Wer sich auf das Investment-Geschäft einlässt, muss vor allem Bereitschaft zur Weiterbildung mitbringen, ist sich Finanzanlagen-Vermittler Carsten Walendy sicher. Wie das Corona-Jahr bei ihm lief und warum seine Kunden von ihm Geld bekommen, schildert er im Interview.
Versicherungsbote: Die Märkte sind volatil, die Zinsen niedrig, Sparten wie Riester oder die Lebensversicherung sehen sich einem Dauerfeuer durch die Medien ausgesetzt. Provokativ gefragt: Sind das eigentlich gute oder schlechte Zeiten für Finanzberater und Anlagestrategen, wenn die Kunden verunsichert sind?
Wird es künftig verstärkt darum gehen, Verbraucher für die Geldanlage zu gewinnen, die ob dieser Situation verunsichert sind oder gar Vorbehalte haben?
Davon bin ich überzeugt. Schon allein, um einer schleichenden Enteignung durch steigende Inflation oder Repressal-Maßnahmen vorzubeugen. Ich sehe aber weniger generelle Vorbehalte seitens der Verbraucher als vielmehr eine Unsicherheit darüber, was am besten zu tun ist und wie ich als Kunde trotzdem flexibel bleibe. Hier ist unsere Branche und insbesondere die Vermittlerschaft gefordert, aktiv diese Themen beim Kunden anzusprechen und nachhaltig für echten Vermögensaufbau in Form von Aktieninvestments zu sorgen. Es kann nicht sein, dass unsere Politik die ohnehin in unserer Gesellschaft unterentwickelte Aktienkultur stiefmütterlich behandelt und dass finanzielle Bildung und Kenntnisse nicht nur der Kunden häufig grottenschlecht sind.
Viele Vermittler scheuen das Thema Investment und konzentrieren sich auf die Versicherungsvermittlung. Warum sollten sich Vermittler Ihrer Meinung nach mit dem Thema Geldanlage beschäftigen und auch als Finanzberater tätig werden?
Geld-Fragen sind ein sensibles Thema. Ein altes Sprichwort lautet nicht umsonst: „Bei Geld hört die Freundschaft auf.“ Viele Vermittler haben zwar einen 34f, werden aber vom Kunden als kompetenter Ansprechpartner nicht wahrgenommen. Die Problematik liegt häufig darin, dass viele mit der Versicherungsvermittlung und -betreuung zeitlich ausgelastet sind, sich dieses Geschäft mangels Erfahrung nicht zutrauen, Sorge vor möglichen Haftungsansprüchen haben oder das Fondsgeschäft für nicht lukrativ halten.
Gerade aber in diesen Zeiten können wir dem Kunden Alternativen im Bereich der Geldanlagen aufzeigen – ob mittel- oder langfristig.
Investmentgeschäft betreibt man nicht halbherzig nebenbei
In der Vergangenheit wurden viele Vermittler belächelt, die sich mühselig einen Sachbestand aufgebaut haben und nicht (nur) den Fokus auf das Neugeschäft im Bereich Leben gelegt haben. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Ist der Vertrieb von Fondsprodukten die neue Chance auf eine große Bestandssumme und damit auf regelmäßige Einkünfte?
Als gestandener Makler mit früherem Schwerpunkt Versicherungsvermittlung halte ich es immer gern mit folgendem Spruch: „Sach ist das Salz in der Suppe, Biometrie das Fleisch auf dem Teller und Investment der krönende Abschluss eines perfekten Essens!“ Mittlerweile liegt mein Focus schwerpunktmäßig auf dem Investmentgeschäft. Und ich generiere mittlerweile in diesem Bereich meine Haupteinnahmen.
Ein aus meiner Sicht zukunftsfähiges Modell für viele Finanzanlagenvermittler stellen Service-Entgelte dar. Ich setzte das ebenfalls ein. Und das Prinzip ist relativ simpel. Es funktioniert, verkürzt dargestellt, folgendermaßen:
Statt wie bisher ausschließlich auf AP und BC zu setzen, vereinbare ich mit dem Kunden ein Serviceentgelt in Höhe von einem Prozent netto. Im Gegenzug erhält der Kunde alle Sparpläne und den Kauf oder Tausch von Fondsanteilen maximal rabattiert. Und darüber hinaus wird dem Kunden der Vermittleranteil an der Managementfee der Fonds auf das Kundenkonto erstattet.
Es kann sich jeder selbst ausrechnen, ab welchem Zeitpunkt dieses Modell dem klassischen Provisionsmodell überlegen ist und ich laufende Einnahmen in lukrativen Größenordnungen generiere.
Dieses Modell hat einen weiteren Charme. Wo bekommt der Kunde von seinem Vermittler dafür Geld, dass er dessen Kunde ist? Im Gegenzug muss der Vermittler sich mehr ins Zeug legen, um durch steigende Depotwerte dauerhaft höhere Einnahmen zu erzielen!
