Daniel Seeger und Tino Scraback haben im vergangenen Jahr drei Tochter GmbHs und mehrere Bestände aufgekauft – die es anschließend in die eigene Firma zu integrieren galt. Worauf Versicherungsmakler beim Kauf einzelner Bestände oder ganzer Firmen achten sollten, weiß er folglich aus eigener Erfahrung zu berichten. Auf der Webseite versicherungsbestand-kaufen.de bieten die beiden Macher Ihr Wissen für angehende Bestandskäufer an. Einige wichtige Punkte nennt Daniel Seeger am Beispiel der eigenen Bestandskäufe.
Zu Beginn sei vorangestellt: Zwischen Bestandskauf und Firmenkauf gilt es zu unterscheiden – je nachdem, ob lediglich ein Bestand oder eine ganze Firma gekauft wird. Im Folgenden soll der Bestandskauf und Integration des Bestands in die bestehende Firma betrachtet werden:
- Kundenschreiben: Das Wichtigste zum Übertragen der Bestände auf Ihre Firma (oder Ihren Pool) ist das Anschreiben, in dem die Kunden über den Verkauf informiert werden. Das ist Grundlage für das CoC-Verfahren: also das Verfahren zur Übertragung sensibler Daten nach jenem Verhaltenskodex (Code of Conduct), der den Umgang mit personenbezogenen Daten in der Versicherungswirtschaft regelt.
- Bestandsübernahmeerklärung: meint das offizielle Dokument, mit dem der Verkäufer den Bestand an Sie überträgt. Dieses muss für jede Gesellschaft separat ausgefüllt und unterschrieben werden. Die Gesellschaften haben hier jeweils Ihre individuellen Vorlagen. Werden die Bestände zu einem Pool übertragen, haben manchen Pools eigene Bestandsübernahmeerklärungen als Vorlagen. Wichtig dabei ist, dass der Verkäufer als übernehmender Makler den Bestand an den Pool abgibt. Sie tauchen auf dem Formular als eigentlicher Käufer dann gar nicht auf.
- Widerrufe: Sicherlich werden einige Kunden der Übertragung der Daten widersprechen. Bei uns sind das meist nur ein bis zwei Prozent der Angeschriebenen. Diese Kunden sind für Sie wertlos. Wir sagen dem Verkäufer dann, dass er die Kunden in die freie Betreuung der Gesellschaft geben soll. Warum? Weil dann die komplette Agenturnummer auf Sie übertragen werden kann, sobald die Widerrufler raus sind. Das geht viel schneller als eine Teilbestand-Übertragung.
Es drohen Fallstricke
Im optimalen Fall könnten nach Abarbeitung der drei oben genannten Schritte alle Verträge zu Ihnen übertragen werden. Leider läuft das nie zu 100 Prozent rund, da einige Fallstricke existieren:
- Hat der Verkäufer Bestände bei Pools? Dann ist die Freigabe zusätzlich durch den Pool notwendig (und zwar für jede einzelne Gesellschaft).
- Gibt es Sonderkonzepte, beispielsweise Verträge der Genossenschaft VEMA? Dann ist die Übertragung schwierig, besonders zu einem anderen Pool.
- Gibt es Gesellschaften, die kein CoC akzeptieren? Dann müssen direkt neue Vollmachten eingeholt werden.
- Liegen bei Gesellschaften weniger als fünf bis zehn Verträge? Dann wird meist auch direkt eine neue Maklervollmacht notwendig.
- Die Umgehung der Fallstricke ist machbar – es stellen sich mit den Problemen lösbare Aufgaben. Der Zeitaufwand sollte aber nicht unterschätzt werden.
Hier weitere nützliche Tipps und Tricks, die bei einem Bestandskauf beachtet werden sollten:
- E-Mail Weiterleitung und Telefon-Umleitung: Die Kunden finden in Ihren Unterlagen noch die Verkäufer-Kontaktdaten. Diese leiten wir zu uns um auf eine separate Nummer. So verlieren wir keine Kunden, weil sie „uns“ nicht mehr erreichen.
