Prioritäten und Posterioritäten richtig zu wählen, sollte Teil einer jeden gut durchdachten Unternehmensstrategie sein. Dazu berichtet Unternehmensberater Sebastian Heithoff in seinem aktuellen Gastartikel im Versicherungsboten.
In den vergangenen Jahren habe ich viele Menschen kennen gelernt, die besonders über die Prioritäten, d.h. die Vorrangigkeiten in der strategischen Ausrichtung von Unternehmen sprechen. Insbesondere im Rahmen der digitalen Transformation wird vielfach davon gesprochen, mit welchen Dingen man schnell und effizient nach vorne gehen möchte. Dabei wird jedoch gerne vergessen, dass mit der Priorisierung bestimmter Themen auch sinnvollerweise eine gewissenhafte Einordnung der Nachrangigkeiten, Posterioritäten genannt, erfolgen muss. Wie sich dies auf eine sinnvolle strategische Ausrichtung auswirkt, behandelt der nachfolgende Artikel.
Sebastian Heithoff
Sebastian Heithoff (*1986), aus Familientradition 2007 zur Kaufmanns-Lehre in die Assekuranz eingestiegen. Seit 2012 im Bereich (digitale) Kommunikation aktiv und in stetiger Weiterbildung, damit seit 2016 beratend im Versicherungsvertrieb tätig. Erst angestellt bis zur Teamleitung, danach als selbstständiger Unternehmensberater im AO- und Maklervertrieb. Schwerpunkt ist die „markanten Vertriebskommunikation“ – Vermittlermarken wirkungsvoll sichtbar und erlebbar zu machen.
Prio, Prio, Prio - das ist es, womit sich Manager und Geschäftsführer am liebsten beschäftigen. Die Dinge, die wichtig sind, wenn es um die Zukunft geht. Doch wie viele Dinge können gleichzeitig Priorität haben und wie viele Dinge sind dabei nachgelagert wichtig? Viele ungeduldige Zeitgenossen priorisieren gerne möglichst viele Dinge nach vorne und erreichen dadurch vor allem Eines: Eine breite Spitze, ein Dumm-Dumm-Geschoss, mit dem man alles andere als eine gezielte Ausrichtung erreicht. Doch mit einer zu breiten Aufstellung der Prioritäten ist man noch lange nicht am Ende der Probleme. Denn nicht nur, dass jemand der alles priorisiert an Schlagkraft und Zielgerichtetheit (Fokus) verliert, sondern wer sich nicht auch bewusst um das kümmert, was depriorisiert wird, verliert an dieser Stelle enorm an Schlagkraft. Und Überblick.
Nachrangigkeiten sind diejenigen Dinge, von denen wir davon ausgehen, dass sie sich aktuell nicht negativ auf unseren Geschäftsbetrieb auswirken, wenn wir sie liegen lassen. Solche Dinge gibt es zweifellos und die muss es auch geben, da wir ansonsten wiederum eine viel zu breite Spitze in der Priorisierung von Themen haben. Hier liegt jedoch der Knackpunkt: Wir verwenden sehr viel Zeit darauf, unsere Priorisierung zu finden und Dinge nach vorne zu stellen, allerdings nur wenig darauf, was dann von der Tischkante fällt. Das passiert dann einfach so. Doch da die Nachrangigkeiten ein enormes Potenzial haben, uns später in die Hacken zu laufen, muss auch die Entscheidung, eben jene zu Nachrangigkeiten zu postulieren, bewusst getroffen werden.
Ein konkretes Beispiel, um die Sache fassbar zu machen: Wir sind eine Vertriebseinheit in der Assekuranz und haben nur sehr begrenzte Ressourcen, was Personal und monetäres Budget angeht. Wir wollen digital nach vorne gehen und haben keinen klaren Fokuspunkt. Deshalb machen wir alles ein bisschen und nichts so richtig, treiben uns gleichzeitig auf Facebook, Instagram, XING und LinkedIn herum und haben auf keinem der Kanäle durchschlagenden Erfolg, weil uns die Zielgerichtetheit und auch die Ressourcen fehlen, um hier spitz und damit erfolgreich zu sein. Wir trauen uns jedoch nicht, einen oder mehrere der Kanäle mit Absicht nicht zu bespielen. An dieser Stelle jedoch ist mit Bedacht Nachrangigkeit für ein oder mehrere Themen zu wählen.
Sie merken vermutlich, dass auch diese Sachlage wieder eng mit dem Bereich der Positionierung zusammenhängt. Denn eine Positionierung bedeutet immer, dass wir uns unsere eigenen (thematischen) Spitzen, sowie unserer Ecken und Kanten bewusst werden. Wenn wir es dabei dann schaffen, die einen Dinge bewusst zu tun und die anderen Dinge bewusst sein lassen, dann sind wir auf dem richtigen Weg, eine solide Balance zu finden, zwischen versiert gewählten Prioritäten und ebenso gekonnt ausgewählten Posterioritäten, unseren Nachrangigkeiten. Da wir hierdurch zwar ein wenig mehr Planungsaufwand haben, aber wiederum enorme Ressourcen einsparen, ist der Weg der zielgerichteten Fokussierung, sowohl auf Prio- als auch auf Posterioritäten, der Weg des weisen Managers.