Wie können Vermittler einen großen Investmentbestand aufbauen und welche monatlichen Einnahmen sind möglich?
Als erstes muss sich der Vermittler im klaren sein, ob er diesen Weg hin zum 34 f-Spezialisten nachhaltig gehen und sich fundierte Kenntnisse aneignen möchte. Unterstützung bekommt er insbesondere durch die KAGen oder Pools, die professionelle Schulungen und Onlineseminare durchführen. Die Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung gehört dazu. Investmentgeschäft betreibt man nicht halbherzig nebenbei!
Um Investmentprodukte zu vermitteln, muss mein Kunde mich als professionellen Akteur auf diesem Gebiet wahrnehmen. Es ist beispielsweise elementar wichtig, dass ich bei der kompletten Datenaufnahme des zukünftigen - aber auch bestehenden - Mandanten die Vermögensverhältnisse mit abfrage. Viele werden dann überrascht sein, wieviel Geld manch einer auf anderen Konten, „Spareinlagen“ oder häufig selbst gebastelten Depots hat. Da sollte man sich und den Kunden schon mal fragen, warum einem dieses Geld bisher nicht in der Betreuung anvertraut wurde!
ETFs sind kein risikoloses Allheilmittel
Hier wird der Grundstein für Investmentgeschäft gelegt. Und aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass insbesondere Neumandate sich einen direkten Ansprechpartner – sprich „Kümmerer“ – wünschen! Oft wurde irgendwann, irgendwo, irgendwas gemacht, aber niemand kümmert sich richtig.
In Zeiten, wo die Börsen nur den Weg nach oben kennen, mag das alles ohne weiteres Zutun funktionieren. Es kommen aber auch mal wieder stürmische Zeiten an den Kapitalmärkten und ich muss als verantwortlicher Kapitän in der Lage sein, die mir anvertrauten Kundendepots auch in turbulenten Zeiten sicher zu manövrieren. Zuletzt geschehen in 2020 beim Corona-Crash. Trotzdem war 2020 für uns das erfolgreichste Geschäftsjahr, weil wir unsere Strategie konsequent umgesetzt haben.
Darüberhinaus gibt es Basics, die selbstverständlich sein müssen. Dazu gehören zum Beispiel Depoteinsicht, Kunden-APP, Zusendung von Vermögensübersichten und insbesondere ein regelmäßiges Depotgespräch. Das kann man zum Beispiel jährlich angehen oder auch volumenabhängig gestalten. Wichtig ist auch die laufende Risikoklassenüberwachung. Hierfür gibt es am Markt bei den Pools oder KAGen ausgefeilte Software und raffinierte Tools, die bei routiniertem Einsatz unerlässliche Hilfsmittel sind und diese vermeintlich trockene Materie zum ultimativen Tagesgeschäft werden lassen.
Kann und will ich diese Voraussetzungen erfüllen, so entwickeln sich langfristige, für beide Seiten von Erfolg und Kontinuität geprägte Geschäftsbeziehungen.
ETFs, also Indexfonds, sind in aller Munde. Vor allem Verbraucherschützer empfehlen diese immer wieder. Wie ist Ihre Meinung dazu? Sollten Anleger aktiv gemanagte Fonds bevorzugen?
Beim Thema Verbraucherschützer und ETFs bin ich gespaltener Meinung. So sinnvoll der Verbraucherschutz bei der Abwehr und Vermeidung von Fehlentscheidungen für den Verbraucher auch ist, so werden doch häufig pauschale Empfehlungen mit zum Teil haarsträubenden Begründungen gegeben.
ETFs haben sich mittlerweile hierzulande etabliert und stellen eine kostengünstige Alternative zu Fonds dar. Sie sind aber kein risikoloses Allheilmittel, wie von Verbraucherschützern oder einigen Marktakteuren gern gepriesen. Viele Selbstentscheider kaufen rein aus Kostengründen ETFs und schauen dabei nur auf die Vergangenheitsrenditen. Das ist wie Autofahren mit Blick in den Rückspiegel und ausgeschaltetem Airbag. Dabei unterliegen auch ETFs Risiken und sind oft aufgrund ihrer Struktur und Zusammensetzung nur bedingt für den serviceorientierten Anleger geeignet. Qualität, Know-how und Service haben nun mal auch ihren Preis!
Ich selbst bevorzuge aktive Fonds, da es hier durchaus viele Akteure gibt, die es schaffen, ihre Benchmark nachhaltig outzuperformen – und das, ohne extreme Risiken einzugehen. Wichtiger noch sind eine klare Strategie und deren konsequente Umsetzung im Kundendepot. Am Ende muss jeder für sich entscheiden, wo er sich am besten aufgehoben fühlt!
Hinweis: Der Text erschien zuerst im Sonderheft Altersvorsorge.