Das Bundesfinanzministerium hat auf seiner Webseite einen Formulierungsentwurf für einen Provisionsdeckel veröffentlicht. Dabei kommt das Ressort dem Versicherungsvertrieb offenbar entgegen. Punkte, die zuletzt heftig umstritten waren, wurden gekippt: unter anderem, dass Teile der Bestandsprovision nun der Abschlussvergütung zugerechnet werden.
Lange lag das Projekt „Provisionsdeckel“ auf Eis - doch jetzt hat es die Bundesregierung eilig. Bereits am Freitag veröffentlichte das Bundesfinanzministerium auf seiner Webseite den „Entwurf eines gesetzlichen Provisionsdeckels in der Restschuldversicherung“. Dieser soll als Gesetzesinitiative im Wege einer „Formulierungshilfe“ in das Bundeskabinett eingebracht werden: laut Medienberichten noch im Februar.
Schwerpunkt Restschuldversicherung
Konkret sieht die Formulierungshilfe, insgesamt nur sieben Seiten lang, Eingriffe beim Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und in der Gewerbeordnung vor. Und tatsächlich geht es vor allem um Restschuld-Policen. Diese werden bei 2,5 Prozent des versicherten Darlehensbetrags gedeckelt. Das Ministerium argumentiert, weshalb man den Deckel auf die Höhe des Darlehens bezieht, nicht auf die Prämien. Denn ein Prämien-Deckel ließe sich leicht umgehen: indem die Versicherer ihre Beiträge einfach zum Nachteil der versicherten Personen anheben.
In dem Papier wird nochmal erklärt, warum hier gehandelt werden muss. 8,2 Millionen Personen halten in Deutschland einen Restschuld-Vertrag. Eigentlich soll er für den Fall absichern, dass sie einen Kredit oder eine Hypothek nicht mehr bezahlen können, etwa wegen Arbeitslosigkeit oder bei Tod eines Angehörigen. Doch eine Marktstudie der Finanzaufsichtsbehörde BaFin ergab, dass hier massiv hohe Provisionen an die Vermittlerinnen und Vermittler gezahlt werden. „Dies führt zu erhöhten Zinszahlungen und steigert die Kostenbelastung der versicherten Darlehensnehmer über die gesamte Tilgungsdauer und kann auf diese Weise zur Überschuldung beitragen. Preis und Leistung stehen in Folge der exzessiven Provisionen in einem auffälligen Missverhältnis zueinander“, heißt es im Entwurf.
Bisher teils Provisionen von mehr als 50 Prozent des Beitrags
Konkret hatte die BaFin festgestellt, dass die Provisionen zum Teil mehr als die Hälfte des Beitrages auffressen. Zwölf befragte Kreditinstitute gaben demnach an, 50 Prozent der Versicherungsprämie zu erhalten. Bei zwölf weiteren Banken lag der Provisionshöchstsatz unter 50 Prozent, bei sieben Instituten sogar über 50 Prozent. Was das bedeutet, hat unter anderem ein Marktvergleich des Portals kreditvergleich.net ergeben. Schon bei 60monatiger Laufzeit kann sich ein Kredit um mehr als 30 Prozent verteuern - allein wegen der Restschuldversicherung.
Neu geplant ist zudem eine Stornohaftung für Restschuld-Policen: Vermittlerinnen und Vermittler müssen also um Teile ihrer Provision fürchten, wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wird. Das gelte, obwohl sie nicht zu Kranken- und Lebensversicherungen zuzurechnen sind, bei denen solche Haftungsregeln bereits greifen: Restschuld-Policen werden der Schaden-/Unfallversicherung zugerechnet. Dabei soll die Stornohaftung ihrer Dauer nach an die Laufzeit des Darlehensvertrages anknüpfen.
Umstrittene Neudefinition der Abschlussprovision fehlt
Während das Thema Restschuldversicherungen Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler in der Regel weniger stark betrifft: Diese Policen werden oft über Bankfilialen vertrieben, kommt die Formulierungshilfe dem Vertrieb in anderen Punkten entgegen:
Vor wenigen Wochen machte ein inoffizieller Referentenentwurf für einen Provisionsdeckel die Runde, ebenfalls unter Federführung des Bundesfinanzministeriums. Darin wurde der Begriff der Abschlussprovision neu definiert: in § 7 Nummer 34c des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Demnach sollten fortan auch solche Vergütungen darunter fallen, die bisher als Bestandsprovision galten. Entscheidend für die Zuordnung sei, ob die laufende Provision lediglich den Fortbestand des Vertrages vergütet - oder eine „spezifische, für den Versicherer erbrachte Dienstleistung“.
Ein Provisionsdeckel hätte dann zur Folge gehabt, dass den Vermittlern unter bestimmten Voraussetzungen auch weniger Provision für den Bestand gezahlt werden dürfte - sogar für bereits bestehende Verträge. Und das in allen betroffenen Sparten. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) wertete dies als Eingriff in die Privatautonomie der Vermittelnden. Doch die positive Nachricht aus Sicht der Branche: im aktuell veröffentlichten Papier des Bundesfinanzministeriums erfolgt kein derart radikaler Eingriff. Denn nun wird der erweiterte Abschlussprovisions-Begriff explizit auf die Restschuldversicherung bezogen, nicht aber auf andere Sparten.
Provisionsdeckel in der Lebensversicherung: kein Thema mehr?
Und wie ist es um das Vorhaben bestellt, einen Provisionsdeckel allgemein für kapitalbildende Lebensversicherungen festzuschreiben? Schließlich sollte sich eine solche Obergrenze ursprünglich auch auf andere Verträge beziehen, nicht allein auf Restschuld-Policen. Zumindest aktuell kann hier Entwarnung gegeben werden: im vorgelegten Papier sind keine derartigen Regeln enthalten. Wohl auch, weil dieses Vorhaben am Widerstand der Unionsparteien scheiterten.
Dennoch ist das Thema noch nicht vom Tisch, wie das Bundesfinanzministerium klarstellt. Auf der Webseite heißt es: "Der Vorschlag basiert maßgeblich auf einem bereits 2019 konsultierten Referentenentwurf, der darüber hinausgehend auch einen Provisionsdeckel für die Lebensversicherung vorgesehen hatte. Um eine politische Einigung im Bereich der Restschuldversicherung zu ermöglichen, wurden die Regelungen hinsichtlich der Lebensversicherung zunächst zurückgestellt; aus Sicht des BMF besteht aber auch hier weiterhin Handlungsbedarf, um mögliche Fehlanreize durch überhöhte Provisionen zu vermeiden".