Das Oberlandesgericht Hamm machte deutlich, dass der Vertreter kein Recht auf vorbereitende Auskunft habe: Die Berufung des KIägers gegen das am 17.5.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Essen, das ebenfalls im Sinne des Versicherers entschied, wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Auskunftsansprüche weder aus Paragraphen des Handelsgesetzbuches (§§ 92 Abs. 2, 87 c Abs. 2, 3 HGB) noch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 242 BGB) zu.
Bestandsübertragung rechtens - kein Auskunftsanspruch
Die Richter argumentierten hierbei, dass die Bestandsübertragung rechtens gewesen sei - und deshalb der Vertreter keinen Anspruch auf Provisionen oder Schadensersatz auf die verlorenen Bestände habe. Dies gehe aus den Formulierungen in der Klausel des Agenturvertrages zwischen Versicherer und Vertreter hervor, wobei die Klausel als wirksam bestätigt wurde.
So habe das Autohaus als Versicherungsvertreter eine Bestandsübertragung ausdrücklich gewünscht und bei Nichterfüllung seien die Bestände gefährdet gewesen. Damit scheiden auch Auskunftsansprüche aus, die lediglich der Vorbereitung dienen, um Ansprüche aus Provisionen bzw. Schadensersatz durchzusetzen.
Klare, angemessene Vertragsklausel
"Zwar ergebe sich aus dem Vertretervertrag die grundsätzliche Verpflichtung des Versicherers, auf das Provisionsinteresse des Vertreters Rücksicht zu nehmen und den von ihm aufgebauten oder ihm übertragenen Bestand zu erhalten", schreibt Fachanwältin John zu dem Urteil. "Auf der anderen Seite seien auch die Interessen des Versicherungsunternehmens an einer Bestandsübertragung zu berücksichtigen."
Die Wirksamkeit der Klausel ergebe sich daraus, dass es sich um eine klare Klausel handle, die beiderseitige Interessen angemessen berücksichtige: da sie die Bestandsübertragung auf von "engen, konkret gefassten sachlichen Voraussetzungen" abhängig mache.
Für die Frage, ob der Bestand tatsächlich gefährdet ist, komme es entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die objektive Sachlage an, so hob das Gericht hervor: also, zu welchem Zeitpunkt der Kunde den Wunsch auf Übertragung geäußert habe. Sondern auf diejenige Sachlage, die sich einem Versicherer nach sorgfältiger Prüfung der ihm zugänglichen Fakten mit Blick auf eine etwaige Kündigung der Verträge (Umdeckung) darstelle. Dabei könne der Versicherer auf eigene Prognosen zurückgreifen, die auf seiner darauf gründenden, (versicherungs-)käufmännischen Erfahrung beruhen.
"Urteil lässt Bemühen um Ausgleich vermissen"
Auch wenn das Urteil hervorhebe, dass der Kundenwunsch bei der Vorlage einer Maklervollmacht bzw. Maklervertrages zu berücksichtigen sei, bewertet es Fachanwältin John auch kritisch. Denn es lasse den Umstand vermissen, dass ein Versicherer auf das Provisionsinteresse eines Vermittlers Rücksicht nehmen soll und bei einer entsprechenden Bestandsübertragung einen einvernehmlichen Ausgleich im Rahmen seiner Treuepflicht schaffe, kommentiert John.
Ein Ausgleich könne etwa dadurch erfolgen, dass der neue Makler einen Ausgleich für die verlorenen Verträge an den "alten" Vertreter zahle. "Die im Agenturvertrag vereinbarte Klausel stellt nach unserem Dafürhalten für den Vertreter eine unangemessene Benachteiligung dar", kommentiert die Fachanwältin, die als Referatsleiterin beim BVK tätig ist.