An einer Versicherungspflicht für Selbstständige führt kein Weg vorbei, findet Ergo-Vorstand Michael Fauser, der diesen Standpunkt auch aus Umfrage-Ergebnissen ableitet. Was die Selbstständigen von der Pflicht zur Altersvorsorge halten.
Geht es nach Ergo-Vorstand Michael Fauser, ist das Aufgaben-Heft der künftigen Bundesregierung schon vor der Wahl gut gefüllt. Allerdings mit einer verschleppten Aufgabe, die bereits in dieser Legislaturperiode hätte erledigt werden sollen: Die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige.
Dabei ist spätestens seit dem Alterssicherungsbericht 2016 (!) bekannt, dass fast die Hälfte der ehemals Selbstständigen im Alter über ein Nettoeinkommen unter 1.000 Euro verfügt. Als Fazit konstatierte der Bericht: Selbstständige hätten „anders als die meisten anderen Erwerbstätigen… offenbar überdurchschnittlich häufig nicht hinreichend für ihr Alter vorgesorgt.“
Seither gab es eine Anhörung im Bundestag, die Absichtserklärung des zuständigen Ministeriums, Arbeit „unter Hochdruck“ und schließlich ein kleinlautes Eingeständnis gegenüber Versicherungsbote, dass „eine gesetzgeberische Umsetzung […] mit der gebotenen Sorgfalt in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich“ sei.
Mehr als ein Drittel der Selbstständigen ohne Altersvorsorge
Wie es um die Vorsorgebereitschaft unter Selbstständigen bestellt ist, zeigt eine aktuelle YouGov-Studie, die im Auftrag der Ergo im Juni 2021 durchgeführt wurde. Demnach scheute über ein Drittel (37 Prozent) der Befragten eine private Absicherung für den eigenen Ruhestand - und das bereits vor der Pandemie.
Mit Ausbruch der Pandemie und den Eindämmungsmaßnahmen hat sich aber die Lage für viele Selbstständige verschärft. So geben 49 Prozent der Befragten an, derzeit weniger als vor der Pandemie zu verdienen und drei Prozent können aktuell gar keinen Verdienst ausweisen. Zu ähnlich alarmierenden Ergebnissen waren bereits Wirtschaftsinstitute gekommen. Die Einkommensverluste haben natürlich auch Folgen für die Altersvorsorge: So gibt knapp die Hälfte (46 Prozent) der befragten Selbstständigen an, als Konsequenz der Pandemie kein bzw. weniger Geld für das Alter zurücklegen zu können. Rund jeder Zehnte (9 Prozent) muss derzeit sogar die eigenen Rücklagen anzapfen, die eigentlich für das Alter gedacht waren.
Damit greift auch die Angst vor Altersarmut um sich: 49 Prozent der Befragten sorgen sich darum, ob ihr Geld auch im Alter reichen wird. Ein Großteil (43 %) geht bereits heute davon aus, dass die Einkünfte im Alter nicht ausreichen werden.
Eine verpflichtenden Altersvorsorge für Selbstständige befürwortet ein großer Teil der Befragten (46 Prozent), um zusätzliche Sicherheit für das Alter zu haben.
Was sich Selbstständige für ihre Altersvorsorge wünschen
Doch wie sollte die optimale Altersvorsorge für Selbstständige ausgestaltet sein? Auch das wollte die YouGov-Studie in Erfahrung bringen und kam zu folgenden Ergebnissen:
- ‚Sicherheit‘ steht für zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Selbstständigen an erster Stelle
- 44 Prozent wünschen sich Flexibilität in der Auszahlphase,
- 38 Prozent in der Sparphase.
- Für 31 Prozent der Befragten sollte die optimale Altersvorsorge höhere Renditen bieten, indem bei der Anlage z. B. verstärkt die Chancen am Kapitalmarkt genutzt werden.
Danach gefragt, welche Wünsche sie an eine verpflichtende Altersvorsorge richten, antwortete mehr als die Hälfte (58 Prozent) der befragten Selbstständigen, dass das angesparte Kapital im Fall von Arbeitslosigkeit pfändungssicher sein soll. Ebenfalls auf dem ‚Wunschzettel Altersvorsorge‘ der Selbstständigen: Flexibilität bei der Beitragszahlung (52 Prozent), leicht verständliche Produkte (42 Prozent) und Sicherheit bei der Kapitalanlage (42 Prozent).
Damit ist das anfangs erwähnte Aufgaben-Heft der künftigen Bundesregierung auch schon recht konkret befüllt. Bleibt nur die Hoffnung, dass die zukünftige Regierung die selbstgesteckten Ziele mit mehr Eifer angeht, als die derzeitige.
Über die Studie:
YouGov befragte im Zeitraum 1. Juni bis 7. Juni 2021 im Auftrag von ERGO 511 Selbstständige in Deutschland zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und zur Altersvorsorge.