Dass die Riester-Rente gescheitert sei, ist bei Verbraucherschützern und Links-Partei-Funktionären längst Allgemeinplatz. Doch auch Ökonom Bert Rürup hebt zum Nachruf auf die Riester-Rente an. Wo er den „Geburtsfehler“ der Riester-Rente sieht, welche Auswege er für eine auskömmliche Altersvorsorge skizziert und warum auch die Versicherungswirtschaft gescheitert ist.
Riester-Rentenverträge, die weiterhin bespart werden, könnten bald Seltenheitswert haben, wenn sich die eingeschlagene Entwicklung fortsetzt. Die Versicherer, die teure Garantien bei den Vorsorgeverträgen erfüllen müssen, ziehen sich bereits seit einiger Zeit aus dem Geschäft zurück. Nachdem ein ‚Brandbrief‘ der Anbieter-Verbände an die Bundesregierung, sich doch endlich um eine Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge zu bemühen, ergebnislos verhallte, wendete sich mit der LVM auch ein Versicherer von Riester-Produkten ab, der bis zuletzt um jede Zulage kämpfte.
Geburtsfehler der Riester-Rente
Nun hat sich auch Prof. Dr. Bert Rürup gegen die einst von ihm mitentwickelte Riester-Rente gewandt. In einem Kommentar für das Handelsblatt schreibt er, dass die Einführung einer ergänzenden kapitalgedeckten Altersversorgung zwar grundsätzlich richtig gewesen sei, aber auch an einem gravierenden Fehler kranke: Die Riester-Rente sei nicht verpflichtend eingeführt worden. Das hätte laut Rürup zwei fatale Folgen:
- Wer nicht zum Abschluss gezwungen wird, muss überzeugt werden. Das kostet Geld. Bei Rürup liest sich das so: „Diese Freiwilligkeit führt […] dazu, dass die Riester-Renten aktiv und teuer verkauft müssen.“
- Risiken werden entmischt: Rürup schreibt, die meisten Menschen würden gut einschätzen können, ob sei eher früh versterben oder überdurchschnittlich alt würden. Vorsorgen würden dann vorrangig Menschen, die erwarten, überdurchschnittlich alt zu werden. Folge: Bei den Versicherern sammeln sich die - versicherungstechnisch - schlechten Risiken.
Im Verzicht auf eine „obligatorische Riester-Rente“ sieht Rürup also den Geburtsfehler. Damit befindet sich der Ökonom quasi in bester Gesellschaft: Nämlich mit dem damaligen Arbeitsminister und Namensgeber der Riester-Rente Walter Riester. Dieser wies bereits 2017 in einem Interview mit procontra darauf hin, dass die Riester-Rente seiner Vorstellung nach, nicht auf Freiwilligkeit gesetzt hätte: „Auch machte ich mich für ein Obligatorium stark, um dem eigentlichen Problem der Altersarmut zu begegnen und nicht permanent gegen Konsumwünsche und andere finanzielle Verpflichtungen ankämpfen zu müssen“, so Walter Riester 2017.
Altersvorsorge: Wie geht es aber besser?
Doch wie könnte Altersvorsorge besser aufgestellt werden? Auch darauf finden sich im Rürup-Kommentar Hinweise. So schlägt der Wirtschaftswissenschaftler Vorsorgekonten vor, die allen Einwohnern im Erwerbsalter offen stehen und nach Lebenszyklus-Modellen gemanagt werden. Unter dem „Dach einer staatsfernen Stiftung“ sollten Kapitalsammelstellen diese Vorsorgekonten führen.
„Würde diese Kapitalsammelstelle monatlich die durchweg kleinen Vorsorgebeträge der Personen im Erwerbsalter bündeln, käme ein stattliches Anlagevolumen zusammen, mit dem sich eine effiziente Risikoallokation realisieren ließe“, meint Rürup. Erreichten die Sparer das Rentenalter und gehen in den Ruhestand, müsste das angesparte Kapital in einen Auszahlplan umgewandelt werden, „damit dieses Kapital einer anderweitigen Verwendung und nicht zuletzt der Vererbung entzogen wird.“
Nicht nur Riester-Rente ist gescheitert…
Doch das Scheitern ist laut Rürup kein Alleinstellungsmerkmal der Riester-Rente. Auch das Zeugnis, das er der Versicherungswirtschaft ausstellt, ist verheerend. Es sei der Versicherungswirtschaft in fast zwei Jahrzehnten nicht gelungen, renditestarke und kostengünstige Produkte zur privaten Altersvorsorge zu entwickeln. Aus Sicht von Rürup bleibt nun noch ein Strohhalm, an den sich Menschen klammern können, die sich um die eigene auskömmliche Rente sorgen: „Nun wird es Zeit, dass die Politik das Heft in die Hand nimmt.“