Reformen des Krankenversicherungs-Systems aber sind dringend nötig. Das zeigte zuletzt unter anderem eine IGES-Studie im Auftrag der DAK. Demnach steht die gesetzliche Krankenversicherung vor einer Finanzierungskrise: Ausgaben steigen stärker als die Summe aus Beitragseinnahmen plus Bundeszuschüssen. Schon in 2022 droht demnach der GKV ein Defizit in Höhe von 15,6 Milliarden Euro.
Zwar mildern Bundeszuschüsse in Höhe von sieben Milliarden Euro das negative Saldo auf 8,6 Milliarden Euro ab (Versicherungsbote berichtete). Bis 2025 könnte allerdings ein Rekord-Defizit in Höhe von 27,3 Milliarden Euro entstehen – das größte Defizit in der Geschichte der GKV.
Historischer Beitragssprung droht
Historisch wäre unter diesen Bedingungen auch der Beitragssprung: Der rechnerische Zusatzbeitragssatz würde bis 2025 um 1,74 Prozentpunkte ansteigen von derzeit 1,13 auf 2,87 Prozent. Er wäre dann mehr als doppelt so hoch. Aus diesem Grund fordert DAK-Chef Andreas Storm von der zukünftigen Bundesregierung eine genauere Definition versicherungsfremder Leistungen im Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V). Bei dieser Forderung stimmt er mit dem Bundesrechnungshof überein.
Denn aus Sicht der Kassen werden zu viele systemfremde Leistungen über das Umlagesystem der GKV finanziert – die Mitversicherung von Kindern zum Beispiel. Auch sind Bundesgelder als Zuschuss für Hartz-IV-Bezieher zu gering und würden die Aufwendungen nicht decken. Um die GKV zu schützen, müssten folglich in Zukunft mehr Kosten durch Steuerzuschüsse statt aus Beiträgen geschultert werden.
PKV: Eine „Beamtenversicherung“?
Aber keineswegs kämpft nur die GKV um Steuergelder. Denn als „Beamtenversicherung“ kostet auch die PKV dem Steuerzahler enorme Summen: 94 Prozent der Beamten in Deutschland sind privat versichert. Über die sogenannte Beihilfe übernehmen Staat und Bundesländer bei privatversicherten Beamten die Hälfte der Arzt- oder Krankenhauskosten, bei Pensionären sind es sogar 70 Prozent – je nach Familiensituation sowie Bundes- und Landesrecht. Ausgaben für diese Beihilfen steigen aber laut Studie aus dem Hause Bertelsmann bis 2030 auf über 20,2 Milliarden Euro.
Bürgerversicherung hilft kurzzeitig
Kann eine Bürgerversicherung aber wirklich aus der Krise helfen? Aus Sicht des arbeitgeberfinanzierten Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) entlastet sie nur kurzzeitig von drohenden Beitragssteigerungen in der GKV. So steigt der Beitragssatz zwar die nächsten Jahre bis 2025 nicht sprunghaft an – vor dem Szenario der DAK-Studie wären die Versicherten gefeit. Jedoch hält der Effekt keineswegs für die Dauer: Bereits nach rund sechs Jahren wäre der Beitragssatz wieder auf Ausgangsniveau. Die Chance einer Reform läge zunächst nur in einem Zeitgewinn (Versicherungsbote berichtete).
Optimistischer freilich bewertet die einflussreiche Bertelsmann-Stiftung die Einführung einer Bürgerversicherung: Im besten Falle könnten GKV-Versicherte und Arbeitgeber zusammen pro Jahr durchschnittlich 145 Euro an Beiträgen einsparen (Versicherungsbote berichtete). Natürlich ist auch diese Position bekannt: Bertelsmann wirbt seit Jahren ungewohnt offensiv für einen Zehn-Punkte-Plan, um GKV und PKV zusammenzuführen (Versicherungsbote berichtete). Nun zeigt sich anhand der infratest dimap-Umfrage: Die Forderung nach einer Bürgerversicherung ist auch im Sinne vieler Wähler von CDU und FDP.