Verpflichtung des Versicherungsvermittlers zur Rechtsberatung
Wiederholt stellen Kunden fest, daß ihr „Betreuer“ in Versicherungsfragen das Kleingedruckte, also die Versicherungsbedingungen noch nie gründlich studiert hatten. Rechtliche Feinheiten kommen auf, wenn der Versicherer nach einem Hochwasser etwa meint, nur Starkregen sei versichert – und ankündigt ohne vorherige Klage keine Leistung zu erbringen. Wie soll ein Versicherungskunde als Laie rechtlich den Unterschied zwischen vielleicht Starkregen, Flut und Überschwemmung oder Rückstau bereits begrifflich ohne Beratung erfassen?
Auch wer meint, wegen fehlender frühzeitiger Unwetterwarnung durch den Staat, oder etwa unterlassenem Ablaufenlassens von Wasser in Rückhaltebecken bzw. Talsperren sich durch Betreiber geschädigt fühlt, wird erfahren dass eine Staatshaftung meist voraussetzt, dass niemand sonst haftet.
Bis zu 85 Prozent der Versicherungsvermittler haften bei Versicherungslücken persönlich
Ein ehemaliger Justizminister hat durch ein Fachinstitut ermitteln lassen, daß seinerzeit rund 85 Prozent der Versicherungsvermittler (Makler und Agenten) dem Kunden vor seiner Entscheidung keine Beratungsdokumentation ausgehändigt hatten.
Sinn und Zweck dieser Pflicht nach der sogenannten EU-Vermittler-Richtlinie (gültig seit 21.05.2007) ist es dem Kunden zu ermöglichen, vor dem Abschluss der Versicherung, alle Gründe und Empfehlungen vor seiner Entscheidung genau zu prüfen. Daher nützt es nichts, wenn solche Dokumente nachträglich zugeleitet werden – es entscheidet vielmehr der Inhalt der Dokumentation und die rechtzeitige Übergabe.
Makler besitzen eine entsprechende Haftpflichtversicherung für solche Beratungsfehler. Für Agenten haftet regelmäßig der von ihnen vertretene Versicherer mit, den nach VVG auch selbst bei Erkennbarkeit eines Beratungsbedarfs – etwa wegen Fehlen der Elementarschadenversicherung – eine eigene Beratungspflicht gem. § 6 VVG trifft.
Bundesgerichtshof entscheidet bis hin zur Beweislastumkehr
Die Dokumentation ist später der beste Beweis für die Beratungslücke, also Fehlberatung und Vermittlerhaftung, wenn sie z.B. wie oft formularmäßig floskelhaft und nichtssagend ist. Fehlt die Dokumentation komplett, oder kann der Vermittler die rechtzeitige Übergabe an den Versicherungskunden nicht beweisen, führt dies bis hin zur Beweislastumkehr (BGH, Urteil vom 13.11.2014, Az. III ZR 544/13).
Die unterlassene Dokumentation ist dann also noch kein Beweis - sie führt nur dazu, dass der Versicherungsnehmer die bestimmte Falschberatung zunächst nur konkret behaupten muss, und dann der Makler/Agent die Beweislast trägt, dass er korrekt beraten hat. Wozu weder reicht, dass er die Elementarschadenversicherung angeboten, noch dass er dringend zu ihr geraten hat. Vielmehr muss er die Folgen deren Fehlens drastisch vor Augen geführt haben und wirklich alle Möglichkeiten, sie irgendwie zu ermöglichen, genau geprüft und erläutert haben.