Der Garantiezins sollte zum 1. Januar 2021 von aktuell 0,90 auf 0,25 Prozent abgesenkt werden. Das empfiehlt der Deutsche Aktuarverein (DAV). Das letzte Wort hat jedoch das Bundesfinanzministerium.
Die anhaltende Zinsflaute macht es Lebensversicherern schwer, ihr Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Staatsanleihen mit guter Bonität, in die deutsche Lebensversicherungen früher bevorzugt investierten, werfen nun kaum noch zählbares ab. Deshalb haben die Unternehmen schon länger ihre Produktpalette umgebaut und haben Angebote mit Garantiezinsen eingemottet. Inzwischen sind selbst Beitragsgarantien bei Altersvorsorgeprodukte nicht mehr standardmäßig verbaut.
Aktuell liegt der Garantiezins für Neuverträge in der klassischen Lebensversicherung, also die garantierte Rendite auf den Sparanteil einer Police, bei mageren 0,9 Prozent. Noch 1994 betrug der Garantiezins 4,0 Prozent – viele der Verträge müssen auch heute noch bedient werden. Viele Unternehmen ächzen daher unter den hohen Zinsversprechen aus besseren Zeiten. Bereits im Dezember 2019 hatte die Deutsche Aktuarvereinigung die Annahmen für Rententarife überprüft und die dort einkalkulierten Sicherheiten für nicht mehr ausreichend erklärt. Die Aktuare empfahlen daraufhin den Höchstrechnungszins für Lebens- und Rentenpolicen zu kürzen.
Die Mathematiker der Assekuranz legten dem Bundesfinanzministerium eine Absenkung auf 0,5 Prozent nahe. Als einen Grund nannten die Aktuare, dass sich die die zehnjährigen Euro-Swap-Sätze im Laufe des Jahres 2019 erstmals im negativen Bereich lagen. Vor zehn Jahren lag dieser Zinssatz bei etwa 3,5 Prozent, aktuell ist er von seinen historischen Tiefstständen auf etwa 0,19 Prozent gestiegen.
Während die Versicherer selbst der 100%igen Beitragsgarantie an den Kragen gingen und vermehrt auf kapitalmarktorientierte Produkte setzen, ruht beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) der See. Denn: „Bislang liegt keine Aussage vor, wann und in welcher Höhe das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen neuen Höchstrechnungszins festlegen wird“, sagte Guido Bader, Vorstandsvorsitzende der DAV, im August 2020. Die Bundesregierung habe zum Höchstrechnungszins noch keine Entscheidung getroffen. Damit ist eine zeitliche Umsetzung für Anfang des kommenden Jahres unmöglich.
Generell würde die Absenkung des Garantiezinses vermutlich eher nicht die gewünschten Erfolge bringen. Denn für bereits bestehende Policen würde die Absenkung keine Folgen haben. Überdies kann jeder Versicherer individuell entscheiden, ob er den Höchstsatz ausschöpfen möchte oder eben nicht. Zudem hatte sich der Großteil der Lebensversicherer in den letzten Jahren von klassischen Leben-Policen mit Garantiezins losgesagt. Die meisten neuen Tarife haben einen Mix aus risikobehafteteren Anlagen und einer Beitragsgarantie. Wobei viele der neuen Policen nicht mal die kompletten eingezahlten Beiträge garantierten.
Ins gleiche Horn blasen auch das Bundesfinanzministerium und die Bafin. „Die Unternehmen müssen laufend überprüfen, ob die im Neugeschäft angebotenen Garantien auf Dauer erfüllbar sind und die Rückstellungen ausreichend vorsichtig bewertet sind.“, erklärte ein Sprecher des BMF im August gegenüber dem "Versicherungsjournal". Auch die Finanzaufseher der BaFin verwiesen darauf, dass sich die Unternehmen sowieso im Rahmen eines ordnungsgemäßen Risikomanagements damit auseinandersetzen müssten, welchen Garantiezins sie im Neugeschäft offerieren könnten.
Deshalb könnte auch die neuerlich Empfehlung aus dem Hause der Deutschen Aktuarvereinigung schlicht nicht berücksichtigt werden. Die Mathematiker empfehlen den Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung zum 1. Januar 2022 für Neuverträge auf 0,25 Prozent abzusenken. Überdies fordert der Kölner Verein umfassende Reformen bei der geförderten Altersvorsorge. So solle der vollständige Beitragserhalt bei der Riester-Rente sowie die Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung überarbeitet werden.