Auch fürs lebenslange Wohnen müssen die Leibrentnerinnen und Leibrentner aufkommen, wenngleich formell keineswegs durch monatliche Zahlung einer Miete. Denn zwar wird ein mietfreies Wohnrecht auf Lebenszeit im Grundbuch festgeschrieben. Zugleich aber wird das lebenslange Wohnrecht über einen auch als „Wohnwert“ bezeichneten Betrag durch die Leibrentnerinnen und Leibrentner entgolten und wirkt sich negativ auf die Höhe der monatlichen Renten aus. Leibrentnerinnen und Leibrentner zahlen also dafür, lebenslang in der Immobilie wohnen zu bleiben.
Wie hierbei gerechnet wird, veranschaulicht eine Broschüre des größten Anbieters Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG:
Ausschlaggebend für die Berechnung der Leibrente ist zum einen der Verkehrswert der Immobilie als zugrunde liegender Kaufpreis. Der Wert wird, wie gemeinhin auch sonst üblich, durch professionelle Gutachter ermittelt. Das Gutachten bestellt und bezahlt in der Regel der Käufer der Immobilie. Ausschlaggebend für die Berechnung der Rentenhöhe ist außerdem die Restlebenserwartung der Rentenbezieher. Die Restlebenserwartung ist zum einen maßgebend, um den Gesamtwert der Immobilie in monatliche Rentenleistungen umzurechnen. Die Berechnung der Renten orientiert sich hierbei an geschlechtsspezifischen Sterbetafeln, wie sie entweder durch das Statistische Bundesamt (Destatis) erstellt werden oder wie sie durch private Rentenversicherer unter Berufung auf Zahlen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) genutzt werden. Bei Ehepaaren als Bezieher einer gemeinsamen Leibrente greift in der Regel die Lebenserwartung der Partnerin oder des Partners mit der höchsten Lebenserwartung – zum Nachteil des Paares. Denn grundlegend gilt: Je kürzer die Lebenserwartung gemäß Sterbetafel, desto höher fällt die Leibrente aus.
Weil die Leibrente lebenslang garantiert wird, die Berechnung sich jedoch auf statistische Durchschnittsdaten bezieht, bezeichnet das Portal biallo.de das Geschäft auch als „Wette auf den Tod“. Denn wer besonders lang lebt und demnach besonders lang die Rente bezieht, der macht ein günstiges Geschäft. Nachteilig hingegen – nicht nur allgemein mit Blick auf die Lebensdauer, sondern auch mit Blick auf das Leibrenten-Geschäft – ist ein früher Tod: Wer zeitig nach Abschluss des Vertrags stirbt, hat in der Regel draufgezahlt. Bei Ehepaaren als Leibrenten-Bezieher wird die Leibrente freilich bis zum Tode der oder des Letztverstorbenen gewährt. Solche Details aber hängen stets auch von der Vertragsgestaltung ab und können demnach variieren.
Auch bieten Anbieter wie die Leibrenten Grundbesitz AG immerhin einen Mindestschutz für Hinterbliebene an: Im Falle eines frühen Tods der Leibrentner werden über einen Zeitraum von fünf Jahren oder auf Wunsch auch länger monatliche Renten an die Erben oder andere Begünstigte weitergezahlt. Hingegen kann die Chance auf Langlebigkeit und damit auf einen langen Rentenbezug mitunter auch kosten: Manche Anbieter verlangen eine gesonderte Gebühr zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos, die zu Lasten der Renten gehen kann. Zumindest für die Modellrechnung von Deutschlands größtem Anbieter spielen solche Zusatzkosten aber keine Rolle. Demnach kann ein 75-jähriger und alleinstehender Mann, der eine Immobilie mit Verkehrswert 250.000 Euro besitzt, laut Info-Broschüre eine Rente im Gesamtwert von 1.900 Euro pro Monat lebenslang erwarten. Jedoch: Diesen Wert bekommt er nicht ausgezahlt.
Denn die Sterbetafeln sind auch ausschlaggebend, um den Wohnwe r t zu e rmi t teln: Zunächst wird ein monatlicher „Wohnwert“ bestimmt, dann für die Zeit der erwarteten Lebensdauer summiert und zu Lasten der Leibrentnerinnen und Leibrentner vom Verkaufswert der Immobilie abgezogen. Erst der reduzierte Wert dient dann als Grundlage für die ausgezahlte Rente. Dem Mann aus der Musterrechnung werden 800 Euro berechnet, so dass dieses Wohnen keineswegs wirklich als „mietfrei“ beschrieben werden kann. Ausgezahlt also bekommt dieser Leibrentner monatlich 1.900 Euro (Gesamtwert) minus 800 Euro (Wohnwert) = 1.100 Euro Leibrente auf Lebenszeit für den Verkauf seiner Immobilie.
Auf diesen Betrag fallen auch Steuern an – müssen die Leibrentner die erhaltene Leibrente doch mit dem Ertragsanteil versteuern. Dieser Ertragsanteil hängt vom Alter des Empfängers ab. Die Prozentsätze sind festgeschrieben in der maßgebenden Tabelle von Paragraph 22 Einkommensteuergesetz (EStG) – so beträgt zum Beispiel der Ertragsanteil für einen 75-Jährigen 11 Prozent.