Pfändungsschutz: Bundesregierung will Verschuldete bei P-Konto besserstellen

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Wer in Deutschland verschuldet ist, muss oft nur ein sogenanntes Pfändungsschutz-Konto (P-Konto) bei seiner Bank beantragen: mit deutlich eingeschränkten Möglichkeiten. Ein Gesetzentwurf sieht nun vor, den Betroffenen mehr Freiheiten zu erlauben: auch aufgrund der Coronakrise.

Die Bundesregierung plant ein Gesetz, um Inhabern eines Pfändungsschutz-Kontos mehr Freiheiten einzuräumen. Das sieht eine Gesetzesinitiative des Verbraucherschutzministeriums vor, so berichtet das „Handelsblatt“ am Dienstag. Ein entsprechendes Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) wurde bereits im März von der Bundesregierung beschlossen.

Mehr Geld für größere Anschaffungen darf angespart werden

Das Pfändungsschutzkonto soll vereinfacht Menschen mit Schulden davor schützen, dass ihnen Gläubiger das ganze Konto leer räumen - und ihnen nichts zum Leben bleibt. 1.178,59 Euro im Monat sind aktuell vor dem Zugriff der Gläubiger sicher (nach § 850c der Zivilprozessordnung ZPO).

Im Grunde handelt es sich hierbei um ein Girokonto, das nach einem entsprechenden Antrag in ein P-Konto umgewandelt wurde. Bei Kindesunterhalt erhöht sich der Betrag. Aktuell sind rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland auf ein solches Konto angewiesen.

Angedacht ist nun laut Gesetzentwurf, dass betroffene Personen besser für größere Anschaffungen wie Haushaltsgeräte sparen können. So soll die Frist für die Übertragung von nicht verbrauchtem pfändungsfreien Guthaben von einem Monat auf drei Monate verlängert werden. Bisher durfte nur einen Monat gespart werden, bis Gläubiger Zugriff auf das Geld hatten.

Vorgesehen ist darüber hinaus erstmals, dass auch Guthaben auf Gemeinschaftskonten bei der Pfändung eines solchen Kontos geschützt ist, wie das Bundesverbraucherschutzministerium auf seiner Webseite berichtet. Jeder Berechtigte könne anschließend ein separates P-Konto errichten und von dessen Schutz profitieren, wenn das Gemeinschaftskonto ins Visier von Gläubigern gerät. Aktuell besteht ein solcher Schutz für die Inhaberinnen und Inhaber eines gemeinsamen Kontos nicht.

Bank darf negative Saldi nicht mehr verrechnen

Ein weiterer wichtiger Punkt: Es soll den Banken gesetzlich verboten werden, Konten mit negativem Saldo entsprechend aufzurechnen. Auf diese Weise werde sichergestellt, dass Bürgerinnen und Bürger über Zahlungseingänge auch dann verfügen können, wenn sie ein Zahlungskonto mit negativem Saldo in ein P-Konto umwandeln, berichtet das Verbraucherministerium.

Auch ein erleichterter Zugang des Schuldners zu Bescheinigungen für die Erhöhung des pfändungsfreien Grundfreibetrags ist vorgesehen. Der Grundfreibetrag kann zum Beispiel beim Bezug von Kindergeld raufgesetzt werden. Es soll nun geregelt werden, dass die zuständigen Stellen verpflichtet sind, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. Auch sieht das Gesetz vor, wie der Schutz gewährleistet wird, wenn die Bescheinigung nicht rechtzeitig erteilt wird.

Aktuell ist die Erhöhung des Freibetrages mit einigem bürokratischen Prozedere verbunden: Beantragt werden kann eine Erhöhung des Freibetrages etwa beim Jobcenter, den Banken oder einem Vollstreckungsgericht. Wiederholt klagten Betroffene gegenüber den Verbraucherzentralen, dass sich die Behörden hier querstellen, lange Zeit lassen und eine Vielzahl an Belegen verlangen.

...auch Coronakrise gebietet Verbesserungen

Die Verbesserungen beim Pfändungsschutz gehen einerseits darauf zurück, dass die Bundesregierung die bisherigen Erfahrungen seit Einführung des P-Kontos 2010 hat evaluieren lassen. Neben dem Bundesministerium für Verbraucherschutz war hierbei auch das Bundesfamilienministerium beteiligt: aus der Erkenntnis heraus, dass die Schuldenlast einer Familie auch auf Kindern und Angehörigen lastet.

Zugleich macht Christine Lambrecht (SPD), zuständige Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz, deutlich, dass die Coronakrise Verbesserungen im Pfändungsschutz erfordert. "Die aktuelle Situation führt uns noch einmal deutlich vor Augen, wie schnell und unerwartet finanzielle Herausforderungen entstehen können. Neben den sozialen Sicherungssystemen ist daher ein ausgewogener Schutz vor Pfändungen unverzichtbarer Bestandteil einer solidarischen Gesellschaft. Diesen Schutz wollen wir deshalb maßvoll ausweiten und klarer regeln“, sagt Lamprecht.

Viele Menschen sind infolge der Coronakrise in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit gerutscht, Selbstständige verloren oft ihre kompletten Einnahmen. Entsprechend ist zu erwarten, dass die Zahl der Menschen mit P-Konto in den kommenden Monaten steigen wird. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet zudem damit, dass die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit zehn Jahren auf drei Millionen Menschen steigt.

Schutz der Lebensgrundlage

Das Pfändungsschutz-Konto war 2010 teils gegen den Widerstand der Banken und ihrer Verbände eingeführt worden. Zuvor hatten Verschuldete das Problem, dass ihnen oft das Konto gesperrt wurde und sie Miete und andere laufende Kosten nicht mehr bezahlen konnten, wenn Gläubiger auf ihr Konto zugriffen.

Dennoch machen noch immer viele Bankhäuser einen Wechsel schwer, wie die Marktwächter Finanzen auf Grundlage zahlreicher Beschwerden und Stichproben berichten. "Verbraucher haben häufig noch mit hohen Preisen, eingeschränkten Leistungen und einer gewissen Stigmatisierung bei ihrer Bank zu rechnen, wenn sie ein P-Konto einrichten", schreibt der Dachverband der Verbraucherzentralen (vzbv) auf seiner Webseite.