Die Aussagekraft einer Studie zum Leistungsverhalten von BU-Versicherern wurde vom Verein ‚Zukunft für Finanzberatung‘ in Zweifel gezogen. Versicherungsbote sprach mit Christian Schwalb (SCALA) und Dr. Rainer Demski (NewFinance) über die Hintergründe.
Versicherungsbote: Sie sind angetreten, den Ruf der Branche zu verbessern. Nun kritisieren Sie in einer öffentlichen Stellungnahme eine Studie, ohne sie genau gekannt zu haben. Wie trägt das zu einem besseren Ruf der Branche bei?
Dr. Rainer Demski: Uns liegt die öffentliche Wahrnehmung unserer Branche und deren hohe Verantwortung gegenüber den Verbrauchern, sehr am Herzen. Wir haben mit unserer Stellungnahme eine aus unserer Sicht ungerechtfertigte Verunsicherung der Verbraucher kritisiert, die auf einer viel zu geringen Faktenlage beruht. Eine gesamte Branche oder Sparte zu kritisieren, als Ableitung aus einer Datenerhebung, bei der lediglich sieben Versicherer von 59 rudimentäre Informationen geliefert und davon sogar nur ein Versicherer alle Fragen beantwortet haben, halten wir für fragwürdig. Das ließ sich auch bereits aus der Pressemitteilung von PremiumCircle schließen. Im Übrigen werden wir uns als Mediengesellschaft NewFinance noch intensiver mit der Studie auseinandersetzen und dazu weiter berichten. Wir haben die Studie schon am Donnerstag bestellt und bezahlt, nur leider bisher von PremiumCircle außer einer Rechnung nichts weiter erhalten.
Auch wenn die Datenlage extrem dünn war: Der Begriff ‚zuletzt ausgeübte Tätigkeit‘ wird von sechs Versicherern auf vier unterschiedliche Weisen verstanden. Wäre nicht anzunehmen, dass mehr Teilnehmer eher weitere Verständnismöglichkeiten zu Tage befördert hätten?
Christian Schwalb: Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Leistungsprüfung die konkrete Berufsausübung maßgebend, wie diese zuletzt in gesunden Tagen ausgestaltet war. Leidensunabhängige Berufswechsel sind nach unserer Kenntnis dann zu bewerten, wenn diese prägend für die konkrete Berufsausübung sind. Ein Leistungsprüfer muss also immer bewerten, was war die Berufsausübung genau umfasst - ohne sonstige Einflüsse wie einer vorübergehenden Kurzarbeit oder auch einer pandemiebedingt angeordneten Homeoffice-Tätigkeit. In jedem Einzelfall ist deshalb diese individuelle Erarbeitung nötig und stellt die gelebte Praxis bei Versicherungsunternehmen dar.
Sind die ‚unbestimmten Rechtsbegriffe‘, die PremiumCircle seit Jahren anprangert, nur eine Fiktion?
Christian Schwalb: Aus unserer Bewertung ist es kein sinnvolles Vorhaben, Bedingungswerke mit allen möglichen Details auszustatten. Wir schließen heute nun mal Verträge ab, welche in die Zukunft gerichtet ein Regelwerk für mehrere Jahrzehnte abbilden sollen. Wir sind davon überzeugt, dass Versicherungsbedingungen einen Rahmen stellen müssen, welcher die Grundlage für Interpretationen der Gesetzgebung stellt. Die ständige Rechtsprechung erzeugt, daran orientiert, ein dynamisches Regelwerk, welches auf unklare Situationen eine Entscheidungsebene definiert. Die zahlreichen Urteile rund um die Arbeitskraft ergänzen ja heute bereits umfänglich die zugrundeliegenden Vertragsbedingungen und haben damit Einfluss auf die konkrete Leistungsfallentscheidung.
Befürchten Ihr Verein und die Unterzeichner der Stellungnahme in Sachen BU-Absicherung ein ähnliches Szenario wie bei Riester? Dort heißt es ja regelmäßig, ‚die Medien‘ hätten die Riester-Rente kaputt geschrieben.
Christian Schwalb: Nein, das ist in der biometrischen Absicherung zum Glück nicht zu erwarten. Was nicht bedeutet, dass Medien vor dem Hintergrund der Absicherungsquote in diesem Bereich nicht sorgsamer und weniger sensationsgetrieben mit dem Thema umgehen könnten. Wir haben uns in dem konkreten Fall gezielt geäußert, weil wir eine ungerechtfertigte Verunsicherung der Verbraucher generell für falsch erachten. Die Branche hat in der aktuellen Pandemie bereits viel Kredit in der Öffentlichkeit durch die Causa Betriebsschließungsversicherung verspielt. Seit vielen Jahren stagniert die Bestandsquote im Bereich der Arbeitskraftabsicherung, obwohl die Notwendigkeit dieser existentiellen Vorsorge in der Bevölkerung Jahr für Jahr steigt. Wir tun als verantwortungsvolle Branchenvertreter gut daran, diesen Umstand nicht durch öffentlich gemachte Überinterpretationen zu untergraben.
Wie kann solch ein ‚mediales Gezänk‘ auf Kosten der Branche und letztlich derjenigen, die sich deswegen gegen die Absicherung wichtiger Risiken entscheiden, vermieden werden?
Dr. Rainer Demski: Indem man entlang der Tatsachen argumentiert und auch berichtet. In einer freien Gesellschaft wird es auch künftig unterschiedliche Geschäftsinteressen und Kommunikationsstile geben. Es ist aus unser Wertung auch eine wichtige Aufgabe für einen Interessenverein als Branchenvertreter, dann das Wort zu erheben, wenn die Branche ungerechtfertigt in Misskredit kommt und dadurch sowohl die Geschäftsgrundlage, wie auch die Vertrauensebene für viele Marktteilnehmer beschädigt werden. Mit unserer öffentlichen Stellungnahme haben wir klar herausgestellt, dass es sich dabei nicht um eine von wirtschaftlichen Interessen getriebene Einzelmeinung handelt, sondern viel mehr um einen breiten Konsens spezialisierter Marktteilnehmer und Gesellschaften.