Zu teurer, zu ineffizient und ein steuerfinanziertes Subventionsprogramm für den Vertrieb von Versicherungen: Zu diesen Kernergebnissen kommt eine Untersuchung der Bürgerbewegung Finanzwende. Doch diese Ergebnisse seien „irreführend“, kontert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Ob Marktwächter Finanzen, Bund der Versicherten, Verbraucherzentrale oder nun die Initiative „Finanzwende“: Sie alle kritisieren zu hohe Kosten bei der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge. Und noch etwas haben die Verbraucherschützer gemeinsam: bei ihren Gegenvorschlägen schauen sie gern nach Skandinavien und plädieren für einen Staatsfonds nach norwegischen oder schwedischen Vorbild.
Riester: Kosten fressen Rendite auf
Die jüngste Auswertung von Finanzwende kommt nun zu dem Schluss, dass „bei einem durchschnittlichen [Riester]-Vertrag nahezu jeder vierte eingezahlte Euro in die Kosten [fließt].“ Dafür wurden die Eckdaten von 65 Riester-Versicherungen anhand der Muster-Produktinformationsblätter für Sparer analysiert (PDF).
Dieses Kostenproblem ließe sich nicht „wegreformieren“ schreibt Finanzwende, um dem Ansinnen der Branche nach einer „Riester-Revolution“ (GDV-Präsident Jörg Asmussen gegenüber Bild) gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Versicherer hätten es versäumt, ihren Kostenapparat in den Griff zu bekommen: Ein Problem, das sich nicht auf Riester-Produkte beschränke, sondern auch bei Basisrenten anzutreffen sei, so Finanzwende.
Finanzwende schreibt weiter, dass man die staatlichen Zulagen für Riester-Renten auch als „eine Art subventioniertes Beschäftigungsprogramm für Vertriebe verstehen“ könne. Und fragt, warum eigentlich alle Steuerzahler teure Finanzprodukte subventionieren sollen. Seit Start der Riester-Rente im Jahr 2002 seien rund 35 Milliarden Euro Zulagen geflossen.
Um das Kosten-Problem zu verdeutlichen, blickt Finanzwende nach Schweden. Dort hätte ein Sparer wesentlich mehr auf dem Vorsorgekonto. „Gehen wir mal wie beim Riester-Musterkunden in der Studie von 1200 Euro Einzahlung im Jahr aus. Bei einer jeweils unterstellten Wertentwicklung von 5 Prozent haben deutsche Sparer mit einer durchschnittlich belasteten Riester-Rentenversicherung nach 30 Jahren rund 16.600 Euro weniger auf dem Vorsorgekonto als ein Schwede. Allein wegen der Kosten. Das Vorsorgekapital, das uns später im Vergleich zu den Schweden fehlt, sind – so kann man sagen – die Kosten der Riester-Rente. Und der Preis für schlechte Finanzpolitik“, so Finanzwende.
Wie man die Riester-Kosten für die Studie ermittelt hat, soll diese Musterrechnung zeigen:
Kritik an Berechnungs-Methoden
Die Kritik von Finanzwende wollte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nicht unwidersprochen hinnehmen. So argumentierte Dr. Peter Schwark, Hauptgeschäftsführer des Verbands, auf Twitter: „Die Kapitalanlagekosten, etwa jährliche Fondskosten, alle gedanklich den eingezahlten Beiträge zu belasten, ist irreführend. Die so gehebelte Kostenquote steigt mit der Rendite und der Laufzeit. Sinnvolle Kostenvergleiche oder Effizienzaussagen sind nicht sinnvoll möglich.“ Auch dem Vergleich mit dem schwedischen Vorsorgefonds erteilte Schwark eine Absage. Dieser sei keine private Vorsorge, sondern obligatorischer Teil der 1. Säule. Die Aktienquoten würden bis zu 150 Prozent gehebelt und ein Großteil der Kosten der Kontenverwaltung würden von der Umlageverwaltung getragen (cost-sharing). Auf eine Stand-alone-Lösung sei das schwedische Modell nicht übertragbar, so Schwarks Fazit.
Die Auswertung von Finanzwende war auch Gegenstand einer Online-Debatte beim GDV an der u.a. Jörg Asmussen, Kevin Kühnert und Laura Gersch teilnahmen.
Werden die Jüngeren bei der #Altersvorsorge vergessen?
December 1, 2020
Am Donnerstag diskutiert @joergasmussen mit @TKuban96, @KuehniKev und Laura Gersch @allianz_de über #Rente, #Riester und #Ruhestand. Tune in @3pm direkt hier auf @twitter #GDVlive @Junge_Union @jusos https://t.co/rPFljAnfZx