Versicherungsbote: Die deutsche Bevölkerung gilt als vergleichsweise kapitalmarktscheu und sicherheitsorientiert in der Altersvorsorge. Trotz steigendem Trend hat nur etwa jeder Sechste (17,5 Prozent) ab 14 Jahren in Aktien, Aktienfonds und ETFs investiert: deutlich weniger als in anderen Industriestaaten. Würden Sie eine breitere Aktionärskultur in Deutschland begrüßen? Was müsste angestoßen werden, um die Deutschen zu Aktionären zu machen?
Ralf Kapschack: Das müsste man jetzt einen Soziologen fragen, wo Anlagekultur und Sicherheitsbedürfnisse herrühren. Ich finde es jedenfalls nicht nötig, dass wir ein Volk der Aktionäre werden. Dass die von Ihnen zitierte Statistik schon Jugendliche ab 14 Jahren einbezieht, finde ich sogar bedenklich. Letztendlich soll jeder gerne so zusätzlich vorsorgen, wie er will.
Mir scheint, fast alle Parteien sind der Idee eines Staatsfonds gegenüber nicht abgeneigt, etwa nach dem Vorbild Schwedens und Norwegens. So soll das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente durch einen Kapitalstock ergänzt werden. Würden Sie für Ihre Partei einen solchen Staatsfonds begrüßen? Wenn ja: Wer soll ihn verwalten - und wie soll er organisiert sein, damit Bürgerinnen und Bürger ihn akzeptieren?
Von den Schweden können wir in der Tat lernen. Zum Beispiel liegt der Arbeitgeberanteil an der Rentenversicherung bei 60 Prozent. Aber auch der Staatsfonds ist interessant – wenngleich das deutsche Volumen ein Vielfaches des schwedischen ausmachen würde, wenn man das eins zu eins überträgt. Denkbar ist für uns, dass die von mir oben erwähnten freiwilligen Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung in einem solchen Fonds gebündelt werden. Das Ganze könnte unter dem Dach der Rentenversicherung organisiert werden. Das würde auch Vertrauen und Akzeptanz schaffen.
Unsere Leser sind mehrheitlich Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler. Laut GfK-Umfrage hat kein anderer Berufsstand ein derart schlechtes Image. Anders sieht es aus, wenn Kundinnen und Kunden zur Zufriedenheit mit ihrem persönlichen Vermittler befragt werden: fast zwei Drittel bewerten ihn laut YouGov-Umfrage mit „sehr gut“ oder gar „ausgezeichnet“. Gegenüber uns wird oft beklagt, dass der Berufsstand zum Sündenbock für Fehlentwicklungen gemacht wird: über Skandale wird berichtet, doch wenn das Gros gute Arbeit macht, ist das keine Schlagzeile wert. Wie positioniert sich Ihre Partei zur Vermittlerschaft? Gibt es Ziele, die direkte Auswirkungen auf den Berufsstand hätten?
Dann geht es Ihnen ja fast so wie uns Politikern. Ehrlich gesagt sehe ich nicht, wie der Gesetzgeber das Image einer Branche verbessern kann. Klar ist, schwarze Schafe werden oft als abschreckendes Beispiel herangezogen. Deshalb ist in erster Linie die Branche selber gefordert, durch strenge Verhaltensregeln für eine bessere Außendarstellung zu sorgen.
Würden Sie ein Provisionsverbot in der Lebensversicherung und kapitalbildenden Altersvorsorge befürworten? Bitte begründen Sie die Positionierung.
Wir haben uns in dieser Legislaturperiode für einen Provisionsdeckel eingesetzt, aber unser Koalitionspartner wollte das nicht mittragen. Dabei hätte ein Deckel sicherlich auch zum Vertrauen in die Branche beigetragen, denn der Kunde muss sich nicht fragen, ob ihm zum Beispiel eine Lebensversicherung empfohlen wird, weil der Berater gut daran verdient. Im Sinne der Transparenz wäre das sicherlich für Verbraucher, Anbieter und Vermittler gut gewesen.
Die Fragen stellte Mirko Wenig