Mehrere Parteien liebäugeln zur Bundestagswahl mit der Idee eines Staatsfonds nach Schwedischem und Norwegischem Vorbild. Ein Blick auf die größten dieser Fonds zeigt: Schon heute sind sie eine Investoren-Supermacht mit 7,59 Billionen Euro verwaltetem Vermögen.
Eine knappe Mehrheit der Deutschen spricht sich für einen deutschen Staatsfonds aus: 58 Prozent würden einen solchen begrüßen, so eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Minderheitsaktionäre. Das nimmt nun die ARD Tagesschau zum Anlass, einen Blick auf die verschiedenen Formen von Staatsfonds zu werfen - und die größten vorzustellen.
Fakt ist: Staatsfonds ist nicht gleich Staatsfonds. Es gibt verschiedene Ziele und Ansätze, die mit den Konstrukten verfolgt werden. Bedingung sei, dass der „Staat die volle Verfügungsgewalt über das angelegte Vermögen“ habe, sagt Timm Bönke, Professor für öffentliche Finanzen an der Freien Universität Berlin, gegenüber tagesschau.de. Je nach Interpretation gebe es aktuell 98 bis 150 dieser Fonds. In der angelsächsischen Literatur werden sie „Sovereign Wealth Funds“ (SWF) genannt.
Der irische Pensionsfonds habe zum Beispiel Geld für Pensionen zweckentfremdet, um in der Finanzkrise Banken zu retten, erklärt der Experte. Viele Fonds verfolgen darüber hinaus das Ziel, Gelder aus Rohstoffen außerhalb des Landes zu investieren: quasi als Lebensversicherung für die Zeit, wenn die Bodenschätze weniger ertragreich sein werden oder gar ganz versiegen. Vier der weltweit größten Fonds stammen folglich von ölreichen arabischen Staaten: aus Abu Dhabi, Kuwait, Saudi Arabien und Singapur. Eine Mischform sei der norwegische Staatsfonds, der sich einerseits aus Ölgeldern speist, aber auch einen Versicherungsfonds beinhaltet, über den Leistungen des Sozialstaates sowie Pensionen finanziert werden.
Andere Staatsfonds haben primär die Aufgabe, kapitalgedeckt Renten und Pensionen abzusichern: etwa der Australian Government Future Fund. Sie werden durch Steuergelder finanziert. Der chinesische Staatsfonds China Investment Corporation wurde wiederum 2007 gegründet, um einen Teil der Währungsreserven gewinnbringend anzulegen: damals mit einem Kapital von 200 Milliarden Dollar gestartet, das mittlerweile auf rund 1,046 Billionen Dollar angewachsen ist. Wiederholt wurde Kritik laut, der chinesische Fonds kauft sich auch deshalb in westliche Firmen ein, um sich Zugang zu Innovationen zu verschaffen und den Einfluss Chinas auszubauen.
Norwegischer Staatsfonds ist der größte
Der größte Staatsfonds ist aktuell der Government Pension Fund in Norwegen: er verwaltet laut swfinstitute.org 1,364 Billionen US-Dollar (rund 1,16 Billionen Euro). Und wird von vielen Experten als positives Beispiel hervorgehoben, dass ein solches Konstrukt funktionieren kann. Im ersten Halbjahr 2021 erwirtschaftete er eine Rendite von 9,4 Prozent, was ein Plus von rund 95 Milliarden Euro bedeutet. Bereits im Coronajahr 2020 konnte er bereits deutlich zulegen und wies am Jahresende 102 Milliarden Euro Gewinn aus, nachdem man zum Halbjahr noch 18 Milliarden Euro Verlust vermeldet hatte.
Das norwegische Modell zeigt auch die Chancen auf: zum einen kann ein solcher Fonds kapitalmarktorientierter anlegen als zum Beispiel die Anbieter von Riester-Renten, die stärker an festverzinsliche Papiere gebunden sind. 72,8 Prozent des Staatsfonds sind nach eigenen Angaben in Aktien investiert, 24,7 Prozent in Anleihen und 2,5 Prozent in Immobilien. Entsprechend viel konnte der Fonds 2020 auch dank seines Investments in Firmen wie Amazon, Apple, Google und Microsoft hinzugewinnen, die direkt oder indirekt von der Coronakrise profitiert haben.
Ein weiterer Vorteil: Ein Staatsfonds kann nachhaltigeres Investment unterstützen. Eine Expertengruppe hat jüngst im Auftrag des norwegischen Finanzministeriums eine Studie ausgearbeitet, wie der Staatsfonds mit seiner Investoren-Power ein nachhaltigeres Wirtschaften bewirken kann. Die Gruppe rät dazu, Firmen, in die der Fonds investiert ist, einem Klima-Stresstest zu unterziehen: und darauf zu drängen, dass diese Unternehmen nachhaltiger werden. Wenn sie die Kriterien nicht erfüllen und keine Gesprächsbereitschaft zeigen, soll der Ausschluss aus dem Fonds drohen. Schon heute allerdings berücksichtigt der norwegische Fonds ESG-Kriterien: Kriterien der Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). In bestimmte Unternehmen darf nicht investiert werden. Ein Ethikrat legt Investitionsziele fest.
Laut Sovereign Wealth Fund Institut (SWFI) verfügen allein die Top-100-Staatsfonds derzeit über ein Anlagevermögen von 8,93 Billionen US-Dollar bzw. 7,59 Billionen Euro.