- Provisionsweitergabe: Bis Geld nach der Bestandsübertragung bei uns ankommt, dauert es sechs bis zwölf Monate. In der Zeit muss der Verkäufer monatlich eine Abrechnung erstellen. Wir geben ihm dafür Vorlagen an die Hand und überprüfen die Daten mit ihm.
- Import Kundendaten: Wir importieren nur aktuelle GDV- oder CSV-Daten, die wir von den Gesellschaften erhalten, in unser System – also KEINE Excel-Datei aus dem Maklerverwaltungsprogramm (MVP) des Verkäufers. Wir unterstützen den Verkäufer lieber beim Besorgen aktueller GDV-Daten – weil es uns nützt. Halten Sie das MVP möglichst sauber und aktuell – das erhöht dann später auch den Wert der eigenen Firma.
To-Do-Liste nach dem Kauf einer GmbH
Sobald Sie überlegen, anstelle des „einfachen Bestandskaufs“ die ganze Firma eines Verkäufers zu übernehmen, sind die Aufgaben nach Unterschrift unter dem Kaufvertrag gänzlich andere. Hier kurz eine Zusammenstellung am Beispiel eines GmbH-Kaufs, worauf zu achten ist.
1. Formalitäten:
- Handelsregistereintragung prüfen: Sind Gesellschafter, Geschäftsführer, Adresse, Tätigkeit korrekt eingetragen? Bei uns gab es einmal die Situation, dass noch eine Prokura an einen bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter im Handelsregister eingetragen war. Daher empfiehlt es sich, immer VOR dem Notarvertrag den Handelsregisterauszug genau anzuschauen. Wir haben das versäumt und mussten dann ein zweites Mal zum Notar, um die Prokura zu entfernen – ärgerlich, da zusätzlich Zeit und Geld.
- IHK-Registrierung: Wechselt der Geschäftsführer, der die Erlaubnis hatte (was ja meist der Fall ist), müssen bei der IHK wieder alle Unterlagen für die Erlaubnis 34d (oder weitere) eingereicht werden – also von Sachkundenachweis bis Führungszeugnis. Eine Checkliste hierzu gibt es bei der IHK. Wichtig: Alle Unterlagen sollten im Original vorliegen und nicht älter als drei Monate sein.
- Gewerbeummeldung: Die Mitteilung des neuen Geschäftsführers mit Handelsregister-Auszug per Mail an das Gewerbeamt genügt hierfür.
- Webseiten, Briefpapier, Signaturen, Impressum, Datenschutzerklärung, Erstinformation, Maklermandat & Maklervollmacht: Wichtig – überall aktualisieren und anpassen. Manchmal vergisst man da schnell die eine oder andere Änderung.
2. Bankkonten:
Wenn möglich, empfiehlt sich der persönliche Besuch mit dem Verkäufer bei der jeweiligen Bank. Personalausweis und Handelsregister-Auszug sowie alle wirtschaftlich Berechtigten sind vorher der Bank mitzuteilen, dann geht der Termin schneller. Persönlich ist besser, weil es dann auch ‚reibungslos‘ funktioniert. Bei der Volksbank haben wir bisher zum Beispiel sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Deutsche Bank hingegen war eher eine Katastrophe. Hier hat es fünf bis sechs Wochen gedauert, ehe ich Kontozugriff hatte. Empfehlung: die Kontovollmacht/den Online-Zugang des Verkäufers erst sperren, wenn Sie selbst Zugang haben. Das setzt natürlich ein gewisses Vertrauen voraus.
3. Mitteilung an Gesellschaften/ Pools:
Ziemlich nervig bei vielen Direktanbindungen ist es, alle Gesellschaften über den Wechsel der Gesellschafter und Geschäftsführer zu unterrichten. Die Courtagezusagen bleiben bestehen, die Gesellschaften wollen aber mindestens den Ausweis des Geschäftsführers und Handelsregister-Auszug. Viele kommen dann mit Zusatzunterlagen bzw. wollen eine Bürgschaft. Das vermeiden wir, indem wir über die Direktanbindungen keine vordiskontierten Provisionen mehr auszahlen lassen. Der Verkäufer wird aber auch aus der Bürgschaft raus wollen, was zu beachten ist.
