirtschaftlichen Maßnahmen. Ziel ist, damit das wirtschaftliche Fundament neu aufzubauen.
Es ist also Aufgabe und Verantwortung des Versicherungsmaklers in Zusammenarbeit mit einem Restrukturierungsexperten (beispielsweise einem Insolvenzverwalter oder Fachanwalt für Insolvenzrecht), diese Schritte zu erarbeiten und die Maßnahmen ohne Scheuklappen umzusetzen. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Zukunft und bietet Schutz für eine mögliche nächste Krise.