Kann die öffentliche Haushaltslage eine Nettolimitierung beim Ruhegeld rechtfertigen? Diese Frage klärte das Bundesarbeitsgericht (3 AZR 410/19).
Ein Mann war im öffentlichen Dienst, nämlich bei einer Handelskammer, angestellt und erhielt nach Renteneintritt eine betriebliche Altersversorgung (bAV) in Form einer Gesamtzusage. Diese wurde 1995 überarbeitet und für Neueintritte geschlossen (VO I). Die Zusage umfasste nun eine Gesamtversorgung i.H.v. max. 75 Prozent des zuletzt bezogenen Bruttogehalts unter Anrechnung der gesetzlichen Rente. Im Versorgungsfall wurde der Gesamtversorgungsbetrag jeweils entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter aufgrund einer betrieblichen Übung angepasst.
Seit 1991 lag - bei einer Bruttoversorgung von 75 v.H. bezogen auf einen Durchschnittsverdienst - eine sog. Überversorgung i.H.v. 107,4 v.H. vor, in den Jahren 1995 und 2015 i.H.v. 113,1 v.H. Um die planmäßige Überversorgung abzubauen, schloss die ehemalige Arbeitgeberin 2017 mit ihrem Personalrat eine Dienstvereinbarung (DV 2017). Für die Betriebsrentner bedeutete das eine sogenannte Nettolimitierung. Um eine Reduzierung des bisher gezahlten Ruhegeldes zu vermeiden, ist ein Ausgleichsbetrag vorgesehen. Gleichzeitig wurde die Regelung über die Anpassung der laufenden Ruhegelder dahin geändert, dass keine Anpassung der Gesamtversorgung an die Tarifentwicklung mehr erfolgt, sondern nur noch des gezahlten Ruhegeldes. Die Rentensteigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung werden nicht mehr angerechnet. Der Ausgleichsbetrag, der an der Tarifsteigerung ebenfalls nicht teilhat, wird über einen Zeitraum von in der Regel 10 Jahren abgeschmolzen.
Für den Kläger bedeutet dies, dass sich das zuletzt gezahlte Ruhegeld tatsächlich nicht vermindert hat, ihm allerdings im Vergleich zur Rechtslage nach der VO I 1995 ab dem 1. April 2017 Steigerungen seines Ruhegeldes entgangen sind.
Anpassungsregelung wirksam?
Der Kläger begehrte mit seiner Klage ein Altersruhegeld nach den bisherigen Regelungen der VO I 1995. Die Ablösung der VO I 1995 und der Anpassungsregelung durch die DV 2017 sei ihm gegenüber nicht wirksam erfolgt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt.
Die Revision der Beklagten hatte schließlich vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die DV 2017, die die Beklagte gegenüber dem Kläger als Ruhegeldempfänger auch bei einer ggf. vorliegenden Teilunwirksamkeit wegen Überschreitung der Regelungsmacht der Dienstvereinbarungsparteien umsetzen konnte, war geeignet, die VO I 1995 und die auf betrieblicher Übung beruhende Anpassungsregelung abzulösen, so die Richter. Die damit verbundenen Eingriffe hielten einer rechtlichen Überprüfung stand. Sie konnten auf das gesetzliche Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung des öffentlichen Dienstes bzw. die Ablösungsoffenheit der Versorgungsregelungen unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gestützt werden. Sowohl die Einführung der sog. Nettolimitierung zum Abbau einer planmäßigen Überversorgung als auch die Änderung der Anpassungsregelung waren ausreichend sachlich gerechtfertigt, befand das Bundesarbeitsgericht.