Versicherungsbetrug kann oft nur über Ländergrenzen hinweg bekämpft werden: Sind doch auch die Täter oft international vernetzt. Wie solche Kooperationen aussehen können, berichtet Robert Harris, Global Product Manager for Insurance Fraud bei BAE Systems Applied Intelligence.
Es fühlt sich an, als würde sich fast jeden Tag jemand eine neue Art ausdenken, die Versicherungsbranche zu betrügen. Jedes neue Sicherheitssystem wird von Kriminellen als direkte Herausforderung angesehen, um einen Weg zu finden, es zu überwinden und die wertvollen Daten zu extrahieren, die sie benötigen, um Identitäten und letztendlich Geld zu stehlen. In verschiedenen Ländern mögen unterschiedliche Arten von Betrug vorherrschen, aber diese Art von Kriminalität kennt keine geografischen Grenzen, und ihre Bekämpfung ist zunehmend internationale Teamarbeit.
Wie schnell diese internationalen Bemühungen voranschreiten, wurde sehr deutlich, als BAE Systems im November seinen Global Insurance Fraud Summit abhielt, an dem 150 Teilnehmer aus 28 Ländern teilnahmen – verglichen mit 50 Personen aus 16 Ländern im Vorjahr. Vertreten waren Unternehmen und Organisationen von der Polizei über Steuer- und Grenzbehörden bis hin zu Versicherern, Wirtschaftsverbänden und Systemexperten.
In der Vereinigung „Intelligence Network“ haben sich mehr als 2000 Experten für Cyber- und Finanzkriminalität zusammengeschlossen, gemeinsam mit Branchenvertretern aus Unternehmen wie Microsoft und Verbänden wie dem britischen Unternehmerverband CBI. Sie tauschen Informationen aus, erstellen Studien und setzen sich für Veränderungen ein, um die Abwehrkräfte aller gegen Cyberkriminalität zu stärken.
Natürlich hatte die globale Covid-19-Pandemie in den letzten 12 Monaten auch Auswirkungen auf den Versicherungsbetrug. Aber diese waren nicht nur negativ. Covid-19 hat bestimmte Arten von Betrug gefördert und viele Möglichkeiten für neue Betrügereien geschaffen – aber die Pandemie hat auch zu einer großartigen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sektoren geführt. Es gab eine viel größere Bereitschaft, Informationen und Erfahrungen über Unternehmen, Organisationen und geografische Grenzen hinweg zu teilen.
So hat der Lockdown zum Beispiel die „Coalition Against Insurance Fraud“ zu ihrem ersten Webinar inspiriert. Mit 3000 Teilnehmern war es die größte Veranstaltung zur Betrugsbekämpfung, die es je gegeben hat – und nun sind solche Veranstaltungen zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sind besonders wichtig im Kampf gegen Kfz-Kriminalität. Der Datenaustausch zwischen allen Organisationen und Behörden, die am Lebenszyklus eines Autos und an der Ermittlung und Verfolgung von Betrug beteiligt sind, einschließlich der Autohersteller, Versicherungen, Leasingfirmen und Anwälte, ist von entscheidender Bedeutung – und dies geschieht jetzt auf eine Weise, die in der Vergangenheit manchmal auf Widerstand stieß.
Es genauso wichtig, die Geschäfte der Betrüger zu stören, wie sie strafrechtlich zu verfolgen. In einigen Ländern und Regionen stehen jedoch nicht immer die Mittel zur Verfügung, um einen Großteil der aktiven Betrugsfälle zu untersuchen und/oder strafrechtlich zu verfolgen. Dies hat eine kreative Suche nach Wegen ausgelöst, die es den Kriminellen erschweren, ihren Geschäften nachzugehen. Es lohnt sich, einen Blick auf einige dieser Verteidigungsmaßnahmen zu werfen, die auf der ganzen Welt ergriffen werden:
- Insgesamt haben 78 Prozent der Versicherungsunternehmen Betrugs-Hotlines, verglichen mit 64 Prozent in allen anderen Branchen. Diese Hotlines sind eine wichtige Waffe im Kampf gegen Betrug. Hinweise helfen bei der Aufdeckung von 50 Prozent der Fälle, sodass die Versicherer den Betroffenen voraus sind.
- In Hongkong gibt es ein erhebliches Problem mit gefälschten Deckungsbestätigungen von Versicherungen, die von Betrügern an ahnungslose Fahrzeugbesitzer ausgehändigt werden, die dann herumfahren, ohne zu wissen, dass sie keinen Versicherungsschutz haben. Dank der Einführung eines neuen Systems, das eine sofortige Dokumentenprüfung ermöglicht, sowie einer ausgefeilten Betrugsanalyse, die Anzeichen für kriminelle Aktivitäten erkennt, geht man dort gegen das Problem vor.
- In Südkorea hat die jüngste Änderung der Vorschriften eine große Rolle bei der Betrugsbekämpfung gespielt. Bis August 2020 war es den Ermittlern nicht möglich, auf Informationen zuzugreifen, die für die Aufdeckung und Strafverfolgung entscheidend sind. Dies hat sich jedoch geändert, sodass die Ermittler die benötigten Daten abrufen können.
- In Singapur bietet die „General Insurance Association“ eine öffentliche Belohnung von bis zu 10.000 Singapur-Dollar (etwa 6250 Euro) für Informationen an, die zur Verurteilung von Versicherungsbetrügern führen.
Auf der ganzen Welt stellen sich Betrugsbekämpfungsteams der Herausforderung, gehen das Problem mit Kreativität an, nutzen alle verfügbaren Informationen optimal und sorgen dafür, dass die Mitarbeiter geschult werden, damit sie wissen, wonach sie suchen und wie sie vorgehen müssen.
Dieser entschlossene Einsatz wird sicherstellen, dass wir den Betrügern, die versuchen, Unternehmen zu schädigen und ihren Kunden enormen Stress und Ängste zu bereiten, immer einen Schritt voraus sind.