Welche Vertriebswege haben 2019 in der Lebensversicherung das meiste Neugeschäft gebracht? Dieser Frage widmet sich aktuell das Beratungshaus Willis Towers Watson in einer Studie. Sie zeigt: Vor allem die Banken konnten ihren Marktanteil deutlich steigern. Die Geldhäuser verdrängen Makler und Mehrfachagenten auf den dritten Rang der wichtigsten Vertriebskanäle. Doch auf den Spitzenrängen geht es eng zu, wie die konkrete Auswertung zeigt.
Die Branchenzahlen: Gemessen am Bruttobeitrag wurden 2019 rund 3,8 Milliarden Euro aus laufenden Beiträgen und 27,4 Milliarden Euro gegen Einmalbeitrag neu abgeschlossen. Das zeigt eine starke Dominanz des Einmalbeitrags-Geschäfts, auf das sich fast der komplette Neuabschluss vereint.
In der 21. Vertriebswege-Studie der Berater werden die Marktanteile nach dem Annual Premium Equivalent (APE) ausgewiesen: stark vereinfacht die Summe aus laufenden Beiträgen für ein Jahr und zehn Prozent der Einmalbeiträge. Die Einnahmen aus neu eingelösten Versicherungsscheinen (ohne Erhöhungssummen) betrugen demnach 6,6 Milliarden Euro. Damit verzeichnen die Lebensversicherer fast eine Milliarde Euro mehr Neugeschäft als 2018.
Bankvertrieb holt Makler ein
Im Ranking der Leben-Absatzbringer platziert sich der Ausschließlichkeitsvertrieb auf Rang eins. 32,0 Prozent des Neugeschäfts konnten Einfirmenvertreter auf sich vereinen, sie sind damit wie in den Vorjahren stärkster Vertriebsweg. Die Vertreterinnen und Vertreter mussten aber Verluste hinnehmen. Noch im Vorjahr hatten sie 32,9 Prozent erzielt: eine Abnahme um 2,74 Prozent.
Auf Rang zwei der Umsatzbringer im Neugeschäft platziert sich erstmals der Bankvertrieb: und verdrängt damit Makler und Mehrfachagenten vom Vizeplatz. 30,6 Prozent konnten die Bankhäuser vom APE einsammeln und damit 4,44 Prozent mehr als im Vorjahr (29,3 Prozent).
Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter waren somit nur noch drittstärkster Vertriebsarm. Doch auch sie verloren -wie die Vertreter- Anteile: Waren es im Vorjahr noch 31,0 Prozent vom Markt, so erzielten sie 2019 nur noch 30,0 Prozent. Das bedeutet Marktanteils-Verluste um 3,23 Prozent.
Direktvertrieb wächst um 30 Prozent
Der Direktvertrieb -inklusive Vergleichsportalen- kann ein kleines Ausrufezeichen setzen und sich ebenfalls verbessern. Der Anteil am Neugeschäft wuchs von 3,0 Prozent im Jahr zuvor auf 3,9 Prozent in 2019. Das bedeutet ein sattes Wachstum um 30 Prozent: Dennoch bleibt der Vertriebsweg Nische. Nach wie vor schließen die Kundinnen und Kunden ihre Leben-Verträge selten online per Mausklick ab: ein Indiz, dass persönliche Beratung in der Altersvorsorge essentiell bleibt.
...Banken beim Einmalbeitrag vorne
Schaut man konkret auf das Einmalbeitrags-Geschäft, sind die Banken unangefochtener Spitzenreiter. Fast die Hälfte des Beitrags (45,2 Prozent) nahmen sie ein und verweisen damit die Makler und Mehrfachagenten (24,2 Prozent) und Einfirmenvermittler (23 Prozent) auf die Ränge. Der Direktvertrieb landet mit 3,6 Prozent Marktanteil auf Rang vier (ausgewiesen nach APE).
„Der Zuwachs der Banken ist auf ihren sehr guten Kundenzugang zurückzuführen. Sie haben den besseren Einblick in die Finanzsituation ihrer Kunden und den Verkauf von Produkten gegen Einmalbeitrag in den vergangenen Jahren erfolgreich ausgebaut“, sagt Henning Maaß, Director Insurance Management Consulting bei Willis Towers Watson in Deutschland. Mit anderen Worten: Es ist der privilegierte Zugang zu Kundendaten, die dem Bankvertrieb hier einen deutlichen Vorteil verschaffen (siehe Grafik 2).
Zwar haben sowohl die Einfirmenvermittler als auch die Makler und Mehrfachagenten Anteile an Banken verloren. Dennoch konnten sie, absolut betrachtet, ebenfalls 2019 ihr Neugeschäft signifikant steigern: Bei laufenden Beiträgen um elf Prozent (Einfirmenvermittler) und zehn Prozent (Makler und Mehrfachagenten) und bei Einmalbeiträgen um 24 Prozent (Einfirmenvermittler) und 25 Prozent (Makler und Mehrfachagenten).
Trend geht weg vom Geschäft mit Garantie-Produkten
Wie sieht die Zukunft des Leben-Geschäfts aus? Das Marktumfeld für die Anbieter bleibt angespannt, auch wenn die Nachfrage nach Altersvorsorge-Produkten 2020 und darüber hinaus bestehen bleiben wird, so prognostizieren die Experten. Wie sich die Coronakrise auf die Gesellschaften auswirken wird, bleibt abzuwarten.
„Durch die zunehmend hohe Verschuldung vieler Staaten bleiben die Zinsen wohl noch sehr lange auf Rekordniedrigniveau, sodass es immer schwieriger wird, Garantien über null Prozent zu bieten“, sagt Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson in Deutschland. Der Trend zu Produkten mit geringeren Garantien und fondsgebundenen Angeboten ohne Garantie werde sich nun deutlich beschleunigen.