Britische und US-amerikanische Versicherungsexperten warnten kürzlich vor einem Anstieg des Betrugs durch Insider als Folge von COVID-19. Die Besorgnis ist angebracht, findet Dennis Toomey, Global Director, Counter Fraud Analytics and Insurance Solutions. Im Gastbeitrag erläutert er, warum sich die Branche selbst im Weg steht.
Versicherungsbetrug war bereits eine zunehmende Herausforderung, lange bevor die Pandemie ausbrach. Sie reicht von falschen Ansprüchen legitimer Kunden bis hin zu ausgeklügelten telemedizinischen Systemen.
Jahr für Jahr verzeichnen wir Millionen von Fällen von Datenmissbrauch bei denen die persönlichen Daten von Verbrauchern zur Vorbereitung von weiteren Betrügereien genutzt werden. Die Betrüger setzen dabei Anonymisierungswerkzeuge ein, um im Verborgenen zu bleiben, und Kryptogeld, um Gelder zu waschen. Es handelt sich hier um eine hochentwickelte, gut finanzierte und schnell wachsende Schattenwirtschaft.
Versicherungsbetrug: COVID-19 als Brandbeschleuniger
Die COVID-19-Pandemie hat jedoch zweifellos das Potenzial, die Dinge noch viel schlimmer zu machen. Rezessionszeiten führen oft zu einer Zunahme von Betrug, da die Menschen finanziellen Härten ausgesetzt sind. Dies könnte zu einem Anstieg betrügerischer Forderungen und sogar zu böswilligen Insider-Praktiken führen. Es gibt jedoch auch spezifischere COVID-19-bezogene Treiber.
Nehmen wir die Telemedizin, die als Folge der Pandemie zu einer wichtigen Wachstumsbranche geworden ist, die von skrupellosen Gesundheitsdienstleistern, Telemedizinunternehmen und anderen Interessengruppen für Betrug genutzt werden kann. Die Kosten in Höhe von schätzungsweise 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr, die dem Gesundheitswesen in den USA durch Betrug zusätzlich entstehen, könnten dadurch weiter steigen. Lockdowns und Maßnahmen sozialer Distanzierung haben die Möglichkeiten der Ermittler zusätzlich eingeschränkt, um Beweise zu sammeln und Antragsteller persönlich zu befragen.
Silos aufbrechen
Als Reaktion darauf können die Versicherer auf eine Reihe neuer Technologien zurückgreifen, die ihnen helfen, um Beweise effektiver zu sammeln und Betrug zu erkennen. Dazu gehören:
- Stimmanalyse und Biometrie zur Aufdeckung von Betrug durch Telefoninterviews mit Versicherten oder Antragstellern
- Geodatenkartierung, Satellitenbilder und Analysen zur Unterstützung von Ferndiagnosen und der Beweissammlung
- Dokumenten- und Bildanalyse zur Identifizierung potenziell betrügerischer Fotos und veränderter oder gefälschter Rechnungen
- Automatisiertes Social Media- und OSINT-Mining zur Aufdeckung verborgener Beziehungen und Verbindungen
Obwohl Technologie wichtig ist, kann der Einsatz von punktuellen Lösungen ohne eine gemeinsame Strategie nur zu begrenzten, isolierten Erfolgen führen. Die Versicherer müssen vielmehr Silos aufbrechen, wo immer diese auch sein mögen. Die Silos könnten aufgrund von Barrieren zwischen internen Teams oder Geschäftseinheiten entstanden sein, die in verschiedenen Regionen tätig sind. Oder liegen auf Branchenebene zwischen den jeweiligen Unternehmen.
Es gibt keine einfache Antwort auf diese Herausforderung, aber der Einsatz homomorpher Verschlüsselung könnte eine sicherere branchenübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen. Eine andere Idee, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind Fusionszentren, in denen die Experten aus den Bereichen Betrug, Cybersicherheit, Bedrohungsaufklärung, Risiko und anderen Bereichen zusammenarbeiten, um Erkenntnisse auszutauschen und einen proaktiveren Ansatz zur Bekämpfung des Betrugsrisikos voranzutreiben.
Was auch immer geschieht, Versicherungsbetrug wird die aktuelle Pandemie lange überleben. Da die Bedrohung der Branche durch Versicherungsbetrug massiv zugenommen hat, muss die Branche schnell mit geeigneten Maßnahmen reagieren.