Ein nicht öffentlicher Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums für einen Provisionsdeckel macht derzeit die Runde - und findet nicht das Wohlwollen der Vermittler. Der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) wertet diesen als „absoluten Dammbruch“ - und äußert sogar Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit.
Mitten in der Coronakrise überrascht das Bundesfinanzministerium mit einem Referenten-Entwurf für einen neuen Provisionsdeckel - auch wenn dieser nicht offiziell ist, also nicht mit den anderen Ministerien abgestimmt. Verbände haben ihn nur deshalb bereits einsehen können, weil er über ein Leck nach außen fand. Dazu hat sich nun Norman Wirth positioniert, Rechtsanwalt und geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung (AfW).
Neue Definition des Provisionsdeckels
Das Urteil fällt in Teilen vernichtend aus. Vor allem ein Eingriff in das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erregt den Unmut des Maklerverbandes. In § 7 Nummer 34 c definiert das Ressort von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) neu, was als Abschlussprovision zu verstehen ist - mit weitreichenden Konsequenzen.
Denn als Abschlussprovision sollen nun auch solche Vergütungen gelten, die bisher als Bestandsprovision bewertet wurden. Entscheidend für die Zuordnung ist, ob die laufende Provision nur den Fortbestand des Vertrages vergütet - oder eine „spezifische, für den Versicherer erbrachte Dienstleistung“ entlohnt wird. Gibt es Geld allein dafür, dass der Vertrag weiterläuft, wird das nun dem Vertragsabschluss zugerechnet. Ein Provisionsdeckel könnte hier zur Folge haben, dass die Vermittlerinnen und Vermittler teile der laufenden Provision verlieren.
Hier solle rückwirkend in Provisionsgestaltungen beim Bestand eingegriffen werden, „was auch formal juristisch betrachtet unerträglich ist“, kritisiert Norman Wirth. „Es sollen nach dem vorliegenden Entwurf privatautonom vereinbarte Vergütungsverträge einer ganzen Branche staatlicherseits für unwirksam erklärt werden. Ein absoluter Dammbruch – und jede Branche muss sich fragen, ob sie als nächstes dran ist“.
Mit dem geplanten Gesetz starte die SPD erneut den Versuch, „rechtswidrig in die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit und die Privatautonomie bei der Vergütungsgestaltung einzugreifen“, schreibt Wirth. Das ereigne sich in einer Zeit, „in der seitens der Politik gigantische Corona-Unterstützungsprogramme auch für den Mittelstand initiiert werden“. Die SPD würde sich unglaubwürdig machen, „wenn sie andererseits mit einem solchen Gesetzesentwurf das so schon nicht üppige Einkommen eines ganzen Berufsstandes mal eben reduzieren will“.
Akzeptanzverlust beim Mittelstand
Brisant ist aus Sicht des AfW-Vorstandes auch, dass der inoffizielle Gesetzentwurf den Eindruck vermittle, es gehe vordergründig um neue Regeln für die Restschuldversicherung. Bei diesen Policen, die Kreditnehmer im Falle von Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit absichern sollen, sorgten Provisionsexzesse tatsächlich für Empörung. Bei vielen Policen wird mehr als jeder zweite Euro Beitrag als Provision ausgeschüttet. „Gesetzentwurf zur Deckelung von Abschlussprovisionen in der Restschuldversicherung“ ist der Entwurf des Bundesfinanzministeriums folglich überschrieben.
Weil aber der neue Begriff der Abschlussprovision nun alle Sparten betrifft, wertet Wirth nun den Vorstoß als "verzweifelten Versuch der SPD, ihr wirres Ziel eines allgemeinen Provisionsdeckels doch noch durchzusetzen". Und vermutet, dass sich die Partei bereits im Wahlkampfmodus befinde. "Die SPD würde mit einem solchen Gesetzesentwurf – sollte er offiziell werden – weiter in Richtung völligem Akzeptanzverlust bei Gewerbe und Mittelstand steuern", polemisiert Wirth. Zumindest auf die Maklerschaft trifft dies zu. Bei dieser Wählergruppe würden die Sozialdemokraten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, wie ebenfalls eine Umfrage des AfW zeigt.