Die geplante Absenkung des Höchstrechnungszinses könnte sich auch auf bestehende Rentenversicherungsverträge, bei denen die Auszahlung noch nicht begonnen hat, auswirken. Davor warnt der Bund der Versicherten e. V. (BdV). Die Verbraucherschützer fordern deshalb die Aufhebung des Verrentungszwangs und einen Provisionsdeckel für alle Verträge der Lebensversicherer.
Nach langem Hin und Her soll der Garantiezins zum 1. Januar 2022 von aktuell 0,90 auf 0,25 Prozent abgesenkt werden. Das Bundesfinanzministerium will die Pläne schon im Mai festzurren. Die Deutsche Aktuarvereinigung hatten bereits im Dezember 2019 empfohlen, den Garantiezins für Lebens- und Rentenpolicen zu kürzen. Da sich der Großteil der Lebensversicherer in den letzten Jahren von klassischen Leben-Policen mit Garantiezins losgesagt hatte, erschien eine Absenkung auch nicht zwingend notwendig. Die meisten neuen Tarife haben einen Mix aus risikobehafteteren Anlagen und einer Beitragsgarantie. Wobei viele der neuen Policen nicht mal die kompletten eingezahlten Beiträge garantierten.
BdV kritisiert Garantiezins-Senkung
Mit der für kommendes Jahr geplanten Absenkung sollen Neuverträge dann nur noch mit einer jährlichen Verzinsung von höchstens 0,25 Prozent über die gesamte Laufzeit auf den Markt gebracht werden dürfen. Der BdV hat sich den Referentenentwurf angeschaut und eine Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium gerichtet. Die Verbraucherschützer bewerten die Pläne als "finanz-, fiskal- und haushaltspolitisch nutzlos, wettbewerbspolitisch fragwürdig und ordnungspolitisch widersinnig", heißt es in der Stellungnahme.
So würden die verminderten Zinsen sich beispielsweise auch auf bestehende Renten-Policen auswirken, warnt der BdV. Konkret würde dies Verträge betreffen, bei denen die Auszahlung noch nicht begonnen hat. Bei vielen Riester-, Rürup- und betrieblichen Rentenversicherungsverträgen werden die zukünftigen Renten auf Grundlage des neuen Rechnungszinses festgelegt. Denn seit Einführung der Riester-Renten vor etwa 20 Jahren hat sich in der Branche durchgesetzt, dass die Versicherer die Rentenhöhen erst zu Rentenbeginn errechnen und dabei auf den dann gültigen Höchstrechnungszins abstellen. Resultierend daraus sei ein Großteil der über 40 Millionen bestehenden Rentenverträge betroffen und müsste bei einer Zinssenkung dann auch sinkende Renten hinnehmen.
Aufhebung des Verrentungszwangs und ein Provisionsdeckel
„Die Konsequenzen der neuen Regelung sind fatal. Sie bedeuten niedrigere Renten, höhere Provisionen und höhere Kosten“, kritisiert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bund der Versicherten. Schließlich müssten Lebensversicherer durch die Senkung des Höchstrechnungszinses die Angebote in der Leben-Sparte preislich anpassen - sprich verteuern. Die Verbraucherschützer rechnen mit Rentenkürzungen im zweistelligen Prozentbereich. Dadurch würde sich wiederum das Preis-Leistungsverhältnis für die garantierte Rente verschlechtern. Für die gleiche garantierte Rentenleistung müssten Verbraucher künftig deutlich mehr Geld ansparen. Der BdV rechnet bei jüngeren Menschen mit etwa 30 Prozent Mehrkosten. Ergo würden sich auch die Provisionen erhöhen und damit auch hier eine Schlechterstellung der Versicherungsnehmer ergeben.
Als Ausweg formulieren die Verbraucherschützer fünf Forderungen. So solle zuerst von der Absenkung des Höchstrechnungszinses abgesehen und zeitnah Provisionsdeckel in angemessener Höhe eingeführt werden. „Gegen diese hohen Kosten hilft nur ein Provisionsdeckel. Der muss endlich für alle Verträge der Lebensversicherer kommen“, fordert der BdV-Chef. Als weiteren wichtigen Punkt sehen Kleinlein & Co. die Aufhebung der verpflichtenden Verrentung der Altersleistung bei Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen im Sinne des AltZertG („Riester“- und „Basis-Renten“) an. Überdies solle die BaFin in ihren Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten gestärkt und Verbraucherverbände mehr in die politischen Prozesse für diese Maßnahmen einbezogen werden, heißt es weiter.