Die Corona-Pandemie offenbart für viele Bereich der Wirtschaft die Notwendigkeit eines Szenarios, wenn das Geschäftsmodel nicht mehr läuft. Die Versicherungsbranche läuft aktuell (noch) fast normal. Aber die Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen zur Corona-Bekämpfung werden erst noch kommen. Insolvenzen und Arbeitsplatzverlust werden mit Verzögerung die Versicherungs- und Finanzbranche treffen. Assekuranzdoc Dr. Peter Schmidt erläutert die Notwendigkeit für mögliche Auswege.
Vielleicht haben Sie die Taxen auch schon gesehen, die Werbung für Plan B auf den Türen haben. Plan B steht hier für oft unfreiwillige Einsteiger ins Taxigeschäft, Plan B als Synonym für Überlegungen oder Maßnahmen, die in schwierigen oder krisenhaften Zeiten einen Umstieg auf ein anderes oder modifiziertes Geschäftsmodell ermöglichen. Je früher man im unwahrscheinlichen Fall des Eintritts so einer Situation einen Plan B hat, um so schneller geht der Switch in eine neue Strategie.
Vor so einer Situation stehen in unserer Zeit zwangsläufig viele Gewerbetreibende und Soloselbständige. Die aktuelle wirtschaftliche Situation, die durch massive Eingriffe der Politik geprägt ist, zwingt zu Alternativen zum bisher tragfähigen Geschäftsmodell. Haben Sie als Versicherungsmakler sich schon einmal die Frage gestellt, was würde mit mir sein, wenn externe Entscheidungen mich in so eine Lage bringen?
Notfallszenarien unbedingt durchdenken
Abhängig von jeweils eigenen Geschäftsmodell sollten man als Makler oder Maklerin folgende Szenarien einmal durchdenken:
- 30 Prozent der Kunden können die Versicherungsbeiträge nicht mehr bezahlen
- 50 Prozent Ihrer Gewerbekunden müssen Insolvenz anmelden und kündigen Verträge
- Die Courtagen Leben und PKV werden über ein LVRG um 50 Prozent reduziert
- Ein US-Datenriese steigt ins Versicherungsgeschäft ein und Ihr Bestand sinkt
- Sie erkranken ernsthaft und können später nicht mehr (voll) arbeiten
- Sie werden Opfer eines Unfalls, einer Tätlichkeit oder versterben plötzlich
Für jedes der Szenarien gibt es im Einzelfall sicher keinen aktuellen Anlass. Aber die Möglichkeit des Eintritts besteht schon und hat einen realistischen Bezug, ist aber in Tendenzen oder Diskussionen der Politik zu erkennen. Stellen Sie sich dann folgende Fragen:
- Was würden Sie in einer oder mehreren solcher Situationen tun?
- Welche Auswirkungen hätte dies auf Ihre Einkünfte und Verpflichtungen?
- Haben Sie finanzielle Reserven für derartige Ausfälle?
- Haben Sie einen Plan B, auf den Sie kurzfristig umschalten können?
Notfallplan erstellen und Varianten einplanen
Nach meiner Erfahrung aus zahlreichen Corona-Betroffenheiten in der Branche ist das Thema 1 der Fall der schweren Erkrankung oder des Todes des Unternehmers. Es muss Klarheit geschaffen werden, was soll passieren, wenn…? Dafür gibt es unterschiedliche Wege wie:
- Notfallplan erstellen (ggf. Unternehmertestament)
- Treuhandvertrag (ggf. Regelung für Stellvertreter)
- Transformation vom Einzelunternehmern zur juristischen Rechtsform
- Generalvollmacht für Fall Erkrankung oder Tod
Abhängigkeit vom Umsatz
Thema 2 ist die größte Abhängigkeit im Umsatz. Diese sollten Sie zunächst einmal analysieren und herausfinden. Für Plan B sind diese Analyse und die sich daraus ergebenden Erfordernisse existenziell wichtig. Schauen wir uns einige Fallbeispiele an:
Makler A, Umsatz 60.000 EUR, Anteil Abschlusscourtage 60 Prozent aus LV und KV
In diesem Beispiel gilt es bereits jetzt, massiv von Abschlusscourtagen auf Bestandscourtagen umzusteuern. Dies kann sofort mit einer Bestandsverdichtung bei den bisherigen Abschlusskunden erfolgen. Die vorhandenen Verträge, die noch nicht beim Makler in Betreuung liegen, sind zu erfassen, zu prüfen, ggf. zu optimieren und in den Bestand zu überführen. Hilfreich ist hier die Zusammenarbeit mit einem Pool, der diese Bestandsveredelung durch Tools unterstützt. Gehen Sie mit dem Stichwort „automatisierter Bestandsausbau“ auf einen Berater Ihrer Wahl zu.
