Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert angesichts zunehmender Dürreperioden mehr staatliche Unterstützung für deutsche Bauern. Denn die Landwirtschaftliche Mehrgefahrenversicherung ist wegen der hohen Prämien kaum verbreitet.
Durch Frost, Starkregen und Trockenheit drohen den deutschen Landwirten das dritte Jahr in Folge erhebliche Ernteeinbußen. Die Landwirte müssen sich auf Milliardenschäden einstellen. Dennoch ist kaum ein Bauer privat gegen Dürreschäden abgesichert: auch deshalb, weil so ein Schutz exorbitant teuer wäre. Aktuell sind laut GDV etwa 0,02 Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche in Deutschland gegen Dürre versichert. Zum Vergleich: Gegen Hagel haben sich zwei Drittel der Landwirte eine private Versicherung abgeschlossen, gegen Sturm, Starkregen und Frost immer noch ein Drittel. Nur eben Dürrerisiken sind bei deutschen Bauern ein blinder Fleck.
Doch das liegt nicht allein an der Versicherungsmüdigkeit der Bauern. Während Hagel- und Sturmrisiken oft regional begrenzt auftreten, handle es sich bei Dürreschäden um ein sogenanntes Kumulrisiko. Das bedeutet: Schadenfälle erfassen oft ganze Landstriche, treten an vielen Stellen gleichzeitig auf, erfassen sogar die ganze Bundesrepublik - wie eben bei der neuerlichen Dürreperiode.
Damit werden Dürre-Versicherungen, die den tatsächlichen Ernteausfall in Beziehung zum erwarteten Ertrag abbilden, extrem teuer - so teuer, dass sie sich die Mehrheit der Landwirte schlicht nicht leisten kann, obwohl sie sinnvoll wäre. Auch werde 19 Prozent Versicherungssteuer auf die Policen fällig, während die Hagelversicherung bei der Steuerlast günstiger wegkomme. „Um Dürreschäden abdecken zu können, sind die Prämien und Selbstbehalte für den Versicherungsschutz entsprechend hoch und für Landwirte preislich kaum erschwinglich“, erklärt Jörg Asmussen, Mitglied der Geschäftsführung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Im vergangenen Jahr war deshalb Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) vorgeprescht und hatte eine Bundesratsinitiative für eine staatlich subventionierte Dürreversicherung angeschoben. „Um eine solche Maßnahme in der Breite zu finanzieren, ist vom Bund eine finanzielle Beteiligung erforderlich“, sagte Kaniber im Februar 2020. Zudem haben die Koalitionspartner CDU, CSU und SPD bereits bekräftigt, dass sie künftig die Versicherungssteuer für das Risiko „Dürre“ von 19 auf 0,03 Prozent senken wollen. Hierfür müssen Dürreschäden in den Katalog der wetterbedingten Extremwetterereignisse im Versicherungssteuergesetz (VersStG) aufgenommen werden.
Andere EU-Staaten übernehmen bis zu 70 Prozent der Prämie
Aber zumindest bei der Beteiligung an der Finanzierung einer Mehrgefahrenversicherung lehnt der Bund bisher ab. Anfang Mai habe Kaniber einen Brief an die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Glöckner (CDU) geschrieben und sie gebeten, das Nein der Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung der Dürreversicherung zu überdenken.
Nun erhöht der Versichererverband GDV den Druck und fordert Hilfe für die Bauern. „Bei einer entsprechenden staatlichen Unterstützung wären die Versicherer in der Lage, auch eine erhöhte Nachfrage an Mehrgefahrenversicherungen zu bedienen“, sagte Asmussen. Den Versicherern ginge die angedachte Senkung der Versicherungssteuer nicht weit genug.
Bei einem Musterbetrieb mit 50 Hektar würde der Beitrag lediglich von 4.300 Euro auf 4.000 Euro im Jahr gesenkt werden, rechnet der GDV vor. Doch die schmale Ersparnis reiche bei weitem nicht aus, um die Mehrgefahrenversicherung für Landwirte attraktiv zu machen.
Deshalb fordert der Lobby-Verband die Bundesregierung auf, die Absicherung von Dürreschäden stärker zu unterstützen. Dies sei in anderen EU-Staaten bereits deutlich besser etabliert. So würden Frankreich, Italien, Spanien, Polen oder die Niederlande die Prämien mit bis zu 70 Prozent bezuschussen.
Der GDV rechnet in einer weiteren Musterrechnung mit einem Zuschuss von 50 Prozent. Dadurch müsste der Betrieb mit 50 Hektar Fläche etwa 2.000 Euro pro Jahr weniger für eine Mehrgefahrenversicherung bezahlen. Überdies seien die Landwirte dann künftig nicht mehr auf Ad-hoc-Hilfen der Politik angewiesen, argumentiert der Verband. Ferner könne dies ein großer Schritt für die Planungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe im Europäischen Binnenmarkt sein.