Die Covid-19-Pandemie hält die Welt weiterhin auf Trab und bringt für Unternehmen weitreichende Herausforderungen mit sich. Das gilt auch für die Versicherungsbranche, betont Markus Drews in seiner aktuellen Kolumne für Versicherungsbote. Dabei verrät der Managing Director der Canada Life Assurance Europe plc, wie das Covid-Management in anderen Ländern lief und wie sich das Arbeiten innerhalb der Canada Life-Gruppe verändert hat.
Derzeit stellt die Hochwasserkatastrophe die Covid-19-Pandemie medial in den Schatten. Aus gutem Grund: Die schrecklichen Bilder der Flut machen alle sprachlos. Bei der Pandemie hingegen hat – auch wenn die Zahlen derzeit wieder steigen – leichte Beruhigung eingesetzt. Impfungen und häufige Testmöglichkeiten helfen bei der Eindämmung des Virus. Das ist positiv für uns alle, auch für die Unternehmen. Auch wenn es wegen der Delta-Variante für eine Rückschau noch zu früh ist: Nach rund eineinhalb Jahren mit dem Virus ist jetzt ein guter Zeitpunkt, die international unterschiedlichen Erfahrungen zu betrachten. Dazu haben wir uns die Länder, in denen wir aktiv sind, näher angeschaut.
Deutschland stand im internationalen Vergleich für einen eher strengen Kurs: Harte Lockdowns im Frühjahr 2020 sowie im Winter und Frühjahr 2021 mit eng gefassten Ausnahmen für persönliche Treffen und klaren Vorgaben für die Arbeitswelt. In diesem Kurs gab es auch Schwankungen, zum Beispiel die Lockerungen im Sommer 2020. Die Grenzen unserer föderalen Organisation bekamen wir mehrfach deutlich aufgezeigt: Kritik erntete zum Beispiel die Schulpolitik mit ihrer länderabhängigen und mitunter höchst unterschiedlichen Ausrichtung. Zudem rächte sich hier, dass die digitale Schule und Fernunterricht praktisch nicht existent waren. Auch die Impfstoffbeschaffung durch die EU lief nicht optimal – die Rolle Deutschlands war auch nicht immer souverän. Diese Unstimmigkeiten wirken allerdings vergleichsweise gering, schaut man von Deutschland nach Großbritannien oder in die USA.
Die rundum Sorglosen
Der britische Premier Boris Johnson verblüffte mit seiner sorglosen und sprunghaften Haltung im Umgang mit der Pandemie. Herdenimmunität – mit diesem Stichwort begründeten britische Regierungskreise anfangs den weitgehenden Verzicht auf Einschränkungen im öffentlichen Leben, bevor man sich dann doch dazu entschloss. Im Frühjahr 2020 war Großbritannien das Land mit den zweitmeisten Todesfällen nach den USA. Dennoch plädierte Johnson für Lockerungen, die er wegen der hohen Infektionszahlen verschieben musste. Das Hin und Her geht weiter: Trotz Impfungen lassen Delta-Variante, Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen und zuletzt die Fußball-EM sowie die Folgen des Freedom Day die Infektionszahlen wieder rasant ansteigen.
Auch in den USA unterschätzte Ex-Präsident Donald Trump die Gefahr der Pandemie. Im März 2020 verkündete er, man habe die Lage unter Kontrolle und sei gut vorbereitet. Dies und die mangelnde Vorbereitung medizinischer Einrichtungen führten stattdessen zu einer rasanten Verbreitung des Corona-Virus. Über Beschränkungen im öffentlichen Leben herrschte unter den Bundesstaaten – wie auch in Deutschland - oft Uneinigkeit. Widersprüchliche Aussagen zur Maskenpflicht, die Weigerung gegen einen erneuten Lockdown und die Strategie Trumps, die auf fehlerhaften Statistiken und Annahmen beruhte und Expertenrat ignorierte, führten im Dezember 2020 zu einem neuen Hoch des Infektionsgeschehens. Nach einer zuletzt entspannteren Phase steigen auch wegen der Delta-Variante die Zahlen erneut an. Die USA legen weiterhin einen starken Fokus auf die Impfkampagne.
