Nach dem Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard rückt ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages näher. Das nimmt nun der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW zum Anlass, die Kritik an der Übertragung der Aufsicht über unabhängige Finanzanlagenvermittler in Richtung BaFin zu erneuern.
Am 18. Juni musste Wirecard einräumen, dass er 1,9 Milliarden Euro an Anleger-Geldern verschwunden sind: Geld, das im Konzernabschluss noch genannt wurde, aber für das es keine Prüfnachweise gibt. Mittlerweile lautet der Vorwurf auf Bilanzbetrug. Die Ausmaße des Skandals sind wohl noch größer. Denn das Unternehmen hat laut Insolvenzbericht 3,2 Milliarden Euro Schulden. Aber nur 26 Millionen Euro frei verfügbare Mittel.
Inzwischen steht auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in der öffentlichen Kritik und selbst BaFin-Präsident Felix Hufeld hatte in einem Interview Versäumnisse einräumen müssen. Zudem übte der Oberaufseher scharfe Kritik an seiner Behörde. "Das ist ein komplettes Desaster, das wir da sehen, und es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist", sagte Deutschlands Chefaufseher. "Wir befinden uns mitten in der entsetzlichsten Situation, in der ich jemals einen Dax-Konzern gesehen habe.“ Seine wichtigste Botschaft: "Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert“. Nun müsse die BaFin eigene Versäumnisse aufarbeiten.
Wenn es schon bei der jetzigen Finanzaufsicht hapere, könne die BaFin die zusätzliche Aufsicht über die vielen Finanzanlagenvermittler gleich gar nicht stemmen, argumentierte der Vermittlerverband AfW vor Wochen. Denn die Aufsicht über 37.000 Finanzanlagenvermittler soll von den Industrie- und Handelskammern auf die BaFin übertragen werden, um eine einheitliche Aufsicht zu garantieren. Doch ist die BaFin der Aufgabe überhaupt gewachsen? Aus Sicht des Vermittlerverbandes nicht.
Nach AfD, FDP und Linkspartei haben sich nun auch die Grünen für einen Untersuchungsausschuss zum Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard ausgesprochen. Damit sollte der Auswertung des Falles auf höchster Ebene nichts im Wege stehen. Diesen Tatbestand sieht der AfW als Anlass, seine Kritik zur Übertragung der Aufsicht zu erneuern. „Es kann der BaFin doch nicht die Aufsicht über 37.000 mittelständische Gewerbetreibende übertragen werden, während sich gleichzeitig ein Untersuchungsausschuss mit dem multiplen Behördenversagen beschäftigt.“ so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.
In der aktuellen Konstellation sei es schlicht "nicht vermittelbar", die Pläne für eine Übertragung der Aufsicht über die unabhängigen Finanzanlagenvermittler auf die BaFin weiter voranzutreiben. „Der Koalitionsvertrag sprach in diesem Zusammenhang von der ‚Herstellung einer qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht‘. Diese scheint hier bei der BaFin gerade in weiter Ferne.“