Die Wohngebäudeversicherung (VGV) bleibt ein schwieriger Geschäftszweig für die Versicherungswirtschaft. Denn nicht nur schlagen sich extreme Wetterereignisse in Zeiten des Klimawandels immer mehr in den Bilanzen der Versicherer nieder. Zugleich steigen Jahr um Jahr die Schadenaufwendungen für Leitungswasserschäden. In 2018 wirtschaftete die Branche deswegen im Schnitt nicht mehr auskömmlich. Und 2019? Versicherungsbote hat sich wichtige Kennzahlen aus dem aktuellen „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2014-2019“ angesehen... und fasst die Ergebnisse zusammen.
Das Wetter meinte es 2019 gut
Clemens Wilde, Autor des aktuellen „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2014-2019“, zieht als Fazit für das Geschäftsjahr 2019: Die Branche blickt auf ein überaus positives Jahr zurück. Begründet ist dies durch ein moderates Wettergeschehen – anders als in 2018 stürmte es in 2019 weniger, was sich positiv auf die Geschäftsbilanzen der Versicherer auswirkte. Demnach lagen Schadenaufwendungen in 2019 – mit durchschnittlich 103,00 Mio. Euro je Versicherer – 2,3 Prozent niedriger als noch im Vorjahr. Und auch die Schadenquote über alle Versicherer hinweg sank von 74 Prozent in 2018 auf bessere 66 Prozent in 2019.
Solche Zahlen wirken sich natürlich auch auf die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote über alle Versicherer hinweg aus, die nun wieder unter die kritische 100-Prozent-Marke gedrückt werden konnte (Versicherungsbote berichtete). Sie sank in 2019 um 8.47 Prozentpunkte und liegt nun bei 93,74 Prozent. Auch befinden sich nur noch 15 Versicherer in den roten Zahlen – anders als in 2018, als mit 28 Versicherern mehr als die Hälfte des Marktes eine Schaden-Kosten-Quote von über 100 Prozent hinnehmen musste (Versicherungsbote berichtete).
Versicherungstechnisches Branchenergebnis: Im Minus
Freilich: In Zeiten des Klimawandels wird ein solcher Befund nicht von Dauer sein. Zu erwarten ist eher, dass extreme Wetterereignisse zukünftig wieder die Bilanzen der Versicherer sprichwörtlich verhageln. Und sogar das gute Geschäftsjahr 2019 hat seine Wermutstropfen, wie ein Blick auf das versicherungstechnische Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) offenbart. Lediglich 21 von 50 Versicherern konnten hier ein positives Ergebnis erzielen, erklärt Monitorautor Clemens Wilde. Demnach muss auch im Branchenschnitt über alle Versicherer hinweg ein Minus beim versicherungstechnischen Ergebnis hingenommen werden von -1,82 Mio. Euro.
Leitungswasserschäden werden immer mehr zum Kostenproblem
Die Verschnaufpause in 2019 kann zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein weiteres Problem den Wohngebäudeversicherern zu schaffen macht: Mehr als drei Milliarden Euro mussten in 2019 für defekte oder geplatzte Rohre ersetzt werden – ein negativer Rekordwert (Versicherungsbote berichtete). Schäden durch Leitungswasser zählen somit zu den teuersten Schadensereignissen im Wohngebäudebereich… und die Schadenaufwendungen hierfür steigen Jahr um Jahr. Hierauf hat das Wetter nur bedingt Einfluss: Schlecht montierte oder schlecht gewartete Bauteile sowie fehlerhafte Verbindungen und Dichtungen sind häufig Ursache für die Schäden.
Vertragswachstum stagniert
Auf steigende Kosten durch Wetter und Leitungsschäden reagiert die Branche – unter anderem – mit Beitragsanpassungen. Das wird am Vergleich zweier Kennzahlen besonders deutlich. Denn während die durchschnittlich gebuchten Bruttoprämien in 2019 bei 154,80 Mio. Euro lagen – ein Wachstum von knapp 41 Prozent gegenüber dem Wert von 2014 laut Branchenmonitor –, stagnierte das Wachstum bei der Zahl der Verträge: Nur 1,65 Prozent beträgt dieses Wachstum von 2014 bis 2019.
Gegenüber 2018 müssen in 2019 insgesamt 18 Versicherer einen Vertragsschwund hinnehmen. Freilich spiegelt sich im Verhältnis steigender Bruttoprämien-Einnahmen zu sinkenden Vertragszahlen auch eine Korrektur am Markt wieder: Die Zeit scheint vorbei, als man durch Zugeständnisse in der Kalkulation möglichst viele Policen an die Kunden bringen wollte.
Das Geschäft steht vor Herausforderungen
Der Wohngebäudezweig steht also vor großen Herausforderungen. Auf die zunehmend extremen Wetterereignisse haben die Versicherer hierbei keinen Einfluss. Potenzial für die Zukunft sieht Monitorautor Clemens Wilde aber im Schadenmanagement – insbesondere bei den teuren Leitungswasserschäden. So würden schon jetzt Versicherer zahlreiche Kooperationen eingehen, um derartigen Schäden vorzubeugen. Als Beispiel präventiver Schadenbekämpfung können Sensoren genannt werden, die der Überwachung der Wasserdurchlaufmenge dienen.
Hintergrund: Der „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2014-2019“ analysiert die Daten der 50 größten Wohngebäude-Versicherer und deckt damit 95 Prozent des Wohngebäudemarktes ab. Zusammen mit weiteren aktuellen Branchenmonitoren kann das Analyse-Instrument kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.