Allianz-Chef Oliver Bäte hält es für falsch, dass die Gemeinschaft zahlt, wenn Einzelne sich nicht impfen lassen. Einen Angriff auf den Solidargedanken will er aber darin nicht erkennen, sagte er in einem Interview mit dem Handelsblatt. Die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.
Früher oder später müsse die Versicherungswirtschaft darüber nachdenken, Tarife nach Impfstatus zu unterscheiden, sagte Norbert Rollinger, Chef der R+V-Versicherung, in dieser Woche. Nun legt sein Kollege vom Allianz-Konzern nach. In einem Interview mit dem Handelsblatt sagte Oliver Bäte, er halte es für falsch, dass die Gemeinschaft zahlt, wenn sich Einzelne nicht impfen lassen. „Wir müssen weg von dem Prinzip, dass die Gemeinschaft zahlt, wenn sich Einzelne falsch ernähren oder riskante Sportarten treiben“, stellte der Top-Manager heraus.
Einen Angriff auf den Solidargedanken wollte Bäte darin allerdings erkennen. Stattdessen verwies er auf die Schweiz, wo Selbstbehalte greifen, wenn Vorsorgeuntersuchungen nicht durchgeführt werden. Oder eben dann, wenn sich jemand gegen eine Covid-Impfung entscheidet. „Über solche Instrumente müssen wir als alternde Gesellschaft diskutieren, sonst kollabiert das System“, warnt Bäte im Interview.
Den befürchteten System-Kollaps beschreibt Bäte so: Trotz sehr niedriger Arbeitslosigkeit steigen die Sozialausgaben auf Rekordhöhe. „Wir laufen hier auf ein riesiges Finanzierungsproblem zu“, so Bäte, der gar das „Geschäftsmodell Deutschlands“ gefährdet sieht. „Die deutsche Volkswirtschaft hängt an einer starken Industrie. Wenn wir beim Energieumbau Fehler machen, ist eine Wirtschaftskrise unausweichlich, weil der Kern unserer Wirtschaft in Schwierigkeiten gerät.“ Die Politik müsse ehrlich sagen, dass Klimaschutz mit deutlich höheren Kosten bei Mobilität, Energie und teilweise auch Lebensmitteln verbunden sei, forderte Bäte.
Bundeszuschuss: Milliardeninfusion wird jedes Jahr größer
Die für einen grünen Umbau der Wirtschaft notwendigen Subventionen würden an anderer Stelle fehlen und auch das Steueraufkommen würde zurückgehen, so der Top-Manager. Die Debatte darüber vermisste er im Wahlkampf ebenso wie eine Diskussion über eine Renten-Reform. Dass der Umbau des Rentensystems notwendig ist, belegte Bäte mit Verweisen auf den enormen jährlichen Bundeszuschuss zur Rentenkasse, der auf 100 Milliarden Euro zusteuert. „Diese Milliardeninfusion wird jedes Jahr größer, und sie fördert damit zwar den Konsum, aber nicht die Nachhaltigkeit und Modernisierung unserer Volkswirtschaft. Ähnlich ist es bei den versicherungsfremden Leistungen der Krankenkassen, die auch in den Bundeshaushalt integriert wurden. Hinzu kommen die Pensionen für Beamte, deren Wert auch explodiert ist“, skizzierte Bäte die Probleme der Rentenkasse.
Doch Probleme hat nicht nur die Rentenkasse, sondern auch der Allianz-Konzern selbst. Aktuelles Beispiel: Die Auseinandersetzungen um das US-Geschäft im Fall ‚Structured Alpha‘. Weil die Verfahren laufen, wollte sich Bäte nicht weiter dazu äußern. Inwieweit ‚Structured Alpha‘ die personelle Zusammensetzung des Allianz-Vorstands verändert, wird sich erst nach der Aufsichtsrats-Sitzung nächste Woche klären.
Rückstellungen will Allianz aber erst bilden, wenn sich die „konkreten finanziellen Auswirkungen, einschließlich möglicher Strafzahlungen, zuverlässig abschätzen“ lassen.