Schaut man aufs Komposit-Geschäft, gehört die Haftpflichtversicherung zu den dankbaren Geschäftszweigen – für die meisten Versicherer ist das Geschäft gewinnbringend und lukrativ. Aktuelle Kennzahlen des zurückliegenden Geschäfts, die dies beweisen, seien im Folgenden vorgestellt.
Die Haftpflichtversicherung darf als lukrativer Zweig des Komposit- Geschäfts gelten. Und der Markt ist hierbei zunehmend im Wandel, wie Clemens Wilde – Autor des aktuellen „Branchenmonitor Haftpflichtversicherung 2014-2019“ – erklärt. Denn zum einen versuchen die Wettbewerber den hart umkämpften Markt durch Leistungserweiterungen und Zusatzleistungen für sich zu gewinnen: Was vor Jahren einzig in Premium-Tarifen enthalten war, gehören mittlerweile standardmäßig zum Leistungsumfang. Produkte werden auch immer mehr den individualisierten Bedürfnissen der Kunden angepasst.
Insurtechs als neue Konkurrenz
Zum anderen aber gilt die Haftpflichtversicherung als Zweig mit geringer Komplexität der Produkte – das macht sie attraktiv für neue Vertriebswege. InsurTechs treten in Konkurrenz zum traditionellen Vertrieb, positionieren sich aber zunehmend sogar selber als Risikoträger. Dadurch treten sie zudem in Konkurrenz zu den Versicherern. Die Haftpflicht – noch immer ein „Must Have“ für viele Kunden – ruft stetig neue Wettbewerber an den lukrativen Markt.
Durchschnittliche CR unter 90 Prozent
Wie aber lief das Geschäft für die Haftpflichtversicherer in 2019? Glaubt man den Kennzahlen, die durchschnittlich über alle im Monitor untersuchten Versicherer hinweg errechnet wurden, kann die Branche zufrieden sein. Eine durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote bzw. Combined Ratio (CR) von 83,96 Prozent am Markt zeigt, dass der Zweig profitabel ist. Dieser gute Wert stellt eine leichte Verbesserung gegenüber 2018 dar – damals lag die durchschnittliche CR über 50 Unternehmen hinweg noch bei 85,42 Prozent.
Nur sechs der insgesamt 50 analysierten Unternehmen weisen in 2019 eine CR über 100 Prozent aus und schreiben demnach rote Zahlen (Versicherungsbote berichtete): die VHV (100,72%), Janitos (101,15%), die Mecklenburgische (109,16%), die Inter Allgemeine (109,23%), die R+V Allgemeine (110,39%) und die Volkswohl Bund (152,16%).
Bei nur sieben Versicherern Ergebnis im Minus
Auch das versicherungstechnische Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) kann sich für die Branche sehen lassen: 17,28 Mio. Euro plus weist jeder Versicherer 2019 im Schnitt vor. Das beste Ergebnis erwirtschaftet hier die Allianz (147,27 Mio. €) vor der Axa (120,70 Mio. €) und der Ergo (70.79 Mio. €). Auch die Ergebnisse der Württembergischen (60,26 Mio. €) und der LVM (58,56 Mio. €) können sich sehen lassen.
Sieben Versicherer sind es hingegen, die beim versicherungstechnische Ergebnis ein Minus vorweisen müssen: Janitos (-0,11 Mio. €), die Rhion Versicherung (-0,13 Mio. €), Volkswohl Bund (-0,61 Mio. €), die Condor Allgemeine (-0,70 Mio. €), die Inter Allgemeine (-2,75 Mio. €), die VHV (-5,35 Mio. €) und die R+V Allgemeine (-78,59 Mio. €).
Die Branche wächst
Dass sich die Haftpflicht für den Großteil der Branche als auskömmliches Geschäft erweist, liegt auch an der geringen Schadenquote: Mit 47,60 Prozent in 2019 liegt sie schon das zweite Jahr hintereinander unter 50 Prozent. Gute Quoten sprechen für weitere gute Kennzahlen: Die Schadenaufwendungen über alle Unternehmen hinweg sind von durchschnittlich 79,06 Mio. Euro in 2018 auf 74,04 Mio. Euro in 2019 gesunken. Und auch die Betriebskostenquote kann sich sehen lassen – mit 36 Prozent in 2019.
Bei den gebuchten Bruttobeiträgen weisen alle Zeichen auf langsamen, aber stetigen Wachstum: Wurden in 2018 noch durchschnittlich 141,0 Mio. Euro an Bruttoprämien eingenommen, stiegen diese Einnahmen in 2019 um 3.1 Prozent – auf 145,43 Mio. Euro. Leicht geringer fällt das Wachstum bei der Zahl der Verträge je Versicherer aus: Sie wachsen um 2,32 Prozent gegenüber 2018 und liegen in 2019 bei durchschnittlich 831.295 Stück. Sowohl bei den Prämien als auch bei der Zahl der Verträge weist der Monitor ein stetes Wachstum seit 2014 aus.
Die meisten Verträge hält die Allianz (4.417.573) vor der Axa ( 3.173.587) und der Generali Deutschland (2.294.727). Zu beachten bei solchen Vergleichen ist aber: Der Branchenmonitor weist Tochterunternehmen nach Rechtsform getrennt aus (die Zahl der Generali enthält zum Beispiel nicht die Verträge der neuen Tochter fürs Maklergeschäft Dialog).
Hintergrund: Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Haftpflichtversicherung 2014-2019“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH (in Zusammenarbeit mit Sirius Campus) BaFin-Berichte der zurückliegenden Jahre sowie Zahlen des Statistischen Jahrbuchs des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 91 Prozent des Marktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.
Für die Vergleiche zum Vorjahres-Durchschnitt wurden bereinigte Zahlen genommen – diese rechnen Effekte heraus, die durch die Transformation der Generali entstanden sind: Im Oktober 2019 endete die lange Geschichte der Traditionsmarke AachenMünchener – sie wurde mit der Generali Versicherung AG zur Generali Deutschland Versicherung AG verschmolzen (Versicherungsbote berichtete). Zugleich wurde das Maklergeschäft in die neu gegründete Dialog Versicherung AG überführt (die Dialog Versicherung AG erscheint nun erstmals unabhängig von der Generali Deutschland Versicherung AG im Ranking des Branchenmonitors).