Denn für die die PKV gilt mit noch größerer Dringlichkeit: Man sollte die Wahl eines Versicherers nicht ausschließlich von Deckungsquoten abhängig machen, sondern sollte eine Vielzahl weiterer Bedingungen beachten – individuelle Bedingungen für einen Kunden sind hier wesentlich. Eine wichtige Bedingung ist zum Beispiel die Stabilität der Beiträge bei einem Versicherer. Wird doch eine schlechte Risikosituation in der PVK zu großen Teilen durch die Gestaltung und Zusammensetzung des Tarif-Portfolios kompensiert.
Aus diesem Grund wird auch ein großer Teil des Risikos in der PKV laut MAP-Chefredakteur Reinhard Klages „von den Kund*innen geschultert“.
Weil Krankenversicherer Beiträge „anders als in der Lebensversicherung" anpassen können, erzielen sie auch bessere Ergebnisse als die Lebensversicherer. Denn alle privaten Krankenversicherer sind mit Stand 2019 sogar unter der stimulierten Extremsituation solvent und können ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden unter einer solchen Situation bedienen. Hingegen schaffen insgesamt dreizehn Lebensversicherer in 2019 die Solvency II-Hürde nicht (der Versicherungsbote berichtete).
Gute Solvenzquoten: Aussagegehalt mehrdeutig
Wie aber hängen gute Solvenzquoten mit anderen wichtigen Faktoren für die Wahl eines Versicherers – wie stabile Beiträge – zusammen? Ihr Aussagegehalt ist schlicht nicht eindeutig, solange man nicht weitere Informationen zurate zieht:
- Zum einen könnte man mit Reinhard Klages die These aufstellen, dass Versicherer mit hohen Deckungsquoten besser gerüstet sind, „Tarife mit einer schlechten Risikoselektion zusätzlich durch Eigenmittel und nicht ausschließlich durch Beitragsanpassungen zu sanieren“. Bei Versicherern mit hoher Finanzkraft bestünde demnach für Krisensituationen eine geringere Gefahr, dass es zu den durch Kunden gefürchteten Prämiensprüngen kommt. Eine solche These vertrat in 2019 auch der renommierte Mathematiker Carsten Zielke von der Zielke Research GmbH (der Versicherungsbote berichtete).
- Allerdings zeigten die damaligen Daten auch: Unter den vermeintlich beitragsstabilen Versicherern fanden sich einige Anbieter, die in den letzten Jahren die Prämien stark angehoben hatten. Demnach könnte es zumindest bei einige Versicherern mit guten Quoten auch durchaus sein, dass hohe Solvenzquoten auch durch Prämiensprünge zulasten der Kunden "erkauft" wurden. Letztendlich ist in Bezug auf Beitragssteigerungen eine hohe Deckungsquote folglich nicht eindeutig und es gilt umso dringlicher: SCR-Quoten gewinnen nur im Kontext weiterer Kennzahlen und auch weiterer Analysen zur Situation des Versicherers an Bedeutung.
- Wichtig ist zudem, die Quoten – wie im aktuellen MAP-Report auch geschehen – über einen längeren Zeitverlauf zu analysieren. So fällt zum Beispiel auf, dass sich die Quote eines Versicherers, der Ottonova, von sagenhaften 2.039,2 Prozent in 2018 auf immerhin noch gute 645,6 Prozent in 2019 "verschlechterte" – trotz des guten Werts ein auffallender Sprung nach unten. Solch starke Schwankungen in den Quoten der Versicherer lassen sich nur dann einordnen, wenn Quoten über längere Zeitläufe hinweg untersucht werden.