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Weitere Maßnahmen können die konsequente Umstellung auf ein Vollkundenkonzept in Verbindung mit Servicevereinbarungen sein. Beginnen Sie mit den Kunden, die nicht oder weniger stark von den Krisenauswirkungen betroffen sind. Achten Sie auf gute Bonität dieser Zielgruppe bzw. Kunden und tragen sie dazu bei, dass diese Bonität durch Ihre Arbeit auch unterstützt wird. Verbinden Sie diese Fokussierung mit einem Paket an Empfehlungs-Marketing. Krisen überstehen kreative Köpfe am besten.
Makler B, Umsatz 300.000 EUR, Anteil Gewerbekunden 80 Prozent
Tritt die Situation ein - und Befürchtungen dazu sind angebracht -, dass diese Kundengruppe durch größere Probleme zum Bestands- und damit Umsatzrückgang führt, dann sind die Schwerpunkte im bisherigen Geschäftsmodell zu verschieben. Das kann natürlich (naheliegend) in Richtung Privatkunden und damit einer größeren Risikostreuung gehen.
Prüfen Sie aber vorher, ob die Veränderung des Fokus auf andere Gewerbetreibende schneller zum Ziel führen kann. Kompetenzschwerpunkt B kann so zu Plan B werden.
Wer bisher also einen Beratungsschwerpunkt auf Gastronomie und Hotellerie hatte, kann beispielsweise auf Pflegedienste, Pflegeeinrichtungen oder andere aktuell stabile Gewerberichtungen umschwenken. Bemühen Sie sich – bei allen Vorteilen einer Spezialisierung – um mehr Diversifikation in Ihrer Firmenstrategie.
Junior-Makler C, Umsatz 30.000 EUR
Die Starter unter den Finanz- und Versicherungsmaklern treffen die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten besonders hart, da die Unsicherheiten der Existenzgründung sich mit den Sorgen der Kunden mischen. In solch einer Situation sollte man sich offensiv als Plan B oder Sofortmaßnahmen mit zwei Möglichkeiten befassen:
Zusammenschluss mit einem Seniormakler, in dem man den eigenen Bestand in dessen Firma einbringt, in dessen bestand mitarbeitet und zu einer Nachfolgevereinbarung kommt.
Ein weiterer Weg kann – wenn die Bonität das zulässt – der sukzessive Zukauf von Beständen sein und indem man die aktuell wachsende Welle der Bestandsverkäufe nutzt. Zuvor gilt es sich eine Strategie zu entwickeln, wie und mit welchen Tools man diese Käufe bewältigen will und in ein gutes Investment (ROI) führen will. Um Irrwege zu vermeiden, ist es sicher nicht falsch, sich Rat von erfolgreichen Maklerkollegen oder Experten zu holen.
Erhöhen Sie Ihren Umsatz und damit auch den Wert des Unternehmens durch Übergang zur DIN-Norm 77230. Nach Erfahrungen von Maklern und Poolchefs steigt der Umsatz bei so zertifizierten Maklern durchschnittlich um zwölf Prozent. Die besten zehn Prozent der Nutzer erreichen sogar über 50 Prozent Umsatzsteigerung.
Klingt platt, aber ist so – die Krise als Chance
Manchmal klingt es schon wie eine Mantra-Meditation: Die Krise als Chance. Oftmals steht dies für eine Hoffnung auf Besserung oder Sehnsucht nach der alten Zeit. Wenn ich diesen Satz dennoch nehme, dann deshalb, weil besondere Situationen wie diese Krise auch einen Bruch mit Vergangenem und den Weg zu Neuem befördern können.
Seit Jahren reden wir über Digitalisierung, Online-Beratung und –verkauf. Die Pandemie hat wie ein schlagartiger Katalysator gewirkt, der heute deutlich mehr Makler an die Umsetzung dieser Themen herangeführt hat. Manche dieser Wandlungen wurde mit viel Aktionismus in umgesetzt. Das Hinterfragen der Wirkungen blieb auf der Strecke, die Möglichkeiten der Nachhaltigkeit im neuen Geschäftsmodell wurden noch ausgeblendet.
Chancen werden dann sinnvoll ergriffen, wenn diese nicht im stillen Kämmerchen entwickelt werden. Es hilft, im Meinungsaustausch individuell passenden Lösungen als Plan B zu entwickeln, zu diskutieren und aus unterschiedlichen Perspektiven einer Lösung zuzuführen. So entsteht der passende Plan B, an dem man lernt und sich weiterentwickelt – meint Ihr AssekuranzDoc.