Risikofaktor Widerstandsfähigkeit

Quelle: ReadyElements / pixabay

Die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) ist ein Schlüsselfaktor für Belegschaft und Unternehmen. Belastbare Mitarbeiter bringen das Unternehmen, für das sie tätig sind, deutlich weiter. Welche Rolle das spielt, schildert Nicoletta Blaschke, Director Health Solutions bei Aon Deutschland, im Gastbeitrag.

Eines steht fest: 2020 zeigte in nie dagewesener Weise, wie unvorhersehbar das Leben sein kann. Und wie unerwartet ein Wandel, den man ganz und gar nicht selbst initiiert hat. Wie der Schutz der Mitarbeiter für Unternehmen – egal ob groß oder klein – plötzlich zum Dreh- und Angelpunkt werden kann, an dem mitunter die Handlungsfähigkeit der gesamten Organisation hängt.

In Form der Studie „The Rising Resilient“ nimmt der Risikoberater Aon eines der wohl wichtigsten Themen unserer Zeit ins Visier: Die Resilienz von Unternehmen und ihren Mitarbeitern. Die Widerstandsfähigkeit von Menschen als Risikofaktor zu erkennen, spielte schon vor der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle. Und doch stand sie für die meisten Unternehmen nicht im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt COVID-19 hat dies nun grundlegend geändert.

Belastbar, gesund, erfolgreich

Die Resultate der Befragung von knapp 3.000 Teilnehmern – Mitarbeitende als auch Führungskräfte – lassen eine klare Schlussfolgerung zu: Belastbare Belegschaften bringen dem Unternehmen, in dem sie agieren, nicht nur mehr Leistung, sondern haben auch einen positiven Einfluss auf dessen Ausgaben.

Die Realität sieht laut Aon-Studie jedoch deutlich düsterer aus: Schlüsselerkenntnis der Auswertung ist, dass sich nur 32 % der befragten Mitarbeiter selbst als resilient einschätzen. Die daraus für den Arbeitgeber resultierende Konsequenz: Belegschaften mit einer nur geringen Widerstandsfähigkeit zeigen ein um 55 % geringeres Engagement am Arbeitsplatz; die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Unternehmen verlassen, ist um 42 % höher.

Geheimwaffe Resilienz

Die generelle Grundlage für diese Erkenntnisse bilden insgesamt drei Schlüsselindikatoren für eine hohe Resilienz: Erstens das Sicherheitsgefühl des einzelnen Mitarbeiters am Arbeitsplatz, zweitens das Gefühl dazu zu gehören und drittens die Möglichkeit, das eigene Potenzial voll ausschöpfen zu können.

Widerstandsfähig und belastbar zu sein bedeutet, dass Menschen sich besser an neue oder herausfordernde Situationen anpassen können. Sie gehen besser mit Stress um und besitzen die Fähigkeit, trotz negativer Einflüsse motiviert zu bleiben. Auf diese Weise helfen sie dabei, die Resilienz des gesamten Unternehmens zu erhöhen, damit übergreifende Veränderungen besser bewältigt werden können.

Die Studie zeigt anschaulich, dass eben diese Indikatoren das Problem der Unternehmen sind: 42 % aller befragten Arbeitnehmer gaben an, sich an ihrem Arbeitsplatz nicht sicher zu fühlen. 52 % haben den Eindruck, nicht zugehörig zu sein und 55 % sind der Meinung, sich nicht ihrem Potenzial entsprechend entwickeln zu können. Eine Erkenntnis, die von Arbeitgebern national sowie international als Grundlage genutzt werden sollte, um ihre jeweilige Wellbeing-Strategie grundlegend zu überdenken.

Konsequenzen, die weh tun

Abgesehen von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, ist das Thema Gesundheit (körperlich sowie geistig) den Unternehmen als simple Gleichung leicht vermittelbar: Mitarbeiter, die nicht resilient sind und ihre Arbeit auf kurz oder lang – sei es aus physischen oder psychischen Gründen – nicht ausüben können, stellen heutzutage eine der stärksten Belastungen für Unternehmen dar, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Der Ausfall nur eines einzigen Mitarbeiters kostet den Arbeitgeber ca. 204 Euro pro Tag! Und nicht zuletzt ein Blick auf die volkswirtschaftlichen Produktionsausfallkosten zeigt, wie wichtig die Reduzierung solcher Fehlzeiten für eine Organisation ist: 85.000.000.000 (!) Euro total kostet die Abwesenheit von Arbeitskräften die deutsche Wirtschaft – dies beziffert die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua).

Die Gründe für diese Entwicklung sind dabei sehr unterschiedlich – das Jahr 2020 hat uns jedoch gleich mehrere auf dem Silbertablett serviert und keinen wird es noch großartig verblüffen, wenn die Liste – angeführt von geistigen und körperlichen Krankheiten des Einzelnen – um einige weitere Punkte erweitert wurde. Denn nicht nur die Beeinträchtigung von Körper und Geist, sei es durch Überbelastung, Stress, persönliche Ängste hinsichtlich der finanziellen Situation oder ähnliches; auch die Herausforderung bei geschlossenen Schulen und KiTas Kinderbetreuung und eigenen Job unter einen Hut zu bekommen oder aber erkrankte Angehörige zu pflegen, können zu einem weiteren Anstieg der Fehlzeiten am Arbeitsplatz führen. Die genannten Punkte sind dabei vielleicht nur die Spitze des Eisberges – übergreifend gilt es zu verstehen, dass die Problematik der Unternehmen auf einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren und Auslöser fußt, denen es gezielt zu begegnen gilt.