Wenn eine Betriebsrente in Form einer Betriebsvereinbarung zustande kam, können die Arbeitnehmer Berechnungsfehler auch nach vielen Jahren noch angreifen. Denn derartige Fehlrechnungen unterliegen ausdrücklich nicht dem Grundsatz der Verwirkung, so hat aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden - und damit die Urteile der Vorinstanzen korrigiert. Ein Mann konnte im verhandelten Rechtsstreit eine Korrektur seiner Rente bewirken: Obwohl er bereits 13 Jahre im Ruhestand war.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Urteil vom 13.10.2020 die Rechte von Betriebsrentnern gestärkt. Wurde eine Betriebsrente in Form einer Betriebsvereinbarung abgeschlossen -stark vereinfacht ein Vertrag zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber-, so können fehlerhafte Berechnungen auch nach Jahrzehnten noch angefochten werden. Denn derartige Ansprüche verjähren nicht, wie die Erfurter Juristen hervorhoben (Az.: 3 AZR 246/20).
“Rechenfehler“: 1988, Korrektur der Rente: 2020?
Kläger im Rechtsstreit war ein Mann, von 1955 bis 2003 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist. In einer 1979 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung war geregelt, dass jedes Dienstjahr mit 0,4 Prozent des Arbeitseinkommens für die Betriebsrente bewertet werde. Doch zum 1.1. 1988 wurde diese Vereinbarung korrigiert. Von nun an sollten nur noch 0,2 Prozent des Einkommens berücksichtigt werden.
Im Jahr 2004 wechselte der Mann schließlich in den Ruhestand: Und erhielt circa 1.600 Euro an Betriebsrente. Diese sollte in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Ab 2016 aber konnte der Senior kein Rentenplus mehr auf seinem Konto feststellen, weshalb er sich schließlich zur Klage entschloss. Er war der Meinung, dass die Berechnung der Ausgangsrente fehlerhaft gewesen sei, denn der Arbeitgeber habe nicht begründen können, weshalb er die Steigerungsbeträge im Jahr 1988 von 0,4 Prozent auf 0,2 Prozent gekürzt habe. Der Arbeitgeber hatte die Kürzungen mit der damals schwierigen wirtschaftlichen Lage der Firma begründet.
Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen verjähren nicht
Im verhandelten Fall wurde nun noch nicht entschieden, ob das Unternehmen tatsächlich zu Recht die Bezüge des Ruheständlers gekürzt hat. Stattdessen ging es um die Frage, ob der Mann tatsächlich nach so einer langen Zeit noch fordern kann, dass die Einschnitte überprüft werden. Denn der Arbeitgeber hatte sich darauf berufen, die Ansprüche seien ohnehin längst verjährt: Schließlich hätte der Kläger bereits 13 Jahre lang seine Betriebsrente erhalten. Nun könne er nicht mehr verlangen, sie nachträglich anzupassen.
Doch die Bundesrichter stellten im Revisionsverfahren klar, dass Rechenfehler aus Betriebsvereinbarungen nicht verjähren. Und kippten damit die Urteile der Vorinstanzen, die dem Arbeitgeber noch ganz oder teilweise recht gaben. Das Bundesgericht hob hervor, dass der Anspruch des Rentners auf Berechnung seiner Ausgangsrente nicht dem Grundsatz der Verwirkung unterworfen ist. Ein Recht, dass aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeräumt werde, sei laut § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG dem Grundsatz der Verwirkung entzogen.
Der Mann kann also verlangen, dass nun überprüft wird, ob die Rentenkürzung tatsächlich unwirksam ist - weil nicht sachlich begründet. Der Fall wurde an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.