Die Vorsichtigen
Die Pandemie-Strategien Irlands und Kanadas hoben sich deutlich von denen in USA und Großbritannien ab: Irland fuhr ähnlich wie Deutschland einen relativ harten Kurs. Irlands damaliger Premier Leo Varadkar verhängte 2020 Einschränkungen im öffentlichen Leben, etwa die Schließung von Schulen und Universitäten, ein Verbot von Zusammenkünften von mehr als 100 Menschen und die Sperrung von Kinderspielplätzen in Dublin. Im Januar 2021 verzeichnete das Land nach Lockerungen über die Festtage erhöhte Infektionszahlen und ging erneut in den Lockdown. Auch nach dem Absinken der Zahlen ist Irland weiter auf der Hut. Durch unsere Präsenz in Dublin erleben wir das ganz konkret. Unsere Schwestergesellschaft Irish Life – Marktführer in Irland – und wir haben nach wie vor die harten Vorgaben zur Office-Präsenz zu befolgen: Maximal 10% der Mitarbeiter, die sogenannten Essential Worker, dürfen die Gebäude in Dublin betreten.
Ebenfalls vorsichtig agierte Kanada: Premier Justin Trudeau verordnete im Frühjahr 2020 einen harten Lockdown für Wirtschaft, Erziehungswesen und öffentlichen Dienst. Die Provinzen lockerten die Maßnahmen nur langsam. Im letzten Juli verzeichnete das Land 306 Fälle pro 100.000 Einwohner – in den USA lag diese Zahl beinahe 4 Mal so hoch. In Kanada konnten sich Politik, Gesundheitsbehörden und medizinische Experten meist auf eine Linie einigen. Die Impfungen laufen jedoch schleppend an. Aus einer internationalen und repräsentativen Umfrage mit YouGov vom letzten Jahr wissen wir, dass es für den vorsichtigen Pandemie-Kurs in Irland und Kanada breite Zustimmung in der Bevölkerung gab.
Umsichtig handeln war auch die Devise unseres kanadischen Mutterkonzerns. Das klappte vor allem deswegen, weil die Canada Life-Gruppe funktionierende Pandemie-Pläne hatte, die sie prompt und entschieden umsetzte. Von Anfang an oberste Priorität hatte die Gesundheit der Mitarbeiter, der Kunden und Geschäftspartner. Erleichterungen bei finanziellen Engpässen sorgten dafür, dass zum Beispiel im Gruppengeschäft wichtige Versicherungsleistungen und Sparziele für Angestellte erhalten blieben. Zusätzlich unterstützte die Canada Life-Gruppe auch betroffene Gemeinden. Trotz der erschwerten Bedingungen – schließlich machte das Virus direkte Begegnungen unmöglich – gelang es, sich im kanadischen Markt bei unseren über 13 Mio Kunden weiterhin stark zu positionieren.
Genau das schafften wir auch für Canada Life in Deutschland. Ein Schlüssel dazu war, online genauso für Kunden und Geschäftspartner da zu sein wie vorher. Mitte März 2020 gingen 90% von uns ins Homeoffice, und das von heute auf morgen. Es gelang, da wir seit Jahren länderübergreifend in der gesamten Gruppe Digitalisierung und Flexible Work vorantreiben. So konnten wir zum Beispiel auch in der Pandemie neue Kolleginnen und Kollegen einstellen und komplett online einarbeiten. Unsere Belegschaft kann auf Wunsch auch noch bis auf Weiteres zu Hause arbeiten. Die gelungene Umstellung unserer Arbeitswelt gab uns Raum, weiter an uns zu arbeiten. Und genau das halten wir für eine gute Strategie für die Zukunft. Denn eines ist sicher: Vorausdenken ist wichtig, um auch künftig überraschend auftretende Herausforderungen bestmöglich meistern zu können.
Markus Drews