4. Bestehende Verträge:
Mietvertrag, VSH, Arbeitsverträge, Strom, Dienstleister, Pools, Leasing, Datenmüll, Steuerberater etc.: grundsätzlich empfiehlt es sich, zur Übergabe eine Liste aller Verträge, die die Firma hat, zu erstellen und zu überprüfen. Meistens finden wir hier Einsparpotenzial (Strom, VSH, Dienstleister) oder vereinheitlichen die Verträge/Dienstleister (Arbeitsvertrag/Steuerberater).
5. Aufbewahrungspflichtige Unterlagen:
Meint prinzipiell das Wichtigste, was wir tatsächlich in Papier- und Ordnerform aufbewahren. Die Buchhaltungsunterlagen der letzten 10 Jahre müssen bei Übergabe der Firma mit übergeben werden (oder sie liegen gerade wegen einer Prüfung beim Steuerberater).
6. Login und Benutzerdaten
Im Idealfall hat der Verkäufer eine gepflegte Liste mit allen Login-Daten, die für die Führung des Unternehmens wichtig sind: Gesellschafts-Login, Easy-Login, Pools, Webseiten-Login (bei Baukasten), Login für Domain und Mailserver, Bewertungsportale, FacebookFanpage (Admin übernehmen), MVP. Übergabe der Tokens für beispielsweise Easy-Login oder VHV nicht vergessen!
Bisher passierte es uns tatsächlich einmal, dass bei der Übergabe so gut wie keine Login-Daten mehr vorhanden waren, da eine vorherige Mitarbeiterin bei Entlassung alles gelöscht hat. Das ist natürlich ein Desaster und macht viel Arbeit.
7. Maklerverwaltungsprogramm (MVP)
In den seltensten Fällen hat der Verkäufer das gleiche MVP genutzt wie wir. Daher ist die Übertragung der Kundendaten (mitsamt aller Dokumente) eine Herausforderung. Direkt nach Übernahme spiegeln wir den Server des Verkäufers auf unsere Server als Sicherheit. In der Übergangszeit (circa sechs bis zwölf Monate) werden die Mitarbeiter, die den Bestand betreuen, mit zwei Verwaltungsprogrammen arbeiten (müssen). Wir übertragen in unser MVP grundsätzlich nicht den Download aus dem „alten MVP“, sondern fordern bei den Gesellschaften aktuelle GDV/CSV-Daten an. So vermeiden wir das Einspielen von Karteileichen und unnötigen Daten.
8. Kundenbetreuung/ Kundenanschreiben
Never change a running system – wir übernehmen gerne die Mitarbeiter und erhalten die gewohnte Betreuung. Zusätzlich erweitern wir die Erreichbarkeit auf unsere normalen Bürozeiten von 8 bis 20 Uhr. Natürlich informieren wir alle Kunden über den Wechsel in der Geschäftsführerschaft und kommunizieren, wer wir sind. In dem Schreiben informieren wir dann auch über die Übertagung zu unserem Pool (falls wir den Bestand dorthin übertragen). Gibt es keine Mitarbeiter, kümmern sich bestehende Innen-/ Außendienstmitarbeiter um den Bestand. Wichtig ist hier die feste Zuweisung der Verantwortlichkeit (und Bonifikation) für die Betreuung des Bestands.
Die ganze Firma zu kaufen ist auf den ersten Blick vielleicht die einfachere Variante, da nicht die ganzen Bestandsübertragungen anstehen. Der Aufwand ist allerdings nicht zu unterschätzen und letztlich ist die Frage zu klären: Was will ich zukünftig mit der Gesellschaft? Liquidation oder Weiterentwicklung? Einfach neben der eigenen Firma als Tochter unverändert weiter existieren lassen? Letztes halte ich nur in Ausnahmefällen für sinnvoll, da doppelt Buchhaltung, Steuerberater, VSH, etc. anfällt.
Die Punkte sind natürlich nicht abschließend, aber immerhin ein Anhalt, was nach der Unterschrift beim Firmenkauf anfällt.