Die deutschen Versicherer wollen ihre Kapitalanlagen künftig klimaneutral gestalten: Auch sollen klimaschädliche Industrien künftig nicht mehr versichert werden. Auf entsprechende Zielvorgaben hat sich Branche laut ihrem Dachverband geeinigt. Eilig haben es die Assekuranzen aber nicht: Bis spätestens 2050 sollen die Gelder entsprechend umgeschichtet werden.
Die deutsche Versicherungswirtschaft legt enorme Summen ihrer Kundinnen und Kunden an: 1,7 Billionen Euro an Geldern verantwortet sie derzeit, eine Zahl mit 12 Nullen. Und dieses Geld will die Branche künftig klimaneutral anlegen. Einen entsprechenden Beschluss hat das Präsidium des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) umgesetzt, wie der Verband per Pressetext mitteilt. „Versicherungen werden grüner werden“, lässt sich GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen zitieren.
Bis die Kapitalanlagen komplett auf grün umgestellt sein werden, könnte aber noch einige Zeit vergehen. Als Ziel ist das Jahr 2050 ausgegeben. Hierbei gilt es aber zu bedenken, dass die Branche verpflichtet ist große Teile der Kundengelder in langjährig laufende Anleihen zu investieren. Von vielen könnten sie sich nur unter Verlust trennen: auch zum Nachteil der Versicherten.
Auch das Portfolio soll sauberer werden
Bei anderen Aktivitäten sind die Vorgaben entsprechend ehrgeiziger. Bereits 2025 sollen Bürogebäude und Infrastruktur der Versicherer klimaneutral sein - und auch in den Versicherungs-Policen soll das Thema Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielen. „Langfristig wollen die Versicherer keine gewerblichen und industriellen Risiken mehr zeichnen, die den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft negieren“, heißt es im Pressetext. Kohle- und Gaskraftwerke dürften sie streng genommen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr versichern. Hier setzt die Branche auch auf die Signalwirkung: Umweltschädliche Technologien könnten bald keinen deutschen Versicherer mehr finden.
Bei ihrem Ansatz orientieren sich die Versicherer an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, berichtet der GDV. „Der Klimawandel ist im vollen Gange, die Auswirkungen sind bereits deutlich zu spüren. Wir bringen unser Know-how und unser wirtschaftliches Gewicht ein, um die Auswirkungen zu begrenzen und beherrschbar zu machen“, kommentiert Asmussen. Das Pariser Klimaschutzabkommen sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
Naturgefahren verursachen steigende Kosten
Die Versicherer sind von den Folgen klimaschädlicher Technologien unmittelbar selbst betroffen: Schäden durch Naturkatastrophen nehmen tendenziell zu, wie die Munich Re, größter Rückversicherer der Welt, errechnet hat. Von 1980 bis 2019 sind den Volkswirtschaften so Kosten von 5,2 Billionen US-Dollar (4,28 Billionen Euro) entstanden, der Großteil davon unversichert.
„Das für Deutschland vergleichsweise schadenarme Naturgefahrenjahr 2020 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Klimawandel eine der maßgeblichen Einflussfaktoren für die künftige Entwicklung der Versicherungswirtschaft liegt”, sagte Asmussen. „Das gilt spartenübergreifend vom überfluteten Keller bis zur Übersterblichkeit bei künftigen Hitzewellen. Wir werden daher den Themen Klimafolgenanpassung, Prävention und Nachhaltigkeit weiter höchste Priorität einräumen.”
Bis 2025 wollen die Versicherer nun nachhhaltige Versicherungs-Policen ausbauen. Dazu gehören etwa Versicherungen, die Sharing-Konzepte unterstützen oder verstärkt auf die Reparatur eines defekten Gegenstands setzen anstelle eines Austauschs. "Bis 2025 werden die Unternehmen zunehmend solche Nachhaltigkeitskriterien in die Praxis der Schadenregulierung integrieren", berichtet der GDV. Auch die Altersvorsorge soll sich nachhaltiger ausrichten. Wie die Ergebnisse evaluiert werden und ob Assekuranzen, die ausscheren, Sanktionen befürchten müssen, teilt der Verband nicht mit - die Initiative ist freiwillig.