Das Institut der Wirtschaft Köln (IW) warnt aktuell vor den steigenden Kosten, die Bund und Länder für Pensionen aufwenden müssen. Schon heute entspreche der Barwert der Pensionszusagen 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes von Bund und Ländern, so rechnet das arbeitgebernahe ThinkThank vor: Tendenz stark steigend. Damit werde es für die öffentlichen Haushalte immer schwieriger, in Infrastruktur und andere Projekte zu investieren.
“Pensionszusagen setzen öffentlichen Haushalten zu“: So ist ein aktueller Kurzbericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) überschrieben. Und tatsächlich sind die Zahlen, die das arbeitgebernahe ThinkThank präsentiert, beachtlich. Schon bald könnten die Ausgaben für Pensionen dazu führen, dass Bund und Länder künftig wichtige andere Aufgaben nicht mehr finanzieren kann, warnt das Wirtschaftsinstitut: unter anderem Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur.
Pensionszusagen des Bundes: Zusagen für Zukunft müssen finanziert werden
Die Ausgangssituation: Viele Beamte werden sich in den kommenden Jahren in den Ruhestand verabschieden, da sie der sogenannten Babyboomer-Generation angehören. Zudem hatte es in den 70er und 80er Jahren große Wellen von Verbeamtungen in den alten Bundesländern gegeben. Das lässt auch die Pensionspflichten der öffentlichen Haushalte explodieren. Zu den Pensionslasten gesellen sich die Kosten für Beihilfen zur Krankenversicherung.
Die kommenden Ausgabenzwänge für Pensionen seien bisher in den Finanzplanungen von Bund und Ländern nur unzureichend berücksichtigt worden, argumentiert das IW, und spricht von „impliziten Schulden“. Denn die Pensionen sind den Staatsdienern gesetzlich zugesichert: der Staat geht bereits heute gegenüber seinen aktiven Beamten eine Schuld ein, indem er ihnen Pensionszusagen für die Zukunft gibt. Spätere Ansprüche müssen mit Rückstellungen unterfüttert werden.
Welche Schuldenlast den öffentlichen Haushalten durch die künftigen Pensionszwänge droht, wird aber noch gar nicht in vollem Umfang sichtbar, argumentiert das IW. Denn solange diese Zusagen nicht ausgezahlt werden, müssen sie auch nicht bei den Maastricht-Kriterien erfasst werden: Diese besagen stark vereinfacht, dass der staatliche Schuldenstand der EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Erst beim Eintritt in den Ruhestand wird die monatliche Zahlung an die Beamten fällig: und muss dann finanziert werden. In Zweifel über höhere Schulden zulasten des Steuerzahlers.
Bartwert der Pensionszusagen: plus 88 Prozent in zehn Jahren
Wie hoch die staatlichen Pflichten gegenüber Beamten schon heute sind, rechnet das Institut für Wirtschaft am Beispiel aktueller Werte vor. Der Barwert der Pensionszusagen –der aktuelle Wert künftiger Zahlungsverpflichtungen- erreiche demnach enorm hohe Summen, die künftig deutlich steigen werden, warnen die Rheinstädter Ökonomen:
- Einschließlich Beihilfen beläuft sich beim Bund der Barwert der Pensionszusagen zum Stichtag 31. Dezember 2019 auf rund 809 Milliarden Euro (laut Bundesfinanzministerium),
- Bei den Bundesländern auf weitere geschätzt 1.230 Milliarden Euro, also rund 1,2 Billionen Euro. Da seien die Pensionszusagen der Kommunen noch gar nicht mit eingerechnet.
Allein die Pensionslasten des Bundes bedeuten je Einwohner einen Betrag von 10.000 Euro, schreibt das IW. Innerhalb von nur zehn Jahren sei der Wert um 88 Prozent gestiegen. Die Pensionszusagen der Länder sind teils noch höher, weil sie Lehrer und Polizisten einschließen: die größten Beamtengruppen. In Berlin und Hamburg beziffert sich der Betrag laut Bericht auf 20.000 Euro je Einwohner. In den ostdeutschen Bundesländern liegen sie hingegen bei maximal 10.000 Euro, weil die Pensionszusagen erst nach der Wende wirksam wurden.
Weitere Daten zeigen die Höhe der Pensionspflichten. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Bundeslandes liegen die Barwerte der Pensionszusagen im Jahr 2019 zwischen 20 und knapp 50 Prozent, berichtet das IW. Die Versorgungslast von Bund und Ländern erreiche sogar eine Quote von knapp 60 Prozent des BIP.
Die Finanzierung dieser Pensionszusagen werde künftig ein schwieriges Unterfangen, warnen die Wirtschaftswissenschaftler. Zwar hätten der Bund und viele Länder in der Vergangenheit Rücklagen gebildet und Fonds aufgelegt. Diese deckten aber nur einen kleinen Teil der Verpflichtungen ab. Man habe es verpasst, in den wirtschaftlich starken Zeiten der letzten Jahre eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik zu betreiben. Ein Mittel hierfür könne der zweckgebundene Aufbau von Versorgungsfonds sein.